Investmentfonds und Social Trading, geht da was zusammen? Und wo bleiben die ETF? Ein Doppelinterview mit Wikifolio-Chef Andreas Kern und Tech-Fonds-Experten Stefan Waldhauser.

Der eine ist gelernter Wirtschaftsmathematiker, war Tech-Gründer, Fondsberater mit dem Digital Leaders Fund und ist seit geraumer Zeit auch auf Wikifolio unterwegs. Der andere ist Gründer und CEO von eben jenem Wikifolio, der vermutlich bekanntesten Social-Trading-Plattform in DACH. Was die Fonds- und die Tech-Welt miteinander zu tun hat? Das diskutieren Stefan Waldhauser und Andreas Kern.

Zu Beginn eine einfache Frage: Sorgt Technologie für bessere Anlageentscheidung?

Stefan Waldhauser: Das glaube ich nur eingeschränkt. Wissen Sie, ich habe damals schon im Studium meine Diplomarbeit über neuronale Netze geschrieben. Heute sind die Hilfsmittel ganz andere. Mit dem DLF etwa haben wir die digitale Spur von Unternehmen gemessen. Sie zeigt, wer Digitalisierung kann und wer nur darüber redet. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass der Fondsmanager in den nächsten Jahrzehnten durch Technologie überflüssig wird.

Andreas Kern: Technik kann und soll Entscheidungen unterstützen, aber die letzte Entscheidung sollte vom Menschen sein.

Aktives Fondsmanagement, ETF und Social Trading – wo liegen die Grenzen?

Waldhauser: Da muss ich fragen, welche ETF? Die klassischen ETF sind eine passive Alternative zu aktiven Fonds, breit diversifiziert. Sie sind gut geeignet für Menschen, die mit durchschnittlicher Performance zufrieden sind und keine Lust haben, sich um die Geldanlage zu kümmern.  Aber durch Leute wie Cathy Wood, die aktives Handeln im ETF-Mantel anbieten, hat sich diese Definition geändert. Außerdem gibt es inzwischen Themen-ETF auf Robotik oder ähnlich spitze Themen. In meinen Augen wird so der Ruf der ETF beschädigt.

ETF hin, aktive Fonds her – Aktien haben einen gefühlten Rückenwind, sagen Studien. Merken Sie das auch bei Wikifolio?

Kern: Ganz massiv, das hat schon 2019 begonnen. Im März 2020 bekamen dann alle Anleger einen Schreck, aber danach kam auch die Riesenerholung. Unter dem Strich gab es 2020 noch mehr Interesse als 2019. Da sehen wir auch einen Unterschied zu den Neobrokern – die wollen kurzfristiges Trading, wir wollen, dass die Anleger längerfristig profitieren. Ich denke aber, das Wachstum bei Wikifolio geht auch 2021 weiter, etwa dank der Comdirect Sparpläne. Die Bank verkauft jetzt Sparpläne auf einige unserer Zertifikate. Wenn ich mal prognostizieren darf: Wir werden die nächsten 30 Jahre noch ganz gut auf dem Wachstumspfad bleiben. Vermutlich hilft uns auch die Inflation zwischen 3 und 6 Prozent, weil es die Anleger in Richtung der Aktien zu bewegen scheint.

Haben Sie das auch gleichermaßen gemerkt, Herr Waldhauser?

Waldhauser: Das haben wir mit dem DLF gemerkt und das merke ich auch jetzt. Es gab noch nie so viele Neuaktionäre in Deutschland, das schlägt sich auch in den Anmeldungszahlen in meinem Newsletter nieder. Derzeit ist nun ein wenig die Euphorie raus – aber das halte ich gesund, für eine Konsolidierung,

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Wo liegt in Ihren Augen der Unterschied zwischen Fonds- und Wikifolioanlegern?

Waldhauser: Da muss ich etwas ausholen. Im Kern ist in meinen Augen die Fondsbranche „ready for disruption“. Wikifolio hat eine echte Chance, wenn man es schafft, eine für alle Anlegertypen geeignete Struktur zu schaffen. Damit meine ich die Rechtsform: Fonds sind Sondervermögen, bei Wikifolio sind es nur Zertifikate, also Inhaberschuldverschreibungen, auch wenn sie mit einer Besicherung abgesichert sind. Mir sagen inzwischen Vermögensverwalter, sie würden meiner Wikifolio-Strategie gern folgen. Aber sie dürfen es nicht, sie brauchen den Status des Sondervermögens, wie es Fonds bieten. Wikifolio kann es also schaffen, wenn sie diesen Nachteil aus der Struktur herausbringt. Aber noch ist es in meinen Augen nicht so weit.   

Kern: Ich denke, uns steht ein massiver shift bevor; noch mehr Richtung digitaler Entscheidungen. Und dann ist dieser angesprochene Nachteil gleich Null, es geht ja hier nicht um einen Nachteil für die Anleger, sondern um gesetzliche Rahmenbedingungen im Vertrieb, die geschaffen wurden, als es wikifolio noch nicht gab. Wikifolio-Zertifikate sind besichert, haben dazu wesentlich günstigere Kostenstrukturen als Fonds, das spricht für sich – und die Anleger zunehmend an. Vor allem im Vergleich zu Fonds mit geringem Volumen – dort sind die Kostennachteile zulasten der Wertentwicklung noch größer.

