Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist primär geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weitverbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? Heute: Cihan Duezguen von Worldpay from FIS
In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Cihan Duezguen unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen: Cihan Duezguen von Worldpay from FIS
Wer bist Du, was machst Du?
Mein Name ist Cihan Duezguen, 44 Jahre alt. Ich bin stolzer Familienvater mit zwei wunderbaren Kindern (6 & 9 Jahre). Als Strategic Sales Director beim internationalen Acquirer Worldpay from FIS helfe ich Kunden dabei, ihre Paymentlösungen in Bezug auf ihren individuellen Business-Case zu optimieren bzw. weiterzuentwickeln. Sales und Networking sind meine große Leidenschaft.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Den Tag beginne ich in der Früh bewusst mit der Familie: Bereite Schulbrote, Kakao und Kaffee. Im Anschluss studiere ich natürlich den PaymentandBanking Newsletter, informiere mich über News aus der Branche. Dies hilft auch dabei, die Gedanken und To-dos zu fokussieren. Im Anschluss legen wir los mit internen Abstimmungen, Kundengesprächen, dem Austausch von Ideen im Team: Schlicht dem Daily Business.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Ich komme ursprünglich aus dem Bereich Onlinehandel, wo der Zahlungsverkehr natürlich auch eine essentielle Rolle spielt. paydirekt war dann nach 19 Jahren E-Commerce meine erste direkte berufliche Begegnung mit der Payment-Branche. Die Lust an der Umsetzung von Payment-Ideen im Retail und E-Commerce, führte mich schließlich zum internationalen Acquirer Worldpay from FIS. Aus User-Sicht war die erste Erfahrung die Eröffnung meines PayPal-Kontos im Jahr 2005, damals war schließlich noch Ebay dominant im Onlinehandel. Ich erinnere mich noch: man musste für die PayPal-Eröffnung den KYC Prozess in der Postfiliale durchlaufen und das Konto mittels einer 1 Cent Überweisung verifizieren. Viel hat sich seitdem getan.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Da fällt mir die Antwort gar nicht so leicht. Die Anwendung, welche ich tatsächlich erstmalig als FinTech wahrgenommen und genutzt habe, war vor etwa 10 Jahren Numbrs, um meine Ausgaben zu katalogisieren. Disruptive Player wie PayPal hatte ich schon vorher genutzt, aber eben nicht direkt mit dem Begriff assoziiert.
Wie definierst Du FinTech?
Man denkt zunächst an Unternehmen, die auf der „grünen Wiese“ entstehen und konsequent userfreundliche Anwendungen aus dem Bereich Banking entwickeln und optimieren. Dabei greift man gezielt einzelne Bereiche aus der Wertschöpfung etablierter Player an. Hier gilt es stets, die Wünsche der User im Zusammenhang mit Commerce und Finanzdienstleistungen umzusetzen, Services zu vereinfachen. Worldpay from FIS ist mit seinen über 450 Lösungen aus dem Bereichen Merchant Solution, Banking Solution und Capital Markts eines der größten FinTechs. Dabei sind wir natürlich kein gänzlich neuer Player am Markt.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Etablierte Unternehmen haben klare festgelegt Prozesse und Strukturen, Haben in der Regel eine gewisse Man-Power aber auch technologisches wie auch regulatorisches Know-how. FinTechs denken stärker „Out of the Box“. Beides birgt Vor- und Nachteile. Ich würde aber generell festhalten: Etablierte Unternehmen strahlen aufgrund Ihrer langjährigen Marktpräsens und Markttiefe mehr Vertrauen aus.
Was kann man von FinTechs lernen?
Disruptives Denken und die klare Ausrichtung auf den Nutzen der Kunden. Wie kann man Prozesse vereinfachen, wo besteht Optimierungsbedarf? Mit welchen Technologien kann ich die Usability tatsächlich ausbauen? All diese Fragen sind für neue Player und ihren Erfolg entscheidend. Außerdem gilt, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Hier fällt mir als Beispiel Cashlink aus Frankfurt ein. Gestartet als P2P- Anbieter, inzwischen Bereich Blockchain angesiedelt.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Hier gibt es keine universell gültige Diagnose. Außerdem gilt diese These ja auch für sehr viele Spieler nicht. Ganz allgemein lassen sich aber ein paar „Pain-Points“ finden, die mir häufig begegnen. Zu einem sind es veraltete Systeme oder Prozesse, an die sich Verantwortliche kaum trauen, zum anderen fehlt es auch am Mindset. „Die Zukunft gehört denen, die die Möglichkeiten erkennen, bevor sie offensichtlich werden“, wusste schon Oscar Wilde. Ich erinnere mich an Neckermann, die an Ihrer Katalog-Strategie festgehalten haben und den Trend zum E-Commerce nicht erkennen wollten. Es fehlte der Mut, die Vision und die Bereitschaft alte Zöpfe abzuschneiden und neue Wege zu gehen. Veränderung beginnt im Mindset jedes Einzelnen: vom Sachbearbeiter bis zur Unternehmensleitung.
Was macht deinen Job täglich interessant?
Mich reizt es, meinen Kunden zu mehr Wachstum zu verhelfen, sie in neue Märkte zu begleiten und Prozesse zu optimieren. In der digitalen Welt ist Zahlungsverkehr ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Am meisten spornt es mich an, Querverbindungen bei den Bedürfnissen zu erkennen, ob ein Kunde weitere Lösungen benötigt, die sein Business vorantreiben könnten. Hier besteht unser Mehrwert darin, Lösungen und Technologien zu liefern, an die andere bis dato nicht gedacht haben. Unser Rezept ist die All-In-One-Betrachtung von Merchant Solution, Banking Solution und Capital Markets …… from mobile shopping to mobile banking, we make it seamless and secure.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Die Frage stelle ich mir eigentlich nie. Vielleicht Fashion-Label entwerfen? Der Trend hin zu NFTs reizt mich hier besonders, berühmte Marken machen es ja bereits vor.
Worauf bist du stolz?
Darauf, dass ich nach 19 Jahren E-Commerce den Mut, die Vision und die Entschlossenheit hatte, die Branche zu wechseln. Zurückblickend kann ich sagen, dass dies meine beste berufliche Entscheidung gewesen ist. Stolz bin ich natürlich auch auf meine Frau und meine Kinder!
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Mit Vorbildern wie Miriam Wohlfahrt, Leo-Sophie Cramer oder Julia Bösch wird die jüngere Generation der Frauen inspiriert, zu gründen. Da E-Commerce und Fintech näher zusammenrücken, werden wir in den nächsten Jahren hoffentlich mehr Frauen in Fintechs wiederfinden. Bei uns im Team ist das Verhältnis zwischen Männern und Frauen bereits fast ausgeglichen. Bei FIS bzw. Worldpay from FIS stehen Frauen an der Unternehmensleitung z.B. Tracy Birdsall als VP, Silvia Mensdorff-Pouilly als SVP oder Sophie Bono als Country Managerin für Frankreich. Es tut sich also viel.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Mich reizt Tesla. Wer stand in den letzten fünf Jahren stärker für Disruption?
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Folgerichtig mit Elon Musk. Mit ihm würde ich gerne diskutieren, ob induktives Laden während einer Autofahrt für Tesla infrage kommen könnte. Spannend ist auch, wie das dazugehörige Bezahlen aussehen könnte! Da wären wir wohl schon beim zweiten Bier.