Geldwäscheprävention: „Es hakt an allen Ecken und Enden“

Daniel Schmedding, Vorsitzender des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten

Im Juli hat die EU ein neues Paket veröffentlicht. Darin gibt es einen Verordnungsentwurf zur Vereinheitlichung der Geldwäscheprävention und zur Etablierung einer europäischen Aufsichtsbehörde. Dazu kommt ein Verordnungsentwurf zu Krypto-Transfers und eine begleitende weitere Richtlinie. Die EU möchte so einheitliche Standards setzen. Wir sprechen mit Daniel Schmedding, Vorsitzender des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten.

Herr Schmedding, wie würden Sie jemandem auf einer Party erklären, was ein Geldwäschebeauftragter in einem Unternehmen macht?

Das sorgt immer für totale Begeisterung, wenn man erzählt, was man macht. Schon das Thema Compliance ist ja den meisten Leuten erstmal fremd, wenn sie keinen juristischen Hintergrund haben. Deswegen fange ich meistens damit an: Bei Compliance geht es darum, dem Unternehmen dabei zu helfen, Regeln einzuhalten, mit den entsprechenden Gesetzen vertraut zu sein und die nötigen Maßnahmen zu treffen. Bei der Geldwäscheprävention geht es darum, Gelder, die aus einer Straftat stammen, zu entdecken, wenn versucht wird, diese in den Wirtschaftskreislauf einzubringen oder zu transferieren.

Wie arbeiten Sie mit Ermittlungsbehörden zusammen?

Der Geldwäschebeauftragte ist in seiner Funktion Ansprechpartner für die Aufsichts- und auch die Strafverfolgungsbehörden, etwa wenn die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnimmt wegen eines Verdachtsfalls. Das ist aber eher selten der Fall. Häufiger ist, dass der Beauftragte in der Prävention Auffälligkeiten aufdeckt. Dabei achtet er auf bestimmte Verdachtsmomente, die auf ein atypisches Verhalten hindeuten, das ein legal handelnder Staatsbürger nicht zeigen würde. Daraufhin wird er tätig und setzt eine Verdachtsmeldung ab.

Wie hat sich das Themenfeld über die Jahre gewandelt?

Über diverse EU-Richtlinien ist der Kreis der Verpflichteten ständig erweitert worden. Inzwischen sind Glücksspielanbieter einbezogen, Immobilienmakler, Kunsthändler und viele andere. Das ist ein extrem komplexes Feld mit diversen Vorgaben von verschiedenen Institutionen geworden, wie Geldwäschebekämpfung auszusehen hat und was es für typische Fallgestaltungen gibt. Leider sind die Regeln nicht überall einheitlich und klar.

Im Juni hat der Europäische Rechnungshof gerügt, dass die Mitgliedsstaaten nicht genug machen in der Geldwäschebekämpfung. Wo hakt es aus Ihrer Sicht?

Es hakt an allen Ecken und Enden. Das sieht nicht nur der Europäische Rechnungshof so, sondern auch der Bundesrechnungshof, der Ende des Jahres einen sehr deutlichen Bericht vorgelegt hat. Die Kernaussage ist, dass es keine effektive Geldwäscheaufsicht gibt in Europa und in Deutschland. Manche Mitgliedstaaten haben etwa aktuelle Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt. Die EU-Kommission hat die ersten Schritte von Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und Anfragen an die Länder gestellt, wie denn der Stand der Umsetzung ist – auch an Deutschland.

Im Juli hat die EU ein neues Paket veröffentlicht. Darin gibt es einen Verordnungsentwurf zur Vereinheitlichung der Geldwäscheprävention und zur Etablierung einer europäischen Aufsichtsbehörde. Dazu kommt ein Verordnungsentwurf zu Krypto-Transfers und eine begleitende weitere Richtlinie. Die EU möchte so einheitliche Standards setzen. Aus unserer Sicht ist das der erforderliche Weg, weil es viele grenzüberschreitende Transaktionen gibt und professionelle Geldwäscher auch bewusst internationale Transaktionen tätigen. Da müssen Sie als Geldwäschebeauftragter in Deutschland auch mal einen Vertragspartner in Frankreich identifizieren oder den wirtschaftlich Berechtigten einer Gesellschaft im Ausland feststellen.

Stichwort Krypto-Transfer: Was wird da auf Unternehmen zukommen? Die Krypto-Community setzt ja eigentlich auf Anonymität. Wie passt das zu einer effektiven Geldwäschebekämpfung?

