EPI – gut gedacht, aber auch gut gemacht? Teil 1

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Die European Payments Initiative (EPI) ist die Idee, ein gemeinsames Zahlungssystem in Europa zu etablieren, um zum einen die Abhängigkeit von internationalen Schemes (wie z.B. Visa, Master) zu reduzieren und zum anderen einen einheitlichen europäischen Payment Markt zu schaffen.

Aktuelle Situation EPI

EPI klar und vor allem aktuell (im Sinne von zeitgemäß) zu beschreiben, ist ein komplexes Unterfangen, da sich die Mitglieder und zuweilen auch die Fokusthemen rasant ändern. Es ist wie so oft nicht einfach, das Interesse von so vielen unterschiedlichen Stakeholdern unter einen Hut zu bringen. Deshalb soll hier Platz sein für eine kurze Aufarbeitung der EPI-Historie.

  • Gestartet wurde 2020 mit der Idee, auf Basis von SCTinst (SEPA credit transfer instant – sekundenschnelle Überweisung von Zahlungen, siehe Teil 3 dieser Artikelserie) etwas Vergleichbares zu den internationalen Schemes (Visa, Master) zu schaffen.
  • Dies mündete in die Gründung der EPI Interim Company,die die Umsetzung der EPI-Ideen zum Zweck hatte und noch heute hat.
  • Seit der Gründung gab es diverse Verwerfungen zwischen den einzelnen Stakeholdern bzgl. der Finanzierung und der Ausbalancierung der unterschiedlichen Interessenslagen.
  • Die Austritte und Eintritte aus der Initiative von EPI-Teilnehmern (manchmal auch mehrmals durch den gleichen Player) zeigen deutlich, dass EPI ein heterogenes Umfeld ist, wo die europäische Idee (noch) nicht final über den nationalen Interessen bzw. den Bank-eigenen Interessen steht. Dies würde sich wahrscheinlich erst durch eine Verpflichtung durch die EU ändern.
  • Im Februar 2022 entstand die Idee von EPI Light, mit dem Ziel, den Umfang zu reduzieren und Instant Payment sowie das Bezahlwallet in den Vordergrund zu stellen.
  • Mitte 2022 dann der nächste spannende Newsblock: Die belgischen Banken im Konsortium wollen Payconiq, einen bereits bestehenden erfolgreichen belgischen A2A Scheme (Account-to-Account Überweisung zwischen bestehenden Bankkonten mit wenigen Intermediären, (siehe A2A in Teil 2 dieser Artikelserie) als Basis für eine EPI-Processing-Plattform verwenden.

Herausforderungen der EPI

Der ursprüngliche Gedanke von EPI war es – und sollte es meines Erachtens auch weiterhin sein – die gesamteuropäischen Interessen unter einen Hut zu bringen. Dies gestaltet sich jedoch schwierig, wenn sich aus den 27 SEPA-Ländern nur knapp ein Fünftel (und auch das nur mit einem Bruchteil der nationalen Banken) beteiligt. Eine wesentliche Herausforderung ist es also, irgendwann die restlichen Banken und Länder an Bord zu holen.

News EPI

Im April 2023 übernahm die EPI Interims Company, die sich zwischenzeitlich „Epi Company“ nennt, wie angekündigt den belgischen Paymentabwickler „Payconiq“ sowie den niederländischen A2A Scheme „iDeal“. Parallel wurde die neue Vision von EPI ausgerufen: Die Erschaffung einer „all-in-one digital wallet solution“ sowie eines europaweiten eigenen Payment Schemes.

Ende 2023 soll der erste Pilot in Deutschland und Frankreich starten und 2024 ist der finale Livegang in Deutschland, Belgien und Frankreich (den drei Ländern, die für die Hälfte der bargeldlosen Zahlungen im retail im Euroraum verantwortlich sind) geplant.

Einschätzung

Die Idee der Schaffung einer übergreifenden Lösung für den europäischen Markt ist meines Erachtens alternativlos, wenn europäische Angebote langfristig im Bezahlmarkt mithalten können sollen. Ich sehe folgende Aufgaben, die gelöst werden müssen, um EPI eine Zukunft zu geben:

1) Das Shareholder-Setup muss verbindlicher aufgestellt sein. Solange individuelle Interesse über die Beteiligung entscheiden, wird es immer wieder unerwartete und unerwünschte Wendungen geben.  Ggf. kann dies über die EU gesteuert werden, um die übergeordneten EU-weiten Interessen zu wahren und eine „Kompromiss-Sackgasse“ zu vermeiden.

