Markus Ampenberger ist Partner bei BCG und Experte für die Payment-Industrie. Im Interview erklärt er, warum klassische Unternehmen kämpfen müssen, Karten-Schemes besser dastehen – und was er künftig vom Markt erwartet. 

Die vergangenen Monate waren für die Paymentbranche nicht leicht. Entlassungen, Kürzungen, heftige Einbrüche bei Bewertungen von Fintechs: All das plagte die Branche, die doch eigentlich immer erfolgsverwöhnt war. Doch sieht es wirklich so schlimm aus? BCG-Partner Markus Ampenberger hat Antworten. 

Herr Ampenberger, Payment-Aktien waren lange Zeit ein Renditegarant, zuletzt sah die Kursentwicklung eher mau aus. Was sind die Gründe dafür? 

Der globale Payment-Markt ist mit einem Ertragspool von rund 1,6 Billionen US-Dollar in 2022 riesig und kannte in den vergangenen Jahren immer ein sehr starkes Wachstum von durchschnittlich acht Prozent pro Jahr, in einigen Jahren und je nach Region beziehungsweise Sektor sogar deutlich mehr. Das Wachstum des globalen Ertragspools ist weiterhin solide, aber wird gemäß unserer Prognose in den nächsten fünf Jahren erstmals zurückgehen und bei rund sechs Prozent pro Jahr liegen. Das ist eigentlich immer noch gut, aber viele Investoren sind mehr Wachstum gewohnt. Dies hat sich auch auf die Entwicklung der börsennotierten Payment-Unternehmen ausgewirkt. 

Was bedeutet das in Zahlen?

Von Ende 2021 bis Ende 2023 haben wir für unseren „Global Payments Report“ eine globale Stichprobe großer Unternehmen im Payment-Bereich im Hinblick auf den Total Shareholder Return – definiert als Kursentwicklung plus Dividendenzahlungen – analysiert. Hier sehen wir beispielsweise eine Wertminderung von im Durchschnitt 20 Prozent, in einzelnen Sektoren sogar ein Minus von 40 Prozent. Damit haben die Paymentwerte sich in diesem Zeitraum eigentlich sehr ähnlich zu den Tech-Werten entwickelt, allerdings danach – anders als beispielsweise viele Tech-Unternehmen an der Nasdaq – in Summe kaum erholt. 

Gilt das für alle Sektoren?

Nein, wir sehen deutliche Unterschiede. Die klassischen Player im Bereich „Acquiring“ oder „Payment Processing“ leiden besonders unter dem Wertverlust. Moderne, global agierende Payment Player oder auch die globalen Kreditkarten-Schemes konnten zuletzt deutlich stärker wachsen und wir sehen eine positive Wertentwicklung im zweistelligen Prozentbereich allein in den vergangenen zwölf Monaten.

Wie sieht es im Bereich Funding aus? 

Im Fintechmarkt sehen wir ebenfalls einen Einbruch. Der Markt gerade für größere Runden in der sogenannten „Later-Stage“ war zuletzt nahezu ausgetrocknet. Einige wenige Fintechs konnten da sicherlich noch etwas holen, in der breiten Masse ist es aber deutlich schwieriger geworden, an Geld zu kommen. Besonders der Vergleich zu den Boomjahren zeigt deutlich: Die aktuelle Marktphase ist nicht einfach. 

Bedeutet das, wir kriegen keine jungen Angreifer mehr in den Markt? 

Für gute Ideen und Umsetzung ist immer Platz auf dem Markt. Wenn wir in die vergangenen Jahre schauen, haben wir immer wieder neue Player gesehen, die erfolgreich in den Markt eingetreten sind. Global gibt es heute mehr als 5.000 Payment-Fintechs, die zusammen rund 100 Milliarden US-Dollar an Erträgen realisieren. Für die Strategie neuer Payment-Fintechs ist es aber immer wichtig, dass sie mehr machen als „nur” Zahlungen abzuwickeln, denn das machen andere schon sehr gut. 

Sie haben es schon angesprochen: Das Wachstum je Unternehmen verlangsamt sich auf eher sechs Prozent pro Jahr. Haben die vielen neuen Player daran ihren Anteil? 

Der Wettbewerb ist in der Tat sehr intensiv. Klassische Spieler kriegen immer mehr Druck von Fintechs und anderen innovativen Angreifern. Besonders bei der reinen Abwicklung von Zahlungen sehen wir die Margen stark unter Druck. Wer als Payment-Unternehmen heute bestehen will, braucht zusätzliche Leistungen, die für den Händler Sinn ergeben. Wir reden dann von den klassischen „Value-Added-Services” wie Betrugsprävention, Datenanalysen oder auch Finanzierungsmöglichkeiten für Händler und Konsumenten wie Embedded Finance. Dort gibt es nach wie vor attraktive Margen und auch Potenzial zu wachsen.  

Es ist immer auch die Rede davon, dass die großen Techplayer sich einen Teil des Kuchens sichern wollen. Könnte jetzt ihr Zeitpunkt gekommen sein? 

Wenn wir den deutschen Markt betrachten, sehen wir, dass die Menschen immer häufiger kontaktlos mit Karte bezahlen wollen. Die Pandemie hat dem sicherlich einen Schub verliehen und ich kann zum Glück heute auch beim Bäcker mit der Karte bezahlen. Da sehen wir einen klaren Trend. Aber das Mobiltelefon – und damit unter anderem Apple Pay oder Google Pay – spielt bisher eine absolut untergeordnete Rolle. Nicht einmal fünf Prozent aller Zahlungen am Point of Sale in Deutschland laufen heute darüber. Da brauchen sich die hiesigen Payment-Firmen zumindest aktuell noch keine Sorge darüber zu machen, dass sie dort noch stärker unter Druck geraten. 

Was bedeutet die aktuelle Marktsituation für weitere Übernahmen? 

Für viele Payment-Player ist nun die Zeit der Optimierung und Kosteneinsparung gekommen, das sehen wir bereits seit zwei oder drei Jahren. Das bedeutet auch, dass viele die bestehenden Strukturen optimieren, statt weiter zuzukaufen. Wir haben in Europa und auch in anderen Teilen der Welt in den vergangenen Jahren Player gesehen, die bereits anorganisch sehr stark gewachsen sind und den Markt so stark konsolidiert haben. Ich erwarte daher in den kommenden Jahren nicht, dass wir noch Mega-Übernahmen zur Realisierung von Skaleneffekten sehen, aber große Player werden sich Spezial-Know-How oder moderne Technologie zukaufen. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

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