Wenn Sie Zahlungen empfangen, als Güterhändler zum Beispiel, wird sich wahrscheinlich nicht viel ändern. Denn wenn Sie ohnehin verpflichtet sind, Ihre Kunden zu identifizieren, müssen Sie das in jedem Fall machen, egal, womit der Kunde zahlt. Hat jemand aber eine Handelsplattform für Kryptowährungen, muss er wohl zukünftig Informationen über Käufer und Verkäufer sammeln und transferieren. Und er muss sicherstellen, dass diese Informationen bei Prüfungen durch Behörden verfügbar sind. Das besagt der Entwurf der deutschen Krypto-Transfer-Verordnung und das hat auch die EU in ihrem Entwurf aufgenommen. Wie das technisch läuft und ob das derzeit überhaupt mit den vorhandenen Technologien machbar ist, ist eine andere Frage, dazu hat etwa der Bitkom eine Stellungnahme veröffentlicht.

Relevant wird das Thema Tokenisierung. Dabei werden beispielsweise Eigentumsverhältnisse an Kunstwerken oder Immobilien heruntergebrochen in kleine Assets und in Form von Krypto-Token an Anleger verkauft. Diese Anleger müssen aber unter Umständen geldwäscherechtlich identifiziert werden. Das ist, glaube ich, ein Feld, was uns als Beauftragte noch viel beschäftigen wird. Und das vermutlich auch viele Fintechs und kleinere Anbieter noch nicht so richtig auf dem Schirm haben.

Was müssen denn Fintechs generell beachten bei der Geldwäscheprävention? Gerade für junge Unternehmen ist das ja ein komplexes Thema.

Wichtig ist, dass sie überhaupt ein Bewusstsein dafür haben, dass sie etwas tun müssen. Bei Geschäftsmodellen im Finanzbereich gilt, dass man die Produkte vor dem Release mit dem Geldwäschebeauftragten abzuklopfen und sicherzustellen hat, dass die Geldwäscheprävention stattfindet. Da müssen sich Fintechs die Kompetenz ins Haus holen und jemanden beauftragen oder sich entsprechend beraten lassen. Sonst passiert, was häufig bei der Compliance der Fall ist: Man will das Produkt schnell launchen und dann fällt einem ein, ach ja, das müssen wir auch noch machen. Das ist oft zu spät. Meine Empfehlung an Fintechs ist: Wenn sie ein Produkt so gestalten, dass sie selbst Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz sind, dann sollten sie das Thema schon im Designprozess angehen.

Der Verband der Geldwäschebeauftragten wurde erst 2020 gegründet. Werden Sie gehört mit Ihren Forderungen?

Wir haben Kontakt zur Politik gesucht und sind relativ leicht ins Gespräch gekommen. Geldwäsche ist nach unserem Eindruck ein Thema, das irgendwo auf der Agenda ist, das jeder auch irgendwie wichtig findet, aber kaum einer so richtig versteht. Aber: In den Wahlprogrammen aller großen Parteien steht etwas zu Geldwäscheprävention, mal mehr, mal weniger. Und das wird bei der Bundestagswahl spannend.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Baustellen?

Zwei Punkte. Das Geldwäschegesetz sieht ausdrücklich vor, dass ein risikobasierter Ansatz verfolgt werden soll, sprich: Man schaut sich an, welches Risiko gegeben ist und trifft entsprechende Maßnahmen. Unser Eindruck ist aber, dass die Aufsichtsbehörden teils sehr strikt sind. Sie gehen bei einem kleinen Unternehmen mit nur einer Handvoll Mitarbeitern und nur wenigen Transaktionen mit unverhältnismäßigen Prüfungskatalogen rein. Da stimmt manchmal die Balance im Vergleich zu großen Unternehmen nicht.

Der zweite Punkt betrifft die Technik. Inzwischen müssen wir Verdachtsmeldungen zwar nicht mehr per Fax bei der Financial Intelligence Unit (FIU) einreichen, aber es gibt immer noch keine digitale Schnittstelle. Meldungen müssen noch manuell, teils mit großen Datenanhängen, über das goAML-Portal der FIU eingereicht werden. Das betrifft auch Banken. Und pro Jahr gehen hunderttausende Meldungen bei der FIU ein, die quasi alle manuell hochgeladen wurden. Das ist ein absurdes System. Wir brauchen mehr digitale Tools, damit die Arbeit für alle einfacher wird.

Zur Person: Daniel Schmedding, 47, ist Vorsitzender des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten. Der Verein besteht seit 2020 und vertritt die Interessen der Geldwäschebeauftragten in Unternehmen. Der Jurist arbeitete früher in der Kanzlei Freshfields und leitet seit einem Jahr den Bereich Recht und Compliance beim Unternehmen Kerberos Compliance.

Autor

  • Katharina Kutsche schreibt für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, die Hannoversche Allgemeine Zeitung und andere Auftraggeber – am liebsten über Kriminalität, Arbeitsthemen, Lokales und die Gründerszene. Sie ist gelernte Kriminalbeamtin, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München und hat einen Master in Journalismus.

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