Miles & More Kreditkarte: Das sind die Gewinner & Verlierer des überraschenden Deals


Lufthansa, MasterCard und Deutsche Bank überraschten gestern mit der Ankündigung, dass die Miles & More Kreditkarte ab Mitte 2025 nicht mehr von der bestehenden Partnerbank DKB ausgegeben wird, sondern künftig von der Deutschen Bank. 

Die Lufthansa Kreditkarte ist das prestigeträchtigste Co-Brand Kreditkartenprogramm in Deutschland. Sie hat mit großem Abstand den größten Umsatz pro Karte und Jahr, verglichen mit jedem anderen deutschen Kartenportfolio. Für den Karteneinsatz verdienen deren Inhaber zusätzliche Meilen im Lufthansa-Kundenbindungsprogramm. Viel fliegende Statuskunden der Airline (Senatoren und Hons) mit entsprechend sehr hohen Ausgaben im Travel & Entertainment-Bereich erhalten die Karten sogar kostenfrei, also ohne Jahresgebühr. Alleine wegen dieses exklusiven Kundenbereichs umweht das kleine Stückchen Plastik ein besonderes Image.

Die Historie der Miles & More Karte

Das 1993 eingeführte Lufthansa Miles & More Kundenbindungsprogramm wurde sehr früh mit der optionalen Kreditkartenfunktion ergänzt. Ursprünglich eine von der Bayerischen Landesbank herausgegebenen VISA-Karte, wuchs das Portfolio schnell zu einem der wichtigsten Wachstumstreiber von VISA Deutschland. Antragsteller der Karte erhielten zur Begrüßung Meilen im Wert eines kostenfreien innereuropäischen Flugs sowie Meilen auf jeden Karteneinsatz. Dazu kommt ein passendes, umfangreiches und attraktives Versicherungspaket zur Abdeckung von Reiserisiken wie Mietwagenschäden, Reiseversicherungen etc. Ein signifikanter Mehrwert für die Bonuskunden der Airline mit dem Kranich gegenüber einer gemeinen Kreditkarte der Hausbank, die keine solchen Goodies bietet.

Mitte der 2000er-Jahre überraschte Lufthansa die Payment-Branche mit der Ankündigung des bis dato größten “Flips” eines Scheme-Partners in Deutschland. Alle Karten wurden von VISA auf MasterCard gewechselt und neu ausgestellt. Gerüchteweise repräsentierte das Portfolio damals knapp 25 % des kompletten Paymentvolumens des deutschen VISA-Geschäfts.

Auch die kartenausgebende Bank wechselte in diesem Schritt. Von BayernCard Services, einer Tochter der Bayerischen Landesbank, ging das Portfolio zusammen mit weiteren, kleineren Co-Brand-Portfolien (z.B. Porsche-Card, Hilton-Card) an die andere Tochter der süddeutschen Landesbank: Die Berliner DKB Bank gab die Karten aus.

Frühe Integration von Innovationen

Die Miles & More Kreditkarte war damals auch das erste Portfolio, welches mit der Innovation NFC (damals vermarktet als “Paypass”) ausgestattet wurde. Kontaktlos bezahlen funktionierte aber mangels noch flächendeckender NFC-Terminals in Deutschland noch sehr begrenzt. Die einzige Ausnahme machte ein Brezelbuden-Betreiber an den Gates im Frankfurter Flughafen. Hier konnte vermutlich einen Sonderumsatz festgestellt werden, weil Karteninhaber die neue Funktion beim Warten auf das Boarding gut testen konnten.

Mit der neuen Strategie der Lufthansa-Gruppe ab 2012 ihre Airline Germanwings, später Eurowings, insbesondere bei nationalen und europäischen Verbindungen primär einzusetzen, wurde die Miles&More Kreditkarte durch entsprechende getrennte Programme von Germanwings/Eurowings in Deutschland ergänzt. Hier entschied sich die Fluglinie nicht für die DKB, sondern bereits damals schon für Barclays/Barclaycard als weiteren Bankpartner. Ein erstes Signal? 

Co-Branding in Zeiten des Umbruchs

Der Wechsel des Miles & More Portfolios zur Deutschen Bank kommt in einer Zeit der Umbrüche für das Geschäftsmodell Co-Branding. Die Commerzbank stellte die Co-Brandprogramme der Deutschen Bahn und eBay/PayPal ein. Die Landesbank Berlin schließt ihr Co-Branding Geschäftsfeld sogar ganz. In Folge wird ihr Vorzeigeprogramm, die ADAC-Karte, zur Solarisbank migriert. Die Zukunft der Amazonkarte ist weiter komplett offen. 

Der generelle Umbruch der Industrie ist im Wesentlichen aus den Folgen der europäischen Interchange-Regulierung zu erklären. Seit 2015 ist die Höhe der Interchange bei Kreditkarten in Europa gedeckelt. In den meisten Fällen erzielen die kartenausgebenden Banken nur noch 0.3 % Erlöse des Kartenumsatzes. Vormals lag der Erlös der Bank kanalabhängig (ecommerce, stationär) zwischen 1,2 % und 1,9 %. Meilen, Bonuspunkte oder Cash-Backs der Co-Brand Kreditkarten wurden traditionell vollständig aus den Interchange-Erlösen der Banken finanziert.

