Gastbeitrag von Cihan Duezguen, Strategic Sales Director bei Worldpay from FIS

Unternehmen wie beispielsweise PEG (Otto Payment), Zalando Payments, Paymenttools (Rewe) oder C24 entdecken die Möglichkeiten der Paymentbranche . Die Wertschöpfungsketten werden quasi mehr und mehr „inhouse“ gelöst und mit Big Data angereichert. E-Commerce, Payment und Banking rücken näher zusammen. 

Während meiner Zeit in Modeindustrie begannen die großen Händler, ihre Eigenmarken auszubauen, um die Margen der Zwischenhändler mitzunehmen. Es gab Trendscouts, die in London, Mailand und Paris den aktuellsten Trends auf der Spur waren. Die Händler analysierten Sortimente und Preislagen, um Lücken mit Eigenmarken zu schließen.

Strategie ermöglicht Zugang zu neuen Kunden

Zunächst kauften und verkauften E-Commerce-Händler Waren, dann öffneten Sie den Shop für Drittanbieter und das Marktplatzgeschäft verschaffte neue Einnahmemöglichkeiten mit weniger Kapitalbindung. Beim Verkauf von Waren erhalten die Marktplatzanbieter eine Verkaufsprovision, die Drittanbieter können zudem gegen Entgelt Marketingunterstützung vom Marktplatz buchen, sodass ihre Produkte an erster Stelle der Suchergebnisse auftauchen. Nun drängen sie weiter in die Wertschöpfungskette.

Die Grenzen verschwinden: Payment und Banking sind für die E-Commerce-Unternehmen das „Next Big Thing“ und sie bauen ihren Vorsprung mit eigenen Banking-Lösungen, wie es beispielsweise Check24 mit C24 macht, aus. Klarna bietet ein Girokonto an und öffnet seine App für Markplatzlösungen, sodass der User innerhalb der App gezielte Angebote von About You bis Zara angezeigt bekommt und zum Shop geleitet wird.

Der Lebensmitteldiscounter Lidl bietet mit LidlPay und einem Belohnungssystem Inhouse Payment und Loyalty an. Da Lidl in über 29 Ländern der Welt vertreten ist, wäre sogar ein Moneytransfer-Service denkbar. Der Vorteil liegt auf der Hand: der Kunde, der Geld in der Lidl Filiale einzahlt, generiert einen möglichen neuen Lebensmittelkunden im Ausland, und das Geld könnte dort für den Lebensmitteleinkauf, Lidl Talk oder Lidl Reisen verwendet werden.

toddle carrying red and white box standing beside yellow shopping cart

Painpoints können ausgeräumt werden

Die Painpoints des klassischen Retails wie z.B. Warteschlangen an der Kasse, fehlende Bezahlmöglichkeiten an der Umkleidekabine oder Selfcheckoutsysteme, können mit innovativen Paymentlösungen wie SoftPOS ausgeräumt werden. Der Kunde, der drei Jeanshosen anprobiert hat und der Verkäufer, der sich durch alle Sortimente gesucht hat, wäre sicherlich entzückt, wenn er als Modeberater an der Umkleidekabine dem Kunden die auserwählte Jeans einpackt und einen „Express-Checkout“ an der Umkleidekabine anbieten könnte. Das würde sicherlich die Conversionrate im stationären Handel erhöhen.

Viele Händler, die mit E-Commerce gestartet sind, haben ihre Payment-Methoden nicht ihrem Wachstum angepasst. Entweder sind es Altverträge mit hohen Konditionen, da Sie heute über 100 Mio. oder noch mehr umsetzten, oder weitere alternative Paymentmethoden nicht nutzen, da sie sich um ihr Daily Business kümmern.

Kasse neu denken

Der richtige Payment-Mix bietet dem Händler und seinen Kunden erhebliche Vorteile. Der Kunde findet seine favorisierte Bezahlmethode und er steigert automatisch seine Conversionrate. Wie ich lernte, sind Verbesserungen der Liquidität möglich, da einige Bezahlmethoden keine Reserve einbehalten und das Geld sofort brutto dem Händler auszahlen.  Der klassische Handel kann durch smarte Technik an der Kasse eine Verbesserung der Customer Journey bewirken und den Vorsprung der E-Commerce-Mitbewerber verringern. Das gepaart mit einem persönlichen Service vor Ort fühlt sich an wie „Amazon Prime vor Ort“. 

