Tech-Experten suchen und finden – das ist, wie wir in den ersten beiden Teilen unserer Mini-Serie gesehen habe, eine große Herausforderung für deutsche Unternehmen. Die Suche nach technisch hochqualifizierten Mitarbeitern ist aber nur die Spitze des digitalen Eisbergs. Denn selbst wenn genügend neue, technisch qualifizierte Kollegen gefunden sein sollten: Die alten Mitarbeiter sind immer noch da. Auch sie müssen fit gemacht werden für die „Arbeitswelt 4.0“ – ein Umstand, dem noch viel zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Dass Künstliche Intelligenz alle Arbeitsplätze auslöscht, ist eine unsinnige Annahme, die in der öffentlichen Diskussion unsere wahren Probleme und Herausforderungen übertüncht. „Alles wird schlecht“ – das ist keine Strategie für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

„Ach, das verstehen eh nur Nerds!“

Wahr ist aber: Durch den Einsatz neuer Technologien wird sich die Art, wie wir in Zukunft arbeiten, verändern. Wir alle müssen zu „Digital-Arbeitern“ werden und es wird höchste Zeit, in den Unternehmen das entsprechende Bewusstsein zu schaffen und die entsprechenden Prozesse aufzusetzen.

Bei der Banking Exchange 2019 (#BEX19) vor ein paar Wochen meldete sich ein Herr aus dem Publikum und sagte sinngemäß: „Wenn wir technologisches Know-How breit in den Unternehmen verankern möchten, müssen Tech-Experten aus der Nerd-Ecke raus. Es kann nicht sein, dass digitales Know-How als Inselbegabung begriffen und in eine Abteilung verbannt wird.“ Daran musste ich denken, als ich gestern eine Anzeige von Porsche betrachtete: „Du bist irgendwie ein Nerd. Wir sind irgendwie Nerds. Wir sollten uns kennenlernen.“

Der „Digital-Mitarbeiter“ – wer soll das sein?

Das Weiterbildungsproblem

Eine Studie von McKinsey und dem Stifterverband sagt, dass in den nächsten fünf Jahren 700.000 Tech-Spezialisten benötigt werden. Noch eindrucksvoller ist die folgende Aussage: „Zusätzlich müssen jeweils über 2,4 Millionen Erwerbstätige in Schlüsselqualifikationen wie agilem Arbeiten, digitalem Lernen oder Kollaborationstechniken befähigt werden.“

In der Spitze ein Qualifizierungs-, in der Breite ein Weiterbildungsproblem: Bei der Banking Exchange ließ die Mitarbeiterin einer Großbank wissen, dass sie sich gerne im Bereich Künstliche Intelligenz hätte weiterbilden wollte – und auswählen konnte zwischen einem hochexklusiven, hochpreisigen Privatanbieter und einem Kurs an der Volkshochschule.

„Future Skills“ – was wir morgen können müssen

In der McKinsey-Studie werden drei Arten von „Future Skills“ unterschieden:

  1. Technologische Fähigkeiten: Darunter fallen alle Qualifikationen von Tech-Experten im engeren Sinn, etwa in den Bereichen Datenanalyse, Web, Smart Hardware oder Blockchain. Aber auch technisch versierte „Übersetzer“ werden genannt, die zwischen Fachabteilung und Nicht-Fachmenschen moderieren müssen.
  2. Digitale Grundkenntnisse: Das sind Kenntnisse, die nicht nur in den Arbeitsbereich von Tech-Experten fallen, aber erst durch die digitale Transformation erforderlich werden. Hierunter fallen Kenntnisse zu Datenschutz, zu digitaler Interaktion, zum Benutzen verschiedener Softwares. Aber auch Team-Kollaboration, agiles Arbeiten mit Kundenfokus, Aufbereiten digitaler Informationen und Hinterfragen dieser Informationen bzw. die Sensibilität dem eigenen digitalen Handeln gegenüber gehören dazu.
  3. Klassische Fähigkeiten: Hierunter fallen grundlegende Skills, die heute schon wichtig sind, aber in einer „Arbeitswelt 4.0“ unverzichtbar werden: Problemlösungsfähigkeit, Kreativität, Unternehmerisches Handeln/Eigeninitiative, Adaptionsfähigkeit und Durchhaltevermögen. 
Digitalisierung als Kernwert
Der „Digital-Mitarbeiter“ – wer soll das sein?

Ein digitales Grundverständnis und die Bereitschaft, das eigene Wissen kontinuierlich zu erweitern, muss sich künftig als roter Faden durch alle Ebenen ziehen. Nicht jeder Mitarbeiter muss KI-Experte werden, um in Zukunft seinen Arbeitsplatz zu behalten, im Gegenteil: Fähigkeiten wie Empathie oder Kreativität können – zumindest auf absehbare Zeit – nicht von Maschinen geleistet werden.

Das erfordert ein grundlegendes Umdenken in vielen Geschäftsführungen und HR-Abteilungen, die einen Plan entwickeln müssen, wie sie ihre Mitarbeiter aller Abteilungen (und sich selbst) fit für die digitale Zukunft machen, ohne diese Herausforderung in den Technikraum zu verlagern.

Hierfür braucht es ein deutlich breiteres Angebot an Weiterbildungen. Und ein Arbeitgeber, der Mitarbeiter zur Weiterbildung ermutigt. Solange viele Arbeitnehmer von morgens bis abends in Meetings sitzen oder der Chef Angst hat, wenn Mitarbeiter Müller wegen einer Fortbildung mal zwei Tage nicht an seinem Platz sitzt, wird das nichts mit der digitalen Transformation, wird eine gewisse „Bringschuld“ bei den Mitarbeitern niemals zu etablieren sein.

Technik darf nicht mehr als Statussymbol eingesetzt werden, nach dem Motto: „Der Vorstand hat das iPhone, der Mitarbeiter kämpft mit seinem Nokia-Knochen.“

Future Skills früh trainieren

Natürlich müssen, wie schon in Teil 1 angesprochen, die Rahmenbedingen in der Schul- und Ausbildung stimmen: Das Bio-Referat als PowerPoint-Präsentation, mehr Zusatzangebote außerhalb der Schulzeit, mehr Basiswissen nach dem Motto: „Was passiert eigentlich im Hintergrund, wenn ich eine E-Mail verschicke, eine URL eintippe?“.

„Die Rahmen-bedingungen in der Schule müssen stimmen.“

Denn wenn schon Heranwachsende den Sinn, Nutzen und die Mechanismen digitaler Angebote nicht verstehen, werden sie sich auch als künftige Mitarbeiter nicht dafür interessieren.

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