Scheitern ja, aber bitte unauffällig.

Ein Gastbeitrag von Walter Epp  So ungefähr könnte man die Einstellung vieler Startups in Österreich zusammenfassen, die ihr Glück zunächst in kleinen Ländern suchen und dann erst in größere Länder auswandern.
FinTech in Österreich: Der perfekte Brutkasten?
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Fehler sind in der Startup-Welt willkommen – aber niemand möchte auf großer Bühne stolpern. Das ist unter anderem einer der Gründe, warum kleine Länder wie Estland, Israel und Österreich eine blühende Startup-Kultur besitzen. Die kleinen Märkte fungieren dabei auch als Testmärkte – hat man diese erfolgreich erobert, kann man skalieren. Estland hat gerade mal 1,3 Millionen Einwohner; Israel und Österreich etwas mehr als acht Millionen. Im Vergleich dazu wirkt Deutschland mit seinen mehr als 80 Millionen Einwohnern wie ein Riese. „Die Kosten für Fehler sind in kleinen Märkten deutlich geringer“, erklärt Rein Ojavere von Bondora, einer P2P-Kreditplattform aus Estland. Und ist das Geschäftsmodell erst einmal ausgereift, kann man sich in größere Märkte trauen. Das kleine Estland ist in vielen Dingen digitaler Vorreiter und hat auch vor vielen Jahren das weltberühmte Skype hervorgebracht. Dieses Phänomen sieht man nun auch in der österreichischen Fintech-Welt. Zahlreiche erfolgreiche Fintech-Unternehmer brachte das relativ kleine Land in letzter Zeit hervor: Valentin Stalf, der CEO von N26 ist eins der bekanntesten Gesichter der deutschen Fintech-Szene. Erst kürzlich hat die Smartphone Bank verkündet, 500.000 Kunden zu haben. Der Geburtsort von Stalf? Wien. Die in Deutschland (und Europa) erfolgreiche Social Trading Plattform Wikifolio kommt ebenfalls aus Wien. Der Gründer Andreas Kern konnte vor kurzem die Postfinance – eine Tochter der Schweizer Post – als Investor und Partner dazugewinnen. Die Liste der Fintechs aus Österreich ist lang. Eine umfassende Übersicht aller Fintechs, die in Österreich aktiv sind, findet sich bei Paymentandbanking.
FinTech in Österreich: Der perfekte Brutkasten?
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„Die Fintechs sind wie eine Familie“

Ebenfalls aus Österreich kommt auch das Kredit-Fintech cashpresso. Bei cashpresso könne man innerhalb von 10 Minuten einen Rahmenkredit in Höhe von bis zu 1.500 Euro bekommen. Die Plattform ist vor allem für Konsumfinanzierungen und zur Überbrückung von finanziellen Engpässen gedacht. Ein Kredit bei cashpresso soll dabei auch günstiger als der Dispo vieler Banken sein. Der cashpresso-CEO Daniel Strieder sieht den Vorteil von Österreich vor allem darin, dass Fintech-Unternehmer wie eine Familie sind: „Alle kennen sich, man pflegt einen familiären Umgang und man trifft sich regelmäßig. Egal ob Marketing, Behördengang oder mögliche Kooperationen – wir sprechen über alles. Es müssen ja nicht alle Fintechs den gleichen Fehler machen.“ Strieder setze sich auch aktiv für den Austausch unter Fintechs ein und war deshalb Gastgeber eines der ersten Fintech-Meetups in Österreich. Mittlerweile finden solche Meetups regelmäßig statt.

Fintech-Investoren in Österreich sind leider noch selten

Der Umgang mit Investoren sei ebenfalls sehr direkt. „Man kennt immer jemanden, der jemanden kennt und lässt sich dann vorstellen“, erklärt Daniel Strieder. „So finden Investoren und Fintechs in Österreich schnell zusammen.“ Allerdings hält sich die Zahl der Fintech-Investoren in Österreich noch in Grenzen. Zwar gibt es zahlreiche Risikokapitalgeber und Startup-Builder, aber nur wenige konzentrieren sich auf den Bereich Fintech. Der bekannteste österreichische Investor in diesem Bereich ist wohl Speedinvest. Ein Blick ins Portfolio und man findet dort so ziemlich jedes bekannte Fintech aus Österreich.
FinTech in Österreich: Der perfekte Brutkasten?
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Austausch auf der Tagesordnung

Die Zahl der inoffiziellen wie offiziellen Treffen unter Fintech-Unternehmern nimmt in Wien deutlich zu. Es entstehen immer mehr Meetups, Hubs und Interessengemeinschaften wie Fintech Austria. So fand in Wien auch der letzte „Bankathon“ statt – laut eigenen Angeben Europas größter Hackathon in der Fintech-Szene. „Ich finde vor allem den inoffiziellen Austausch höchst spannend“, betont Joerg Bartussek, Co-CEO von Finnest, einer Plattform zur Mittelstandsfinanzierung. Auf der anderen Seite bietet Finnest Investoren die Möglichkeit, in ein mittelständisches Unternehmen zu investieren. So haben schon Traditionsunternehmen wie der Safthersteller Voelkl und das Ski-Hotel Trattlerhof Geld über Finnest für ihre Wachstumspläne eingesammelt. Finnest stammt ursprünglich aus Wien, ist nun aber auch in Deutschland aktiv.

Österreich als Tech-Vorreiter

Zum Thema Österreich als Fintech-Hub hat Bartussek eine klare Meinung: „Bei HighTech war Österreich – trotz seiner Kleinheit – schon immer ganz vorne mit dabei. Im Mobilfunk ist das Land nach wie vor das europäische Versuchslabor für viele Innovationen.“ Auch im Bereich Medien seien aus Österreich zahlreiche erfolgreiche Unternehmer hervorgegangen. „Nicht umsonst gibt es den Begriff der ‚Medien-Ösis‘. Dazu zählen österreichische Manager, die viele der deutschen Medienkonzerne in die digitale Zukunft führten und führen.“ Ein Ende des Trends sieht der Finnest-CEO noch nicht: „Es entstehen derzeit immer mehr Coworking-Spaces und Fintech-Hubs. Die Szene entwickelt sich sehr aktiv und effektiv.“ Wir dürfen also gespannt sein, welche Innovation uns die Fintech-Nachbarn als nächstes präsentieren. Über den Autor:
Fintech in Österreich: Der perfekte Brutkasten?
Quelle: news-kontor.de
Walter Epp ist Redakteur für den Fintechinsider, einem Magazin für die Fintech-Szene. Dort finden sich Interviews, Reportagen und Studien rund um das Thema Fintech und digitale Bankenwelt. Passend zum Beitrag hängen wir auch nochmal unsere FinTech Übersicht Österreich an:

1 Kommentar

Stefan Sorell

Und „unauffällig“ sind auch k-wallet und Sweep gescheitert und nicht mehr am Markt. Daher wäre der Chart upzudaten …

31. Oktober 2017
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