Welche Rolle bleibt den Menschen?

Kern: Unsere Influencer erklären ihre Investments oft sehr gut, und helfen Anlegern selbst bessere Entscheidungen zu treffen. Da gibt es natürlich auch eine Riesenbandbreite der Qualität. Einigen folge ich selbst sehr gern – und lerne etwas dazu. Und dann gibt es andere, deren Rat man besser nicht folgen sollte. Aber sei es drum; die Influencer machen auf jeden Fall neugierig.

Lassen Sie uns über die Blockchain-Technologie sprechen – ein möglicher Turbo für Sie, Herr Kern?

Kern: Ich bin massiv enttäuscht davon, was aus dem Ökosystem herausgekommen ist an Anwendungen. Anfangs war ich sehr begeistert, habe viel dazu gelesen – aber nirgends ist es gelungen, einen signifikanten Mehrwert zu schaffen. Wir wären mit Wikifolio startklar für eine Blockchain-Lösung, aber wir brauchen die Partner. Es klingt ja alles so günstig und transparent für den Kunden. Aber wenn wir Spreads genauso hoch ansetzen wie die Kryptoplattformen mit 140 Basispunkten, liefen bei uns in zehn Minuten die Telefone heiß. Aber zurück zu Blockchain: Sie könnte uns helfen, global anzugreifen. Aber derzeit brauchen wir die Blockchain nicht, um günstige Produkte anzubieten.

Waldhauser: Ich sehe das genauso. Aus der Zusammenarbeit mit KVG, den Fondsgesellschaften, weiß ich: Da müsste es so etwas wie die neue Generation geben. Die Tools, die ein Fondsmanager nutzt, sind gefühlt 30 Jahre alt. Das muss man doch mal von Grund auf renovieren – aber das sehe ich derzeit nicht. Der Branche geht es so gut, dass der Druck offenbar nicht groß genug ist , sich umfassend zu erneuern.

Herr Waldhauser, Wikifolio und Fondsmanager, wie geht das zusammen?

Waldhauser: Für mich war das kein Zusatzaufwand; beim DLF war ich auch nur Co-Manager. Aber in der Sache ist es kein Unterschied, ob ich Aktien nun in Wikifolio kaufe oder im Fonds. Der Fonds ist etwas reglementierter, was auch mehr oder weniger sinnvoll ist. Bei Wikifolio kann ich flexibler handeln, was per se erst einmal gut ist. Aber man muss sich auch selbst einschränken. Während ich im Fonds eine Aktie nur mit 10 Prozent gewichten kann, setze  ich mir diese Grenze bei Wikifolio mit 12 Prozent. Es ist daher einfacher auf Wikifolio eine Outperformance zu erzielen. Eine Einschränkung: Bei Wikifolio bekomme ich alle Werte, die in Deutschland gehandelt werden. Ich bin aber viel in US-Tech-Werten unterwegs, die werden hierzulande teilweise nicht gehandelt. Das wäre daher in einem Fonds einfacher umzusetzen.

Sprechen wir über die schwarzen Schafe, Herr Kern – wie filtern sie die aus?

Kern: Überraschenderweise ist das nicht so schwierig. Die Trades werden ja alle dokumentiert, sind transparent, öffentlich und nicht zu löschen. Jemand, der schummeln will, der geht daher nicht zu uns. Wie streng? Ich habe selbst eines meiner Wikifolios ge-crasht, weil ich Alibaba zur falschen Zeit geshorted war – und das steht noch in meinem Profil. Bei jedem Trader wird das beste und das schlechteste gezeigt. Bei mir steht da also minus 99,7 Prozent oder so. Diese Transparenz schafft Vertrauen beim Anleger, er sieht, welche Risiken er eingeht. Deshalb haben die viele Trader 20 oder mehr Aktien in einem breit gestreuten Portfolio.

Ein Jedermann-Investment?

Kern: Das ist nichts für jeden, aber wir unterstützen die Menschen, geben ihnen Tipps, helfen beim Risikomanagement. Oder sie nehmen unser wikifolio Top-50-Community-Aktien – das sind quasi die beliebtesten Aktien in unserem Ökosystem, die quartalsweise rebalanced werden. Das Portfolio besteht überwiegend aus europäischen Aktien, liefert aber Rendite wie der aktuell stärkste Index, der NASDAQ. Durch die Gleichgewichtung der Komponenten und den Fokus auf Nebenwerte wirkt man so dem bei ETFS eingebauten Large-Cap-Bias entgegen und kann es als Kernbaustein für ein Aktienportfolio verwenden.

Zu den Interviewgästen:

Andreas Kern ist der Kopf hinter Wikifolio. Die Social-Trading-Plattform stellt, vereinfacht gesagt, die Trades von ausgewählten Finanzexperten ins Netz. Jeder kann ihnen folgen – und teilweise auch investieren: Wikifolio erstellt daraus nämlich Endlos-Zertifikate, die jeder kaufen kann. Andreas Kern war auch Gast in unserem beliebten „ask me anything“ #36.

Stefan Waldhauser ist Gründer eines Software-Unternehmens, das er erfolgreich ins Silicon Valley verkauft hat. Seitdem ist Waldhauser aktiver Tech-Investor und als Berater des Digital Leaders Funds (DLF) tätig. Zudem ist er einer der aktiven Investoren auf Wikifolio.

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