Mit dem Einbruch dieser Erlösquelle begann der Umbruch, da solche Kartenportfolien für die ausgebenden Banken plötzlich deutlich weniger oder gar mehr nicht profitabel waren. Der Preis des Kauf der Loyalty-Punkte durch den Bankpartner war plötzlich höher als der Interchange-Ertrag.

Gewinner & Verlierer des Miles & More Deals:

Die Gewinner:

Offensichtlicher Gewinner des Deals ist die Deutsche Bank. Sie betont damit einmal mehr ihre Intention, wieder stärker ins Geschäft mit dem transaktionalen Zahlungsverkehr zurückzukehren, aus dem sie sich jahrelang komplett verabschiedet hatte. Auch im Co-Branding war die Deutsche Bank schon aktiv, etwa mit der Yahoo!-Kreditkarte, lange bevor zwei Stanford-Doktoranden die damals marktführende Suchmaschine Yahoo marginalisierten und Google zum Gattungsbegriff für Internetsuche machten. Das erste Projekt des „Wiedereinstieg“ ins Co-Branding Geschäft der blauen Bank aus Frankfurt war die Karte des lokalen Fußballclubs Eintracht Frankfurt vor zwei Jahren.

Die Lufthansa Vielflieger passen ausgezeichnet in die Zielgruppe der neuen Partnerbank. Ebenfalls freuen kann sich MasterCard, denn das Portfolio bleibt bestehen und die langjährige Kooperation wird verlängert.

Die Verlierer:

Allerdings gibt es eine Reihe von durchaus namhaften Verlierern aus dem Deal, allen voran die DKB. Anders als die Landesbank Berlin und Commerzbank schien die DKB weiter stark am Co-Branding Geschäft interessiert zu sein. Erst vor wenigen Monaten gab es einen aufwendigen Relaunch der Porsche-Karte durch die DKB.

Lufthansa scheint einen neuen Bankpartner gesucht zu haben und überlässt dem Markt die Spekulation über Gründe. Sie hat erst kürzlich ihre sehr ambitionierten Wachstumsziele für Neukunden kassiert. Ob und wie sich das verbliebene Geschäftsfeld Karten Co-Branding bei der DKB nach 2025 noch lohnt, wird sich zeigen.

VISA hat 2006 schon gegen MasterCard das Lufthansaprogramm verloren und musste 2008 mit dem operativen Wechsel zurechtkommen. Mit der Lufthansa Entscheidung für MasterCard und Deutsche Bank ab 2025 scheint das Fenster für VISA vermutlich bis auf Weiteres verschlossen, Deutschlands umsatzstärkstes Portfolio zurückzugewinnen.

Entscheidung gegen Branchenprimus

American Express ist in vielen Ländern global mit Abstand der größte Herausgeber von Airline Co-Brand-Kartenprogrammen. Hinzu kommt, dass es für Amex die Interchange-Begrenzung nicht gibt und somit eigentlich der ideale Partner für Lufthansa gewesen wäre. Kooperationen mit Lufthansa gibt es ja schon. Die Amex-Premiumkunden (Platinum und Centurion-Karte) erhalten kostenfreien Zugang zu den Lufthansa Vielflieger-Lounges, auch wenn sie keinen Vielfliegerstatus haben, der sonst Voraussetzung für den Zugang ist.

Die schlechtere globale Akzeptanz von Amex gegenüber MasterCard und VISA ist insbesondere bei der Zielgruppe von Vielfliegern nicht gegeben und nicht relevant. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Amex ist durch ihre direkten Kooperationen mit Airlines, Hotels und Restaurants im Vielflieger-Bereich eindeutig besser positioniert als MasterCard und VISA.

Miles&More Deal trifft die Dienstleister besonders hart

Am dramatischsten wird die Entscheidung voraussichtlich für einige, eher unbekanntere Hintergrunddienstleister der DKB ausfallen, namentlich die BayernCard Services und der Call-Center Dienstleister Communigate. Wesentliche Teile deren Umsätze hängen an dem Miles & More Portfolio. Vermutlich wird hier die Konsolidierung im Payment-Bereich der Sparkassen Finanzgruppe neuen Schwung bekommen, da mit der PlusCard ein weiterer, größerer Dienstleister in der Sparkassen Finanzgruppe existiert, der ähnliches operatives Geschäft wie die verbliebene BayernCard Services und Communigate macht.

Auch Fiserv (ehemals First Data und vormals GZS-Gesellschaft für Zahlungssysteme), die das technische Processing des Miles&More Portfolio zusammen mit den Kreditkarten der Bayerischen Sparkassen verarbeiten, könnte betroffen sein, wenn signifikante Volumen der deutschen Niederlassung wegbrechen. Vermutlich wird auch hier PlusCard als technischer Processing-Dienstleister der Sparkassen Finanzgruppe seine zusätzlichen Chancen wittern.

Fazit:

Der 2025er-Wechsel des prestigeträchtigsten deutschen Kreditkartenportfolios auf einen neuen Bankpartner hinterlässt nicht nur bei den betroffenen Bankpartnern Spuren, sondern auch im dahinter liegenden Ökosystem von Dienstleistern. Es muss sich erst zeigen, ob die Migration von der DKB zur Deutschen Bank ähnlich geräuschlos vonstattengeht, wie 2008 von VISA zu MasterCard und unter den Töchtern der Bayerischen Landesbank.

 
 

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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