Eine Lanze für „Lending“ 

KMU-Finanzierung in Deutschland – Es wird Zeit für einen Paradigmenwechsel   

Wir Deutschen sind bekannt für unsere ausgeprägte Kultur der finanziellen Verantwortung und des Sparens. Diese Haltung, außerhalb unserer Landesgrenzen auch gern als „German Angst“ belächelt, hat die deutsche Finanzkultur geprägt.  Unsere Geschichte hat zu einem starken Bedürfnis nach finanzieller Stabilität geführt und auch dazu, dass wir tendenziell eher konservativ mit Krediten umgehen. In der Regel nehmen die Menschen in Deutschland Kredite nicht leichtfertig auf. Das ist wichtig und richtig, denn es ist generell ratsam, Finanzentscheidungen zu treffen, die auf individuellen Zielen, Risikobereitschaft und finanziellem Status basieren.

Vorsicht ist gut. Potential verstreichen lassen nicht.

Sogar im Payment & Banking Team gehen die Meinungen zum Firmenkreditgeschäft auseinander. Ich gebe zu, wir haben bereits einige Startups gesehen, die am Kreditgeschäft gescheitert sind und sich aus dem Markt zurückgezogen haben. Was falsch gelaufen ist, kann man in zahlreichen Beiträgen nachlesen. Dennoch bitte ich um Differenzierung. Lending ist nicht gleich Lending und kein Business Model gleicht dem anderen, wenn man nur einmal genauer hinschaut.

Ich bin eine echte Fürsprecherin für eine neue Generation des B2B Kreditgeschäfts und möchte hier einmal eine Lanze für Lending brechen. Nicht umsonst verkündeten Kreditplattformen in den vergangenen Monaten große Finanzierungen (Finance Forward berichtete).

Das große Potential beschrieb auch das Handelsblatt kürzlich: „2021 planten laut einer Umfrage der staatlichen Förderbank KfW nur zwei Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen, eine Internetplattform für eine anstehende Finanzierung zu nutzen. Nach Berechnungen des Handelsblatts dürften die hierzulande tätigen Plattformen inzwischen [2023] auf mehr als eine Milliarde Euro Neugeschäft pro Jahr kommen.“

Der Markt ist trotzdem nicht „underbanked“

„Die Banken erhöhen allmählich die Zinssätze für Kredite und sind vorsichtiger bei der Kreditvergabe. 29,2% jener Unternehmen, die gegenwärtig Verhandlungen führen, berichteten im September von Zurückhaltung bei den Banken.“ Sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Konjunkturumfrage. Ja, die Zinsen sind nicht gerade attraktiv, dennoch ist das Angebot da. Entgegen dem Tenor der Fintech Szene, bin ich nicht unbedingt der Meinung, dass der Mittelstand underbanked sei. Europäische Banken haben in den letzten Jahren viel Geld in die digitale Transformation investiert, nicht zuletzt machen Kooperationen von Fintechs mit Banken diesen Fortschritt möglich. Außerdem sitzen auch in Banken kluge Menschen, die den Markt genau beobachten. Vor allem beim Thema Finanzierung bekommen etablierte, krisensichere Mittelständler sicherlich sehr gute Konditionen im vertrauten Umfeld ihrer Hausbank. Oft gibt es aber auch berechtigte Gründe, Kund*innen kein Kreditangebot zu unterbreiten, zum Beispiel wenn die Zahlen nicht stimmen und die Bonität gefährdet ist. Dann wird es allerdings überall schwierig mit dem Kredit. Die Frage, die ich aber berechtigt finde, ist die, ob das Angebot von Banken immer passend zum Bedürfnis von KMU nach kurzfristigen Finanzierungsmöglichkeiten ist.

Anbieter unterscheiden sich

Ich bin bereits mit dem Appell zur Differenzierung eingestiegen und möchte ihm an dieser Stelle selbst nachkommen. Ein Unternehmen, das Kreditnehmer:innen zum Beispiel sämtliche Möglichkeiten am Kreditmarkt bietet, ist die Deutsche Firmenkredit Partner kurz DFKP. Die DFKP-Finanzierungsberatung hat Zugang zu einer breiten Palette an verschiedenen Finanzierungsprodukten – auch von Spezialfinanzierern. Ihr Vorteil? Die Kombination aus schnellen digitalen Prozessen und persönlicher Beratung.

Die DFKP ermittelt für Kund*innen allerdings nicht nur die besten Angebote, sie begleitet sie bis zur abgeschlossenen Finanzierung, unter anderem indem sie einzureichenden Dokumente aufbereitet und mit den Finanzierern kommuniziert.

Andere Modelle verfolgen reine Fintech Lender, deren Kerngeschäft die Kreditvergabe ist. Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf Embedded Lending legen, da es aus meiner Sicht die entscheidende Differenzierung mit sich bringt. Hier geht es nämlich längst nicht mehr nur um die Kreditvergabe.

Stichwort Embedded

Im besten Falle ist Embedded Lending als Tech-Produkt zu verstehen, das als Value Added Service in Plattformen eingebunden wird. Mit einer einfachen Integration erhalten Geschäftskund:innen von Plattformen direkten Zugang zu Finanzierungen.

