Im Smart Checkout Prozess steckt hierzulande noch viel Potenzial

people walking on market during nighttime

Die Zukunft des Bezahlens dreht sich nicht nur um Bar- oder Giralgeld und Karten einstecken oder auflegen. Nein, auch der Schritt zuvor – das Kassieren – ist ein Prozess, der sich im Wandel befindet: der smarte oder Self-Checkout. Wo steht Deutschland im Ländervergleich?

In der Schlange an Supermarktkasse 2 und beim Hoffen auf die Durchsage „Wir öffnen Kasse 3“ bietet sich manch Kunden noch ein weitere Alternative: sich selbst aus dem Laden auschecken. Bei diesem Prozess, Smart- oder Self-Checkout genannt, nehmen Kunden den Kassenvorgang selbst in die Hand. Sie scannen die Produkte, die sie ausgewählt haben, ab, wählen hinterher, wie sie zahlen möchten und schließen dann den Prozess ab.

SB-Kassen in Deutschland haben noch eine geringe Bedeutung

Laut einer aktuellen Marktanalyse des Forschungsinstituts des Handels EHI können in 1.687 deutschen Geschäften 7.240 stationäre Self-Checkout-Kassen genutzt werden. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2019. 983 Läden lösen das als mobiles Self-Scanning wie beschrieben: mittels Handscanner, per Einkaufswagen mit Scanner oder per Scan-App auf dem eigenen Smartphone. Zwar sei der Lebensmitteleinzelhandel führend, allerdings liege der Marktanteil der SB-Kassen noch unter drei Prozent, heißt es beim EHI.

Die meisten Kassen gebe es in den Häusern der schwedischen Möbelkette Ikea. Danach folgen die Edeka-Gruppe, die Rewe-Gruppe sowie Kaufland knapp vor Netto Markendiscount. SB-Kassen haben trotz Wachstum noch eine geringe Marktbedeutung in Deutschland. „Aber sie besitzen ein großes Marktpotenzial, da viele Lebensmittelhändler bei Umbauten oder Neueröffnungen entsprechende Installationen planen“, so die EHI-Studie.

Je nach Anbieter unterschieden sich die Vorgänge im Detail. In manchen Läden können Kunden den Kassenbereich direkt verlassen. Beim Lebensmittelhändler Kaufland etwa müssen sie noch den ausgedruckten Kassenbon vor eine Sicherung halten, damit sie den beschrankten Bereich verlassen dürfen. Weitere Sicherungen basieren auf einer Gewichtskontrolle, so etwa bei Rewe. Die Waren müssen nach dem Scan auf einen ausgewiesenen Platz gelegt werden, damit das System anhand des Gewichts überprüfen kann, dass jedes Produkt nur einmal gebucht wird. In vielen Läden stehen zudem Mitarbeiter bereit, die Kunden bei technischen Problemen oder allgemein bei der Bedienung helfen.

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Self-Check-out System in anderen Ländern deutlich weiter

Unter drei Prozent, das ist im Ländervergleich nicht viel. Auch gibt es die Do-it-yourself-Bezahlung noch nicht allzu lang in Deutschland. In der Schweiz ist man dagegen weiter. Bei Coop, einer der größten Einzelhandelsketten mit Sitz in Basel, gibt es das Self-Scanning-System Passabene seit 2005, die ersten Self-Checkout-Stationen wurden im Januar 2013 in ausgewählten Coop-Verkaufsstellen eingeführt. Seitdem habe man das Angebot laufend ausgebaut, so ein Coop-Sprecher: „Aktuell sind über die Hälfte unserer Verkaufsstellen in der gesamten Schweiz mit Self-Checkout-Kassen ausgestattet.“ Seit 2019 gebe es auch eine Smartphone-App dazu.

Die spezielleren Kassen seien bei der Kundschaft sehr beliebt. Sie werden vor allem von jenen genutzt, die nur einen kleinen Einkauf haben. „Kundinnen und Kunden, die große Einkäufe tätigen, gehen tendenziell eher an die bedienten Kassen.“ Der Vorteil für das Unternehmen ist ein Platz- und Zeitgewinn. Zum einen können zwei Self-Checkout-Kassen anstelle einer normalen Kasse installiert werden, erklärt der Coop-Sprecher. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien frei für andere Tätigkeiten. „In den Verkaufsstellen mit Self-Checkout-Kassen beschäftigen wir nicht weniger Personal als vor der Einführung.“

Smart Checkout, und wie ist das mit den Daten?

