Eine neue Studie zeigt: Zwischen 2018 und 2023 sind die Aufsichtsräte der Fintech größer, professioneller und diverser geworden. Deutsche Fintechs sollten aufhorchen.

Aufsichtsräte sind wichtige Kontrollgremien für Unternehmen. Sie sollen der Geschäftsführung ordentlich auf die Finger schauen und wenn nötig auf die Finger hauen. Dafür aber braucht es professionelle Persönlichkeiten, die auch mal hart durchgreifen, wenn ein Unternehmen Fehler macht. Gerade bei deutschen Fintechs wurde zuletzt aber immer wieder Kritik daran laut, dass die Fintech-Gründerinnen und Fintech-Gründer lieber ihre Bekannten oder enge Bezugspersonen ins Aufsichtsgremium schicken. Man kennt sich halt, war lange das Motto in Deutschland. Doch ausgerechnet das kann ein Wettbewerbsnachteil sein, wenn die Konkurrenz sich zunehmend professionalisiert.

Genau das passiert aber gerade. Laut einer Studie der internationalen Personalberatung Heidrick & Struggles, die PaymentandBanking exklusiv vorliegt, sind die Aufsichtsratsgremien der 75 größten Fintech-Unternehmen in Europa, den Vereinigten Staaten, Australien und Neuseeland zwischen 2018 und 2023 größer, professioneller und diverser geworden. Der Großteil der untersuchten europäischen Unternehmen kommt aus Irland und Großbritannien, also ebenfalls aus dem angelsächsischen Raum. Aus Deutschland waren zwei Fintechs dabei.

Während Aufsichtsräte von Fintech 2018 durchschnittlich 4,6 Mitglieder hatten, ist ihre Zahl der Studie zufolge inzwischen auf durchschnittlich 7,8 Mitglieder gestiegen. Die meisten Aufsichtsräte der untersuchten Fintechs hatten 2023 neun Sitze, fünf Jahre zuvor waren es noch fünf. Damit sitzen in den Kontrollgremien der Finanz-Start-ups mittlerweile annähernd so viele Aufsichtsräte wie in börsennotierten Unternehmen. Dort haben Aufsichtsräte typischerweise zwischen neun und zwölf Mitgliedern. Auffällig ist vor allem der Anstieg bei den neuen Aufsichtsratsmitgliedern seit 2021: Durchschnittlich kamen drei neue Mitglieder zwischen 2021 und 2023 hinzu. Das lässt sich damit erklären, dass viele Fintech seitdem an die Börse gegangen sind oder ihren Börsengang vorbereitet haben. Deshalb haben alle 75 untersuchten Fintechs inzwischen auch Prüfungs- und Vergütungsausschüsse. 

Außerdem werden Aufsichtsräte seit 2018 immer professioneller: Die Zahl der Mitglieder mit CEO-Erfahrung stieg von durchschnittlich 2,16 auf 3,4. Rund 43 Prozent der Aufsichtsräte sind der Studie zufolge ehemalige oder aktuelle CEOs. Bei Start-ups im Payment-Sektor sind es sogar 78 Prozent. Auch die Zahl der aktuellen und ehemaligen Finanzchefs stieg von fünf Prozent in 2018 auf 12 Prozent in 2023. „Dies ist eine sehr positive Entwicklung. CEOs und CFOs sind weltweit in allen Aufsichtsgremien hochwillkommen“, kommentiert Manuela Klos, Partnerin bei Heidrick & Struggles, die Studie. „Sie kennen die Schlüsselaufgaben von Unternehmen aus eigener Erfahrung und können den Vorständen auch bei operativen Fragestellungen gut zur Seite stehen.“

Gleichzeitig sitzen immer weniger Investoren und Gründer im Aufsichtsrat. Im Jahr 2018 waren es noch durchschnittlich 2,5 Investoren im Aufsichtsrat, inzwischen sind es nur noch 1,5. Das zeugt davon, dass die Buddy-Kultur zuletzt etwas schwächer ausgeprägt war. Gründer waren dagegen noch in 68 Prozent der Aufsichtsräte vertreten. „Das ist eine gesunde Entwicklung, die Kontrolle an mehr externe unabhängige Direktoren mit einer unvoreingenommenen Perspektive zu übergeben“, sagt Klos. Freiwillig räumen die Investoren und Gründer den Sessel jedoch eher nicht: Vielmehr wurden ihre Sitze nach einem Börsengang frei.

Auch beim Thema Diversität hat sich ein bisschen was getan. Inzwischen gibt immerhin bei 84 Prozent aller untersuchten Fintech-Unternehmen mindestens eine Frau im Aufsichtsrat, eine Steigerung von 34 Prozentpunkten innerhalb von fünf Jahren. Damit nehmen Frauen 24 Prozent der Sitze in den Kontrollgremien ein. „Trotz dieser Steigerung bleibt festzuhalten, dass die führenden Fintechs, ähnlich wie viele andere junge Unternehmen, beim Anteil von Frauen in Führungsgremien noch Luft nach oben haben“, sagt Klos. „Klassische Börsenunternehmen sind da schon weiter.“ Bei den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Vereinigten Staaten liegt der Frauenanteil beispielsweise bei vierzig Prozent. People of Color sind zu 22 Prozent in den Aufsichtsräten von Fintechs vertreten. Hier gibt es also noch Luft nach oben. 

Das könnte dich auch interessieren:

Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!