Ein gutes Beispiel dafür ist das im Juni eröffnete Financing Hub von Qonto, über das Geschäftskund:innen Finanzierungen in ihrer direkten Bankingumgebung beantragen können. Embedded Lending gilt als zukunftsweisende Technologie, von der alle Beteiligten profitieren. Plattformen setzen sich mit der Implementierung des Kreditangebots vom Wettbewerb ab, helfen ihren B2B Kund:innen bei der Erreichung ihrer Ziele und etablieren durch Provisionsmodelle einen weiteren Vertriebskanal. Händler:innen können Kredite direkt digital innerhalb der Plattform beantragen und erhalten, was die Liquiditätsbeschaffung einfacher und schneller macht.

Was macht den Unterschied?

Embedded Lending wird am richtigen Ort zur richtigen Zeit der richtigen Kundschaft angeboten. Was bedeutet das? 

Der richtige Ort

Das Kreditangebot wird dort gemacht, wo Kund:innen bereits aktiv sind, Transaktionen durchführen, ihre Umsätze sehen oder ihre Liquidität managen: Shopsysteme, im Dashboard ihrer Verkaufsplattform, ihres Bezahlungssystems oder in ihrem Liquiditätsmanagement Tool.

Zur richtigen Zeit

Ist die Liquidität knapp oder steht Skalierung oder Wachstum an? KI-Systeme erkennen Opportunitäten und Handlungsbedarf und zeigen dies an.

Der richtigen Kundschaft

Das Angebot wird nur denen unterbreitet, die alle Kreditkriterien erfüllen, gesunde Zahlen und gute Wachstumsprogosen haben.

Zugänglichkeit und Relevanz werden mit der richtigen Platzierung der Finanzdienstleitung einfach maximiert. Möglich gemacht wird das durch wertvolle Daten. Mithilfe von Algorithmen und KI-gestützter Analyse können Kreditgeber, die ihre Finanzierungstechnologie in die Plattform integriert haben, also Kreditentscheidungen in Echtzeit treffen und attraktive, maßgeschneiderte Angebote unterbreiten.

Embedded Lending kann potenzierend wirken

Eingänglich betonte ich, dass ich kein Fan davon bin, Potential verstreichen zu lassen. Was alles möglich ist, lässt sich in einem schönen Beispiel skizzieren: Eine Plattform, sagen wir ein digitaler Marktplatz, bietet als Service neben Logistik und Marketing auch noch Finanzierung an. Ein Plattformkunde mit florierendem E-Commerce Business möchte anlässlich des Black Friday seine Lager mit extra Ware aufstocken und gleichzeitig mit Marketingmaßnahmen, in Form von Ads, auf sein Angebot aufmerksam machen. Er ist sich sicher, dass der Black Friday in diesem Jahr ein riesiges Geschäft werden kann. Jetzt sieht er in seinem Dashboard die Option zur Finanzierung. Er kann also Logistik und Marketing mit dem angebotenen Finanzierungsservice bezahlen. Rein digital. Alles aus einer Hand. Alles auf einer Plattform. Ohne Weiterleitung. Im vertrauten Umfeld.

Lending, aber richtig.

Wie beschrieben geht Embedded Lending weit über die einfache Bereitstellung von Krediten hinaus. Es umfasst vielmehr die intelligente Nutzung von Strategien, Prozessen und Daten, um die Bedürfnisse der Plattformkund*innen auf bestmögliche Weise zu erfüllen. Das Hauptziel besteht darin, Plattformen die Möglichkeit zu bieten, zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, die nicht nur die Zufriedenheit der Kund*innen steigern, sondern auch deren Bindung an die Plattform stärken. Gleichzeitig wird das Wachstum der auf der Plattform tätigen Geschäftskund*innen gefördert. Insgesamt trägt Embedded Lending aktiv zur Erreichung der Plattformziele bei und schafft eine win-win-Situation für alle Beteiligten. Das Business um die Kreditvergabe ist in den letzten Jahren stark gereift, hat sich professionalisiert und will vor allem eins nicht sein: Eine Last am Bein der Kreditnehmenden. Das Blatt hat sich gewendet hin zu Transparenz, Kundenzentrierung und smarten Mechanismen zur Optimierung des Finanzflusses.

Autor

  • Miriam Wohlfarth ist Unternehmerin, Aufsichtsrätin und Beirätin. 2009 hat sie das Payment Unternehmen Ratepay gegründet und war dort bis zum Okt 2021 Geschäftsführerin. 2020 hat sie das Fintech Banxware mitgegründet und ist dort Co-CEO und GF. Seit 2016 ist Miriam Gesellschafterin bei Payment & Banking. Sie ist außerdem Aufsichtsrätin bei Daimler Mobility AG, Freenet AG und talentsconnect AG. Weiterhin engagiert sie sich ehrenamtlich als Mitglied im Digital Finance Forum de Bundesfinanzministeriums, als Gesellschafterin bei Startup Teens e.V., als Beirätin der Programmierschule School 42 und im Kuratoriums Vorsitz des Bundesverband Deutsche Startups.

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