Wie kaum etwas zuvor verändert die voranschreitende Digitalisierung die Spielregeln im Bankensektor. Aufgrund der heutigen Möglichkeiten, seine Bankgeschäfte jederzeit, ortsunabhängig und stark personalisiert vorzunehmen, haben sich die Kundenerwartungen an Banking-Produkte und -Services verändert. Die Folge: Etablierte Finanzdienstleister sind mehr denn je gezwungen, in innovative Techniken zu investieren und Technologietrends im Blick zu behalten. Wir schauen uns genauer an, welche Trends das Bankenwesen prägen und verändern werden.
Neue digitale Technologien und die damit einhergehende Entstehung innovativer Fintechs haben die Finanz- und Bankenbranche spätestens ab den mittleren 10er-Jahren Stück um Stück auf links gekrempelt. Denn der digitale Strukturwandel veränderte vor allem eines: die Wettbewerbs- und Marktverhältnisse. Die Zahl der sich auf Sparten wie Zahlungsverkehr, Kreditwesen oder Vermögensverwaltung konzentrierenden Fintech-Unternehmen in Deutschland stieg rasant (Stand Ende 2019: rund 900), hinzu kommt die zunehmende Konkurrenz (manche sagen: die aktuelle Hauptkonkurrenz) für Banken durch die Big-Techs:
- etwa durch die mobilen, digitalen Bezahldienste von
Amazon, Apple und Google - Kreditkarten sowohl für Käufer als auch
für Händler (Amazon) - In-App-Bezahldienste für alle Apps (Facebook)
Veränderte Bedürfnisse und Erwartungen
Durch jene Entwicklungen haben sich die Kundenerwartungen verändert: Personalisierte, zu überschaubaren Kosten offerierte Dienstleistungen und Produkte, in denen das Kunden-bedürfnis im Mittelpunkt steht. Eine bequeme, einfache Bedienung („easy to use“). Orts- sowie zeitunabhängige Beratungen und Unterstützung. Eine interaktive und schnelle Kundenkommunikation.
Das immer mehr in den Mittelpunkt rückende „einzigartige Service-Erlebnis“ (versteht das Unternehmen meine Erwartungen und setzt es mit seinen Produkten auf Nutz- und Mehrwert?) – all diese Aspekte sind für viele Kunden heute zentral.
Um diese Kundenerwartungen zu erfüllen, sind Banken mehr denn je gezwungen, ihre alten (Geschäfts-)Modelle zu überdenken. Es gilt, sich technischen Innovationen gegenüber zu öffnen und in Zukunfts-technologien zu investieren um nah am Verbraucher zu sein und seine Lebensrealität zu verstehen. Nachdem wir uns in den vergangenen schon häufiger mit dem Thema „Zukunft des Banking“ befasst haben, möchten wir in diesem Artikel vor allem auf drei wegweisende Anwendungen und entscheidende Trend-Technologien näher eingehen.
Cloud Computing im Bankensektor
Kein brandneues Thema aber ein immer wichtiger werdendes: Cloud Computing. In der IT ist Cloud Computing längst etabliert. Ebenso Banken stehen dieser technologischen Entwicklung zunehmend offener gegenüber und sehen immer häufiger davon ab, bestimmte Anwendungen lokal zu betreiben und selbst zu verwalten. Kein Wunder: Die Menge an wertvollen Daten und Informationen, die Banken (zum Beispiel über ihre Kunden) besitzen, ist enorm.
Nur ein kleines Beispiel sind die Informationen, die die Banken etwa aus unseren Kontobewegungen ableiten können. Diese ermöglichen Einblicke in die Lebenswirklichkeit und die Vorlieben der Kunden (der Lieblings-Onlineshop, oft besuchte Restaurants, die Bonität etc.). Sensible und zu schützende Daten, die es den Banken ermöglichen, personalisierte Angebote zu unterbreiten und bestehende Produkte zu verbessern und anzupassen.
Der große Vorteil von Cloud-Infrastrukturen und -Lösungen: Jene Datenmengen lassen sich viel effizienter analysieren. Und: nicht verwahren. Denn die Anbieter und Cloud-Provider stellen mit ihren Services und Plattformen, egal ob Amazon Web Services, die Google Cloud oder Microsoft Azure, enorm widerstandsfähige IT-Architektur zur Verfügung, die 24/7 erreichbar und rund um die Uhr vor Ausfällen geschützt ist.
Ein weiterer Pluspunkt des Cloud Computing: das enorme Potential zur Kosteneinsparung. Natürlich auch für Banken. Egal ob Cloud-Dienste genutzt werden um die Rechenleistung oder die Speicherkapazität zu erhöhen – in der Cloud ist der Datenspeicher nicht selten weitaus günstiger als in den lokalen Storage-Systemen und Speicherpools. Ebenso kann die durch den Einsatz von Cloud-Ressourcen und-Umgebungen entstehende Flexibilität zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Dass deutsche Banken Leistungen verstärkt an Cloud-Anbieter outsourcen zeigte bereits eine 2018 veröffentlichte Studie des globalen Netzwerks PwC. Demnach nutzten schon Ende des Jahres 2018
- 53% der Banken Cloud-Services. Und
- 30% planten künftig den Einsatz von Cloud-Lösungen[1]
KI im deutschen Bankwesen
Bereits vor einem Jahr bei uns ein heiß diskutiertes (Podcast-) Thema und Gegenstand einiger Beiträge. Ob Digital-Voice-Apps, Chatbots, Robo-Advisor, intelligente virtuelle Assistenten oder Natural Language Processing was übersetzt “maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache” bedeutet– KI-Lösungen sind bereits heute allgegenwärtig. Die beiden großen Teilbereiche der KI machen es möglich: Deep Learning und Maschinelles Lernen. Auch für die Finanzinstitute werden Systeme dieser Art von zunehmend größerer Bedeutung.
