Koop:Fintech Finexity und Sparkasse Bremen tokenisieren Sachwerte

Manche Dinge passen erst auf den zweiten Blick zusammen. Oder aber: Ja, warum eigentlich nicht? Das Hamburger Fintech finexity und die Sachwert Invest, zu deren Gesellschaftern die Sparkasse Bremen gehört, machen jetzt gemeinsame Sache. Tokenisierung als der gemeinsame Nenner: Das Start-up Finexity hebt Immobilien, edlen Wein & Co. in die Blockchain und macht daraus Tokens, die Sachwert Invest öffnet damit die Tür für größere Immobilienprojekte.

Es ist die erste Kooperation einer deutschen Sparkasse mit einem Blockchain-orientierten Unternehmen. Durch die strategische Partnerschaft mit der Sparkasse Bremen können Kunden:innen künftig über die Plattform der Bank in tokenisierte Sachwerte investieren.

Was die Kooperation mit alternativen Geldanlagen zu tun hat, wie Technologie zum Einsatz kommt und wie die Kalkulation beider Parteien aufgehen soll, erzählen der Sachwert-Invest-Geschäftsführer Björn Siemer und der Finexity-Gründer Paul Huelsmann im Doppelinterview.  

Bonds rentieren kaum, Börsen in Unruhe, viel Unsicherheit – das ideale Umfeld für alternative Anlagen?

Paul Huelsmann: Ja, auf jeden Fall. Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Wenn Sie mich vor zwei Jahren gefragt hätten – ich glaube nicht, dass ich damals gedacht hätte, dass wir heute schon so weit sind. Natürlich hilft das Umfeld. Die Niedrigzinsen, die Unsicherheit, das steigert die Begehrlichkeit von wenig korrelierten Anlageklassen. Das sind nun einmal Immobilien, edler Wein und Ähnliches. Dinge, die lange nur den Superreichen zugänglich waren. Tokenisierung schafft Zugänge.

Björn Siemer: Da stimme ich zu. Nun sind Immobilien für viele Kunden bereits heute eine vertraute Anlagemöglichkeit. Natürlich kommt es auf die Projekte an und auf gute Qualität der Angebote. Wir haben gemerkt, dass viele Menschen Immobilien und anderen Sachwerten gegenüber sehr aufgeschlossen sind, sich bisher aber nicht durchringen konnten, zu investieren. Das liegt entweder am Aufwand der Verwaltung, den hohen Einzelinvestitionen oder dem Mangel an guten Angeboten sowie dem fehlenden Marktzugang. Hier haben wir jetzt die Brücke gebaut, damit unsere Kunden ebendiesen einfachen Marktzugang erhalten. Daher auch unsere noch junge Kooperation mit Finexity.

Da wir gerade über die Qualität sprechen – was ist eigentlich mit der Liquidität? Die war doch im AI-Segment lange eine Herausforderung. Sprich, wenn es hart auf hart kam, konnten sich die Anleger nicht ohne weiteres davon trennen.

Huelsmann: Stimmt, ich erinnere mich an den Zweitmarkt für geschlossene Fonds. Aber zu Ihrer Frage: 14 Prozent unserer Tokens werden bei uns auf der Plattform weitergereicht – und das problemlos.  Dazu kommt: Bei uns kann man ab 500 Euro einsteigen. Die Gefahr eines illiquiden Groß-Clusters im Portfolio ist also nicht gegeben.

Lassen Sie uns kurz über die Technologie sprechen – ist sie ein Selbstzweck?

Siemer: Nein. Sie zu verstehen, braucht auch Zeit, für alle Beteiligten. Immerhin ist nicht jeder automatisch Tech-affin. Es ist also ein Lernprozess. Die technische Lösung vereinfacht vieles und wir können mit der Sachwert Invest durch den Einsatz von Technik der Finexity die Kosten für unsere Kunden gering halten.

Huelsmann: Es geht um Produkte, nicht um die Verpackung. Wenn man etwa schlechte Assets in Token-Form bringt, bleibt es doch ein schlechtes Asset. Wir arbeiten daher mit einem Netzwerk, dass uns mit Ideen versorgt. Pro Woche bekommen wir zwischen 5 und 10 Angebote.

Tokenisierung hat Anziehungskraft auf Kunden

Im Sinne von – Herr Huelsmann, könnte man nicht dieses oder jenes Asset in Token-Form bringen?

Huelsmann: Genau. Aber nur 10 Prozent davon sind überhaupt sinnvoll, geprüft zu werden. Nur diese 10 Prozent haben nämlich Antworten auf unsere Fragen. Dann führen unsere Investmentmanager und Analysten eine detaillierte Due Diligence durch.

Siemer: Der Kunde sucht ja nicht aktiv nach alternativen Anlagen, sondern nach Ideen. Da muss alles stimmen.

Wie lautet denn derzeit Ihre Bestandsaufnahme?

Siemer: Wir stehen am Anfang der Kooperation – es ist ein Lernprozess. Derzeit beobachten wir, über welche Kanäle Kunden zur Sachwert Invest gelangen. Wenn die Anzahl der Kunden steigt und Projekte angeboten werden, die eine gewisse Anziehungskraft auf Anleger besitzen, dann wird das Thema gewaltig Fahrt aufnehmen.

Wo liegen eigentlich die Grenzen?

Huelsmann: Ich denke, in der Regulatorik, bei der BaFin. Aber abgesehen davon ist vieles denkbar. Nehmen Sie den Sport. Große Privat-Equity-Investoren haben das Thema bereits für sich entdeckt – etwa beim Investment AC Milan oder Atlético de Madrid. Das hat auch den Vorteil, dass Geldanlage Emotionen erfährt, eine Bindung. Bei Fußballfans oder auch Musikfreunden. Warum also nicht Fußballclubs tokenisieren?

Siemer: Das wäre nicht die schlechteste Idee. Aber, um auf das Heute zurückzukommen:  Es ist es ja nicht so, dass jeder Mensch das Thema Geldanlage oder Vermögensaufbau begeistert angeht. Insofern ist es gut, wenn die „customer journey“ dahin so einfach wie möglich ist – und im Idealfall Spaß macht.  

Huelsmann: Schon jetzt bewegt sich viel: Mehr als 20 Prozent unserer Kunden haben zehn Assets und mehr als Token. Das ist ein gutes Signal, finde ich.

Über die Interviewgäste:

Paul Huelsmann ist CEO des Start-ups finexity. Das Unternehmen macht aus Alternativen Anlagen wie Immobilien oder Diamanten kleinteilige Tokens. Der Einstieg ist ab 500 Euro möglich. Für Huelsmann ist das erst der Anfang.

Björn Siemer ist Geschäftsführer bei der Sachwert Invest GmbH und führt weitere Unternehmen aus dem Immobilien- und Versicherungsbereich. Das Unternehmen nutzt Lösungen von finexity, um auf dem eigenen Marktplatz ein Angebot für Immobilienaffine Kunden zu schaffen. Die Tokenisierung? Gibt breiten Bevölkerungsschichten einen neuen, einfachen Zugang zu Anlagen, glaubt Siemer.

Header: iStockphoto

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  • Arne Gottschalck arbeitet als Redakteur und Autor. Seine Schwerpunkte sind die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Technik. Er arbeitet seit 2017 als Redakteur bei der Corporate Publishing Agentur JDB.de. Zuvor war er über zehn Jahre als Journalist beim Manager Magazin angestellt.

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