Ist der Bitcoin das digitale Gold einer Elite?

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Der Grundgedanke von Bitcoin war die ambitionierte, vielleicht utopische Vision eine neue Finanzstruktur aufzubauen und eine separate Geldwirtschaft mit völliger Freiheit zu entwickeln. Auch wenn die Geburtsstunde in das Jahr 2009 fällt, passt die Idee von Bitcoin in die zwei Jahre später aufkommende Occupy Wall Street Bewegung, welche gegen soziale Ungleichheiten, Spekulationsgeschäfte von Banken und der Einfluss der Wirtschaft auf die Politik protestierte und weltweit zu Demonstrationen führte. Das Grundprinzip der Digitalwährung ist quasi der kleinste gemeinsame Nenner: kein Intermediär keine Ungerechtigkeit.

Heute sieht die Welt anders aus, denn Bitcoin ist weniger digitale Währung, als Anlageobjekt oder digitaler Rohstoff. Der Bitcoin läuft Gefahr sich mit „get-rich-quick“ zu einer elitären Kryptowährung und zum digitalen Nachkommen des amerikanischen Traums zu entwickeln in dem Investoren wie Elon Musk als heldenhafte Rebellen romantisiert werden.

Käufer sind eine ziemlich homogene Gruppe

Während das Groß der Gesellschaft Bitcoin oder Cryptocurrencies heute noch gar nicht verstehen, werden die hauptsächlich weißen, übrigens männlichen Nutzer als globale Innovatoren dargestellt. Die Daten von Marketwatch zeigen, dass die meisten Menschen die Bitcoin kaufen und verkaufen, Männer unter 30 Jahren sind. Die Daten der Fintech-Handelsplattform Mode lassen den gleichen Schluss zu: junge Männer sind überproportional vertreten im Vergleich zu Frauen oder älteren Menschen und auch das Manager Magazin listet im deutschen Kryptonetzwerk mehr als 30 Männer, aber nur zwei Frauen.

Was kann Bitcoin dafür?

Nichts. Absolut und rein gar nichts. Bitcoin ist nicht schlecht. Man kann sagen, das Cryptocurrencies per Definition divers sind. Bitcoin bevorzugt niemanden, geschweige denn benachteiligt irgendwen. Bitcoin kann von jedem Menschen auf der Welt sofort genutzt werden, egal ob nun arm oder reich. Es braucht keinen Ausweis um eine Wallet anzulegen. So gesehen ist Bitcoin die diverseste und fairste Währung, die wir kennen. Kein Staat der eingreifen kann, keine Bevölkerungsgruppe die benachteiligt werden kann. Trotzdem ist nicht alles Gold was glänzt und es gibt sie, die Schattenseiten.

Aber Kritik wird innerhalb unserer Blase schnell als bashing abgetan oder Dummheit. Ein zu hoher Energieverbrauch von Bitcoin? Blasphemie. Man ist Zweifel schlichtweg zu blöd, wenn man hinterfragt, warum China die CO2 Ziele nicht erreicht, weil riesige Mining-Farmen das verhindern. Das Argument: Immer mehr Mining wird mit nachhaltiger Energie betrieben und am Ende kann und darf man niemanden vorschreiben, wofür Energie eingesetzt wird. In Zeiten, wo sich Menschen viele Gedanken um Nachhaltigkeit machen ist eine solche Argumentation zu einfach.

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Bitcoin entwickelt sich immer mehr zu einem Rohstoff und Anlageprodukt einer elitäreren Gruppe. Natürlich kann jede:r Bitcoin und Co kaufen, wenn man denn weiß wie. Das ändert sich Dank Lösungen wie Bison und Bitwala langsam, aber die durchschnittliche Nutzer:in muss auch diese Lösungen erst einmal finden und verstehen. Was aber viel wichtiger wiegt, ist ein “Nicht-Verstehen“ von Bitcoin. Man kann nur in etwas sinnvoll investieren, wenn man ansatzweise versteht, worum es geht und die Majorität der Gesellschaft sind nun mal keine Nerds.

Raus aus der Blase

Wir müssen aufhören in unserer Blase Bitcoin, als Wunder der technologisierten Gesellschaft zu sehen und die Diskussion raus aus dem esoterischen führen. Bitcoin ist im Moment nun mal kein Thema für die Masse, wenn es nur Hohepriestern vorenthalten ist am Netzwerk teilzunehmen. Das in der Theorie jede:r in der Lage ist eine Wallet anzulegen oder auf Coinbase und Co. auch Bitcoins kaufen kann, mag stimmen. Aber wer macht es denn am Ende wirklich? Welche Bevölkerungsgruppe hat eine so hohe technische Affinität und genügend Spielgeld, um einfach mal so zu probieren? These: Vermutlich nicht die Kinderkrankenschwester oder der Gabelstaplerfahrer.

Wir müssen aufhören, Scheinargumente zu bringen. Bitcoin ist kein Zahlungsmittel für unbanked People in Schwellenländern.

Das bedeutet, das wir aufhören müssen Scheinargumente zu bringen. Bitcoin ist kein Zahlungsmittel für unbanked People in Schwellenländern. Niemand wird so verrückt sein und seinen morgens eine Währung zu haben, die Abends vielleicht zwar doppelt aber eben auch nur die Hälfte wert sein kann. Auch wenn Bitcoins als Cryptocurrency entwickelt wurde, ist es als Währung, als Bezahlmittel aufgrund der hohen Volatilität dazu gänzlich ungeeignet. Bitcoin ist keine todsichere Geldanlage und im Vergleich zu Gold ist Volatilität viermal so hoch. Bitcoin ist keine leicht verständliche Digitalwährung. Und ja die Verbreitung von Bitcoin nimmt insbesondere in Schwellenländern zu.

Wir müssen ins Detail gehen

Aber hier muss man ins Detail gehen und genau hinschauen, warum das so ist und was Verbreitung genau bedeutet. Im Global Cryptocurrency Adoption Report steht zB. die Ukraine an erster Stelle. Ein Land mit überdurchschnittlich junger und technikaffinen Bevölkerung aber wackligen Wirtschaft. Russland, Venezuela und China bilden die Plätze 2 bis 4. Mal abgesehen davon, dass Staaten wie China verstanden haben wie man mit Bitcoin und Cryptocurrencies Geld verdienen kann, liegt es auf der Hand warum Bitcoin in Ländern mit einem etwas anderen Demokratieverständnis, Cryptocurrencies beliebter sind.

Wir müssen uns die Zeit nehmen die Menschen dort draußen abzuholen. Zeit nehmen auf Fragen zu antworten, so dumm die anfänglich erscheinen mögen. Wir müssen noch mehr Lösungen anbieten, die nicht von Nerds für Nerds entwickelt wurden. Wir müssen Bitcoin und Cryptocurrencies erklären und Probleme von Bitcoin und Co, die nun mal auf der Hand liegen nicht als Blasphemie an der Sache abtun. Ansonsten bleibt Bitcoin das, was es ist: Eine spekulative Geldanlage für eine elitäre Gruppe.

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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