2) Die Finanzierung muss klar geregelt sein und muss ein Mix aus privaten (EPI Shareholder) und öffentlichen Mitteln sein. Sonst wird es schwer, die Eigeninteressen der einzelnen Parteien denen der EU-weiten Interessen unterzuordnen. Dies lässt sich vermutlich nur durch eine aktive Rolle der EU bzw. ihrer Organe ermöglichen.

3) Dadurch, dass es sich bei den EPI-Shareholdern um einen losen Verbund handelt, könnten sich Schwierigkeiten ergeben bei der Aufnahme neuer Banken. Die aktuellen Shareholder treiben derzeit die Idee und investieren Zeit und Geld. Sollte die Idee fruchten und in der breiten Masse akzeptiert werden, wie werden dann neue Banken an Bord geholt? Wenn es keine Regelung gibt, die gleichermaßen die alten Investoren für ihr Risiko belohnt und dennoch für neue Beteiligte attraktiv ist, dann könnte das zu einer Stagnierung der Idee führen.

4) Der ursprüngliche „meToo“ Ansatz gegenüber Visa und Master wäre ein dünnes Argument für die Schaffung eines europäischen Schemes gewesen. Der aktuelle Ansatz eines übergreifenden europäischen A2A (mit einer deutlich schlankeren und kostengünstigeren Intermediärstruktur) klingt dagegen vielversprechend. Zum einen, da der Endkunde das Prinzip Person to Person Zahlungen bereits kennt (Stichwort PayPal), hier allerdings im Gegensatz zu den aktuellen Lösungen die Erleichterung hätte, sein bestehendes Bankkonto nutzen zu könnten, ohne einen weiteren Dienstleister hinzuziehen zu müssen.

Zum anderen läge die Kostenstruktur deutlich näher am bekannten (günstigen) nationalen Debit Modell als am internationalen (teuren) credit card model und wäre somit eine attraktive Lösung für Händler. Das geplante integrierte instant payment wäre ein weiterer Pluspunkt auf Händlerseite, da dieser sein Geld sofort erhielte, anstatt wie bisher auf die Zahlungszyklen der Card Schemes warten zu müssen.

5) Auch aus Wallet Sicht ist meines Erachtens ein reiner „meToo“ Ansatz nicht genug. Durch die Schaffung von Mehrwert kann eine Abgrenzung zu den bereits existierenden dominierenden Wallets (z.B. Google Wallet, Apple Wallet, Paypal) geschaffen werden. Es hätte Charme, die Ideen aus NOBID und eID (beschäftigen sich beide mit der Digitalisierung von Ausweisdokumenten) in die EPI Wallet Überlegungen zu integrieren, um einen neuen relevanten Mehrwert zu schaffen. Man stelle sich z.B. einen Zahlungsvorgang für FSK-Produkte vor, der eine Altersprüfung als integralen Bestandteil hat. Vor allem für Online-Käufe ein echter Mehrwert. Verschiedene Loyalty Services, wie von der CEO von EPI avisiert, können zusätzlich das Interesse sowohl bei Kunden als auch bei Händlern steigern.

Vorläufiges Fazit

Alles in allem halte ich die Neuausrichtung EPIs von einem copy cat von Visa und Master hin zu einem dezentralen Wallet mit eigenem Scheme für sehr bemerkenswert. Ein vergleichbarer Ansatz machte TWINT mit seinem Wallet zur führenden Bezahlapp im Schweizer Markt.

Was ich mir abschließen wünsche, ist eine Aufnahme von relevanten Händlern in den Shareholderkreis. Denn diese haben ebenso Interesse an schlanken, Mehrwert-stiftenden Bezahlmethoden und könnten die Ideen der Finanzindustrie mit ihrer Erfahrung bereichern.

Weitere Artikel dieser Reihe:

Mit dem zweiten Teil des Abschlussartikels geht es an dieser Stelle in den kommenden Tagen weiter – stay tuned!

Autor

  • Björn Wessel arbeitet als freiberuflicher Berater im internationalen Payment mit dem Fokus auf Retail und Mobile Payment. Als Experte berät er interessierte Konzerne und Mittelständler. Vor seiner Beratertätigkeit war er CEO bei der transactiv GmbH, einem Payment Gateway Provider. Die Turbulenzen bei der Wirecard AG bekam er als Head of POS Global Payment Product in der ersten Reihe mit. Von 2015 und 2019 hielt Björn die Rolle des COO bei der TWINT AG, wo er beim Aufbau der mittlerweile beliebtesten Payment App in der Schweiz mitwirkte. Weitere Erfahrungen konnte Björn auch als Bereichsleiter bei Payback sammeln, sowie innerhalb der Loyalty Partner Group, z.B. in der Verantwortung des Miles & More Geschäftes. Wenn er nicht arbeitet, stürzt er sich in den Familientrubel mit seiner Frau und drei sehr lebhaften Kindern.

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