Offenbar sind die Kunden in der Schweiz besonders offen für die Selbstbedienungskassen. Denn es gibt sie auch beim Konkurrenten Migros sowie in den schweizerischen Filialen von Lidl und Aldi. In Deutschland dagegen hat es bisher nur in Aldi-Süd-Filialen in Köln und Stuttgart Tests gegeben, und das auch erst seit vergangenem Sommer.

In Großbritannien hat Lidl ebenfalls Self-Checkout-Kassen. Auch bei den Wettbewerbern Tesco, Sainsbury’s und Waitrose können Kunden sich und ihren Einkauf selbst auschecken. Der französische Sporthändler Decathlon rollt seit 2020 Systeme aus, in denen Kunden ihren analogen Warenkorb komplett scannen und bezahlen können. Dafür sind die Produkte mit RFID-Etiketten ausgestattet, die statt der Barcodes ausgelesen und deren Warensicherung nach dem Bezahlen automatisch deaktiviert wird.

gray and red shopping carts

In den Niederlanden testet die Kette Albert Heijn, wie die Zukunft des smarten Checkouts aussieht – und orientiert sich am System von Amazon Go. Die Lebensmittelmärkte des Online-Riesen gibt es in den USA und Großbritannien. Und sie sind kassen- und kassiererlos. Kunden packen ein, was sie kaufen möchten und verlassen dann den Laden. Sie müssen dafür die Amazon-Go-App nutzen, die den Zugang zum Geschäft ermöglicht und die einzelnen Produkte erfasst. Wie, das regelt ein komplexes System aus Deckenkameras, Gewichtssensoren an Regelböden und künstlicher Intelligenz. In Deutschland äußerten Experten allerdings Bedenken: Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar schätzte das System von Amazon Go schon 2016 als nicht kompatibel mit deutschen und europäischen Datenschutzbestimmungen ein.

Checkout-Prozess muss einfach und sicher sein

Experten gehen davon aus, dass der Markt für Self-Checkout-Systeme in den kommenden Jahren deutlich wächst. Er wurde für 2020 auf 3,1 Milliarden US-Dollar geschätzt und könnte bis 2026 auf 5,9 Milliarden Dollar ansteigen. Ein Grund dafür, berichtet das Online-Portal Businesswire, könnte die Corona-Pandemie sein: Den Händlern fehlen Arbeitskräfte, die Selbstbedienungskassen können sie ersetzen beziehungsweise knappes Personal anders einteilen.

Im Online-Handel ist der smarte Checkout ebenfalls ein wichtiges Thema. Hier legen die Kunden zwar nichts aufs Band, sondern übergeben ihren Warenkorb nur virtuell. Franziska Schneider ist Senior Manager Payments beim Online-Beauty-Retailer Flaconi. Bei einem Online-Händler gehe es nicht um einen speziellen Anbieter von Checkout-Lösungen an sich, sondern vielmehr darum, wie der gesamte Bestellprozess – der „Flow“ – aufgebaut ist. „Meiner Meinung nach soll er aus Sicht der Kundinnen und Kunden einfach, intuitiv, sicher und vor allem kurz sein und dabei mit wenig Daten von der bestellenden Person auskommen.“

Die Kunden haben erfahrungsgemäß das eine Zahlungsmittel, welches sie am liebsten und daher am häufigsten verwenden. Bei Flaconi achte man darauf, die populärsten Zahlungsmittel anzubieten, um so möglichst vielen Kunden ein perfektes Einkaufserlebnis zu ermöglichen. „Dabei ist es sinnvoll, sich am aktuellen Marktgeschehen zu orientieren. Zu viele Alternativen blähen den Checkt-out ansonsten unnötig auf“, sagt Schneider.

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Autor

  • Katharina Kutsche schreibt für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, die Hannoversche Allgemeine Zeitung und andere Auftraggeber – am liebsten über Kriminalität, Arbeitsthemen, Lokales und die Gründerszene. Sie ist gelernte Kriminalbeamtin, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München und hat einen Master in Journalismus.

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