Kasse neu denken: Motel One hat es vorgemacht, der Kunde bezahlt beim Check-in und muss nur einmal an die Rezeption. Die Lounge ist geschmackvoll gestaltet und die Bar bietet Gin, Kaffee und Snacks und wird wirklich ein Ort der Begegnung für Menschen. Der Vorteil klingelt in barer Münze: Gäste halten sich gerne dort auf und die Bar ist eine weitere Einnahmequelle. Diese ließe sich erweitern, indem man die Ausstattung online per QR-Code zum Onlineshop verlinkt. Das Motel One wäre quasi ein Living Showroom von Matratzen, Badeinrichtung, Flachbildschirmen, Leuchten, Möbelstücken und auch die begehrten Snacks könnte man in solch einem Szenario auf Lieferando online stellen.

white love neon light signage

Aufstrebende Quick-Delivery-Unternehmen wie Gorillas, Hepsiburada oder Getir ergänzen die letzte Meile mit dem „Ich bring‘s dir direkt nach Hause“-Service. Ihre Sortimente sind zu 90 % deckungsgleich mit denen der Einkaufszentren, welche diese Chance nutzen könnten: gepaart mit einer eigenen Flotte oder in Partnerschaft mit den bekannten Essenlieferanten wäre quasi jedes x-beliebige Produkt binnen 30 Minuten nach dem Vorbild Gorillas oder Delivery Hero lieferbar. Hier wäre der Einsatz von SoftPOS fürs Bezahlen per Kreditkarte oder APM möglich.

Zahlvorgang muss zum Entertainment werden

Bei mir im Viertel hat ein Restaurant namens „BUUR“ aus Köln eröffnet. Das Essen wird in Szene gesetzt und ist quasi „Instagram“-ready serviert. Während die Gastronomie drum herum ums Überleben kämpft(e), stand hier die Generation Z trotz unterschiedlicher Corona-Bestimmungen sieben Tage die Woche von morgens bis abends Schlange. Menschen möchten unterhalten werden auch bei Payment und Banking. Es muss gut inszeniert sein, cool, ansprechend und unkompliziert. 

people walking on a shopping mall

Als Kind, so erinnere ich mich, besuchte mein Vater einmal im Monat seine Hausbank und hob Bargeld am Schalter für die täglichen Ausgaben ab. Jedenfalls bin ich immer gern mit zur Bank. Warum? Es war der Ort des Geldes und Vertrauens und ich wollte diese Kinderzeitschrift der Sparkassen haben. Es war quasi die Junior-Tüte der Sparkassen, die mich haben zum Kunden werden lassen. Man kennt sich im Laufe der Jahre, das schafft Vertrauen und Zugang. Diesen Zugang zu (jungen) Kunden könnten Banken mit einem Ort der Begegnung erschaffen, wie ich es als Kind erfahren habe.

Wer kennt es nicht: Im Briefkasten liegt ein Zettel vom Paketservice, abzuholen beim „Nachbar“ und die letzte Meile wird unbequem. Was wäre, wenn meine Lieferadresse, die meiner Hausbank wäre? Dann hätte Open Banking eine völlig neue Bedeutung. Banken könnten dem Frequenzrückgang in den Filialen mit z.B. Paket Hubs für Ihre Premiumkunden entgegenwirken, sozusagen mit „B-rime“.  Ungenutzte Bankflächen mit „Shop in Shop“ bzw. Drittanbieter für den Endverbraucher attraktiver gestalten, Open Workspace Flächen an Freelancer vermieten, Schulungen zu Minecraft-Kursen oder Programmierkursen anbieten, oder auch TikTok Tutorial Workshops?

Banken sollten bei den Tech-Giganten wildern

Die junge Generation von heute ist um einiges digitaler als ich es in den 90igern sein konnte – von Musik, Filme schauen, Gaming, Lesen und Lernen – alles wird gestreamt und ist online sofort verfügbar. Es braucht keine Videothek, um Videos zu schauen, es braucht keinen Plattenladen für Musik, es braucht keine Bank, um Bankgeschäfte abzuwickeln. Warum darf dann eine Bank auch nicht in den anderen Verticals wildern, so wie es die Tech-Giganten tun?

Letzten Sommer haben Banken Kontogebühren eingeführt, das ist als würde Zalando Versandkosten einführen – sicherlich ein Umsatzstopper! Es würde zu Kundenschwund im E-Commerce führen. Sich neuen Geschäftsfeldern zu öffnen und mit diesen Geld zu verdienen ist die Challenge, die zum Ziel führen könnte.

Die Generation Z wird durch digitale Mehrwerte & Technik erreicht – auch beim Payment und Banking.

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