Dabei experimentieren und arbeiten Banken sowie klassische Finanzdienstleister in bestimmten Bereichen schon länger mit Künstlicher Intelligenz. Etwa im Backoffice:
Mit modernen KI-Produkten können die Geldhäuser zum Beispiel Zahlungsströme sowie jegliche Transaktionen überwachen, die Identitäten neuer Kunden checken, mit Hilfe von Algorithmen deren Kreditwürdigkeit prüfen und verdächtige Aktivitäten nachverfolgen. Die Vollautomatisierung von manuellen Funktionen stärkt demnach die Effzienz und vor allem auch die Sicherheit.
“Die Vollautomatisierung von manuellen Funktionen stärkt die Effzienz und vor allem auch die Sicherheit.”
In Zukunft werden die Institute noch viel stärker in diese Anwendungen investieren.[2] Vor allem in Machine- und Deep-Learning-Algorithmen. Sie ermöglichen den Banken unter anderem
- genauere und effizientere Prognosen
- zielführender und kostensparender zu investieren
- die Beschleunigung interner Prozesse und Entscheidungen
Und: Aufgrund der Menge an Kundendaten und „Verbraucherinfos“ (persönliche Vorlieben, Kaufverhalten, Ausgabegewohnheiten etc.), über die die Banken verfügen, werden sie ihren Kunden künftig noch mehr und passgenauere Produktempfehlungen aussprechen können. Ganz so wie man es von Amazon oder Facebook kennt: Optimierte KI-Lösungen analysieren und verarbeiten riesige Datenmengen, setzen Käufer- und Produktdaten zueinander in Beziehung[3] und werfen letztlich die exakt den Kundenwünschen und Verbraucher-bedürfnissen entsprechenden Service-, Produkt- und Dienstleistungs-Empfehlungen sowie individualisierten Angebote aus.
Und noch etwas anderes bieten mehr und mehr Banken ihren Kunden an: Die Möglichkeit, ihre Konten per Sprachbefehl zu steuern, kurz: eine Voice-Banking-Funktion.
Voice Banking: Sprachsteuerung ist Technologie der Zukunft
Schnell mal eine Überweisung per Sprachsteuerung ausführen lassen, den Kontostand auf Befehl mitgeteilt bekommen oder Voice-Kursabfragen tätigen: Für manch einen gehört es schon heute zum Alltag, Finanz- und Bankgeschäfte einfach per Stimme zu steuern.
Kannte man digitale Sprachassistenten – egal ob Siri, Cortana oder Alexa – lange Zeit vor allem als fest installierte Stationen und auf Stimmen reagierende smarte Alltagshelfer in Wohnzimmern und für Entertainment-Zwecke (Musik und Film), nutzen ebenso Banken seit einigen Jahren Sprachsysteme – und werden auf diese Weise zum allseits bereiten Finanzbegleiter und wichtigen Unterstützer im Alltag.
Der große Vorteil für den Kunden liegt auf der Hand: Voice-Banking ist bequem und spart Zeit. Das Einloggen in den Online-Banking-Account entfällt ebenso wie lästiges Tippen und Scrollen.
Zunehmende Nachfrage
In nicht allzu ferner Zukunft wird es dank digitaler Sprachassistenten und sprachgesteuerter Lösungen noch alltäglicher sein, quasi ganz nebenbei Finanzgeschäfte einfach per Sprachbefehl zu tätigen: Depotabfragen beim Hausputz, Überweisungen in der Werbeunterbrechung, Umbuchungen bequem vom Sofa aus. Durch Anweisungen und Befehle an den Sprachassistenten erhält man ohne Aufwand umgehend die gewünschte Info.
Bereits heute hat jeder dritte Deutsche Erfahrungen mit Sprachassistenten gesammelt [4]. Und laut einer im Herbst vergangenen Jahres veröffentlichten GfK-Studie können sich 26 Prozent der Menschen vorstellen, über Sprachbefehle einzukaufen.
Auch die Finanzdienstleister stellen ein erhöhtes Interesse und gestiegene Nachfragen ihrer Kunden nach sprachgesteuerten Funktionen, etwa in der Banking-App, fest. Sie rechnen damit, dass sich die die „Nutzung von Finanzanwendungen über Sprachassistenten in Zukunft durchsetzen wird“, auch und gerade bei der älteren Genration.[5]
[1] https://www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/cloud-computing-im-bankensektor.html
[2] https://www.geldinstitute.de/trends/2020/diese-trends-werden-das-bankwesen-im-jahr-2020-praegen-.html
[3] https://epic-insights.com/blog/onlineshops-optimieren-mit-hilfe-kuenstlicher-intelligenz/
[4] https://newsroom.mastercard.com/eu/de/press-releases/jeder-dritte-nutzt-bereits-digitale-sprachassistenten/
[5] https://www.it-finanzmagazin.de/postbank-digitalstudie-2019-alexa-siri-sprachassistenten-90502/