Marktmanipulation, künstlich aufgeblähte Bilanzen, vorgetäuschte Einnahmen – seit Wochen bestimmt der Wirecard-Skandal die Berichterstattung. Auch wir haben uns oft mit dem Thema beschäftigt, ob im Podcast oder in Beiträgen und Artikeln zum Wirecard-Skandal.
Bis heute, rund vier Wochen nach dem Insolvenzantrag, kommen immer neue Vorwürfe hinzu, von Insiderhandel bis hin zum Verdacht, auch Kooperationen und Deals mit namhaften Kunden nur erfunden zu haben.
Betrügereien, Täuschungen und illegale Machenschaften
Der Skandal um das ehemalige „Vorzeige-Fintech“ hat den Finanzplatz Deutschland erschüttert hat wie lange nichts zuvor. Doch fragwürdige Unternehmensgeflechte, hochspekulativ agierende Finanzjongleure und gefälschte Buchungen gibt es nicht erst seit Wirecard. Unsere Übersicht über einige der dreistesten Finanz- und Wirtschaftsbetrüger seit dem Jahr 2000 zeigt noch andere Beispiele raffgieriger Anlage- und Finanzbetrüger. Es ist eine bittere Chronologie perfider Vortäuschungsmechanismen und skandalöser, verbrecherischer Machenschaften:
JP Morgan:
Bei obskuren Spekulations-geschäften verzockte ein JP-Morgan-Händler (der als „London Whale“ bekannt gewordene Bruno Iksil) Anfang der 2010er-Jahre über sechs Milliarden Dollar (ca. 4,7 Milliarden Euro). Die kühnen Derivaten-Geschäfte flogen auf und brachten die – nach Bilanzsumme – größte ameri-kanische Bank damals an den Rand des Ruins:
Der Börsenkurs brach ein, Ratingagenturen stuften die Kreditwürdigkeit zurück, ein gewaltiger Imageverlust war die Folge. Später kam heraus, dass JP-Morgan-CEO James Dimon die Risikogeschäfte absegnete – und einige ranghohe Mitarbeiter lange Zeit erste Warnzeichen konsequent ignorierten.
Galleon Group:
Es war das erste Mal, dass ein Hedge-Fonds im Zusammenhang mit einem millionenschweren Insiderfall ins Blickfeld der Öffentlichkeit geriet. Hauptverursacher: Der aus Sri Lanka stammende Manager Raj Rajaratnam, Mitbegründer der Galleon-Investmentgesellschaft. Die Galleon-Group verwaltete mehre Hedgefonds und wurde von Rajaratnam sowie einigen Manager-Komplizen (u.a. von IBM und Intel) für millionenschweren Insiderhandel genutzt. Durch die illegalen Aktiengeschäfte soll Rajaratnam insgesamt 63,8 Millionen Dollar erwirtschaftet haben. Im Frühjahr 2011 sprach ihn ein Gericht in 14 Anklagepunkten (darunter Verschwörung und Wertpapierbetrug) für schuldig. Das Strafmaß betrug elf Jahre Haft, außerdem wurde Rajaratnam zu einer Geldstrafe von zehn Millionen Dollar verurteilt.
UBS:
Der ghanaische Ex-Händler und Investmentbanker Kweku Adoboli brachte der Schweizer Großbank UBS durch nicht autorisierte Handels-spekulationen Verluste in Höhe von fast zweieinhalb Milliarden US-Dollar ein. Die zwischen 2009 und 2011 betriebenen, hochspekulativen Geschäfte sorgten dafür, dass UBS, immerhin einer der zehn größten Vermögens-verwalter weltweit, phasenweise Schulden in Höhe zwölf Milliarden US-Dollar anhäufte. Adoboli wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er lebt heute in einer Hafenstadt seines afrikanischen Heimatlandes.
Société Générale:
Auch Jerome Kerviel ging als waghalsiger Trader auf unrühmliche Art und Weise in die Geschichte ein. 2008 erleichterte er seinen damaligen Arbeitgeber, die französische Großbank Société Générale, um rund fünf Milliarden Euro. Kerviel soll sich massiv verspekuliert, Scheingeschäfte getätigt und Buchungen gefälscht haben. Die genauen Hintergründe und Verstrickungen werden noch untersucht und bis heute laufen Ermittlungen sowie Verfahren gegen Kiervel.
„Mit Scheingeschäften erleichterte Jerome Kerviel seinen damaligen Arbeitgeber, die französische Groß-bank Société Générale, um rund fünf Milliarden Euro.“
Parmalat:
Im Dezember 2003 wurde bekannt, dass der italienische Lebensmittelkonzern Parmalat (Molkereiprodukte) achtmal höhere Schulden hatte als gemeldet. Insgesamt fehlten über 14 Milliarden Euro in der Bilanz. Es war einer der bis dahin größten Finanz- und Wirtschaftsskandale Europas – der auch unbescholtenen Privatanlegern viele Millionen kostet. Insgesamt verloren über 30 000 Kleinanleger sowie Investoren aufgrund der gefälschten Bilanzen ihr Geld. Ein Richter bezeichnete Parmalat damals als die „größte Schuldenfabrik des europäischen Kapitalismus“. Der Mann hinter dieser Schuldenfabrik, Firmengründer Calisto Tanzi, wurde fünf Jahre später zu zehn Jahren Haft und einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 80.000 Euro verurteilt.