Gastbeitrag von Roy Prayikulam von Inform aus Aachen
Die Europäische Finanzaufsicht schätzt, dass Transaktionen mit „schmutzigem“ Geld inzwischen etwa 1,5 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts in der EU ausmachen – das sind 133 Milliarden Euro. Die Europäische Union will deswegen ab Herbst dieses Jahres mit einer neuen Richtlinie die schmutzigen Multi-Milliarden-Deals so weit wie möglich blockieren. Hier muss Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen.
Dass es immer wieder harte Strafen und Skandale in diesem Bereich gibt, zeigt ein Urteil in einem Fall aus dem Frühjahr 2021. Die betroffene Bank musste dabei schlussendlich eine Strafe wegen Verstößen gegen Geldwäsche-Gesetze in Höhe von rund 500 Millionen Euro zahlen. Dabei sollen verdächtige Transaktionen nicht an die zuständigen Behörden gemeldet und Konten, die an Geldwäsche beteiligt waren, nicht gemeldet worden sein.
Ohne Künstliche Intelligenz bleibt Fehlerquelle hoch
Um die neuen Richtlinien einhalten zu können und um neue Skandale zu verhindern, werden Finanzinstitute massiv auf Methoden der künstlichen Intelligenz und des Machine Learning (ML) angewiesen sein. „Die Regeln, die wir zur Verhinderung von Geldwäsche haben, gehören zu den strengsten der Welt““, sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis im Wallstreet Journal, „aber sie müssen jetzt auch systematisch angewendet werden“. Der Weg, diese Regeln zu überwachen, führt fast zwingend zu einem ganzheitlichen Software-Modell, bei dem Daten aus unterschiedlichsten Kanälen und Quellen in die Bewertung einbezogen werden – sowohl in wissens- als auch datenbasierten Verfahren.
Ohne den konsequenten Einsatz von KI und Machine Learning bleibt die hohe Zahl an „Fehlalarmen“ ein Kernproblem bei der Überwachung der regulatorischen Watchlists. Lösungen wie RiskShield erlauben es ein Echtzeitscreening von Transaktionen, Kontoinhabern und Empfängern durchzuführen. Dabei werden Algorithmen der Künstlichen Intelligenz eingesetzt, die die „false positive“ Quote deutlich verringern.
Wachsende Datenberge machen das Erkennen von Geldwäsche zur Herkulesaufgabe
Geldwäsche durch kriminelle Organisationen und Terror-Gruppen wird für die Finanzwelt und die Volkswirtschaften immer mehr zur Bedrohung. In den USA mussten Banken im vergangenen Jahr wegen Verstößen gegen die Geldwäsche-Gesetze knapp über 14 Milliarden Dollar Bußgelder zahlen. Damit haben sich die Strafen innerhalb eines Jahres fast verdoppelt (2019: 8 Mrd. Dollar). Seit diesem Monat gibt es laut der internationalen Vereinigung der Spezialisten für Wirtschaftskriminalität (ACFCS) noch eine weitere Gefahr, denn ein starkes Ansteigen der illegalen Finanzströme aus und nach Afghanistan könne die Finanzierung von Terroranschlägen möglich machen.
Gleichzeitig nimmt die Menge an zu analysierenden Daten im Finanzbereich seit Jahren zu und damit auch der Aufwand, verdächtige Transaktionen herauszufiltern. Thomson Reuters schreibt in dem Report „FinTech, RegTech and Compliance“ (8/2021): „Die Menge der verfügbaren Daten hat in letzter Zeit erheblich zugenommen, was es den Firmen oft schwer macht, genaue, relevante Daten rechtzeitig zu analysieren und abzurufen. Die Regulierungsbehörden erwarten aber von den Unternehmen, dass sie den gesamten Handel überwachen und in der Lage sind, jeden Marktmissbrauch zu erkennen und zu melden“. Eine Herkulesaufgabe, denn zu lange haben die Finanzinstitute in Silos gearbeitet, um Verstöße gegen Geldwäsche-Gesetze oder Gesetze gegen Terrorfinanzierung zu erkennen. Es ist Zeit für eine Änderung und für einen ganzheitlichen, unternehmensweiten Ansatz.
„Durch den Einsatz von Lösungen oder Tools, die künstliche Intelligenz unterstützen, wird die Automatisierung noch einen Schritt weiter vorangetrieben, indem maschinelles Lernen eingesetzt wird, um unterschiedliche Datensätze abzugleichen und zusammenzuführen.
Ende der Insel-Lösungen bei Verhinderung von Geldwäsche und Terror-Finanzierung
Mit Insel-Lösungen und entkoppelten Systemen kann den Anforderungen der Gesetze und Richtlinien gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung (AML und CFT) nicht mehr nachgekommen werden. Werkzeuge der künstlichen Intelligenz sind in der Lage, die Ergebnisse aus Customer Due Diligence (CDD)-Programmen, Watchlist-Screening und Suspicious Activity Monitoring zusammenzuführen und zu bewerten. Benoît Cœuré, Head des BIS Innovation Hub (in BIS sind 63 Zentralbanken vertreten) sagt: „Durch den Einsatz von Lösungen oder Tools, die künstliche Intelligenz unterstützen, wird die Automatisierung noch einen Schritt weiter vorangetrieben, indem maschinelles Lernen eingesetzt wird, um unterschiedliche Datensätze abzugleichen und zusammenzuführen.
Dies ist keine Science-Fiction. Diese Technologie ist heute verfügbar. Wenn sie eingesetzt wird, hätten die Aufsichtsteams mehr Zeit für präventive und frühzeitige Aufsichtsmaßnahmen, bevor potenzielle Probleme auftauchen.“ Ohne den Einsatz von künstlicher Intelligenz bleibt oftmals manuelle Nacharbeit erforderlich, wenn ein System eine Transaktion als unbedenklich einstuft, ein anderes denselben Vorgang aber als potenziell verdächtig meldet“.
Investitionen in Software sind erforderlich
Um zukünftig die Überführung von „schmutzigem“ Geld aus kriminellen Aktivitäten in den normalen, „sauberen“ Geldkreislauf möglichst oft zu verhindern, müssen Banken in Lösungen auf Grundlage von künstlicher Intelligenz und Machine Learning investieren. Eine moderne Enterprise Lösung verbindet AML Compliance Softwaretechnologien wie Machine Learning, Fuzzy Logic, Dynamic Profiling und Auswertungen von Netzwerk Visualisierungen miteinander. Solche Enterprise Risk and Financial Crime Management Plattformen wie RiskShield könnten eine gute Lösung sein, um im Kampf gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung einen großen Schritt voranzukommen.
Über den Autor:
Kurzvita Roy Prayikulam INFORM GmbH
Roy Prayikulam ist Leiter des Geschäftsbereiches Risk & Fraud beim international tätigen Optimierungsspezialisten INFORM in Aachen. Nach seinem Studium an der RWTH Aachen begann seine Karriere im Bereich der Bekämpfung von Finanzkriminalität im Jahr 2009 bei INFORM, wo er seitdem verschiedene Rollen innehatte, vom Business Consultant über den Projektmanager bis hin zum Head of Professional Services. Roy Prayikulam verfügt über umfangreiche Erfahrungen in komplexen IT-Integrationsprojekten für den Finanzsektor wie z.B. im Bereich Acquiring, Card Issuing, Internetbanking und AML-Compliance.