„Diskussion um Payment For Order Flow (PFOF) ist ein Placebo.“

Wenig wird dieser Tage so heiß diskutiert wie das mögliche Verbot von Payment For Order Flow (PFOF), das deutsche Neo-Broker hart treffen könnte. Noch gibt es keine Entscheidung, doch in den meisten europäischen Staaten ist PFOF jedoch schon lange kein Thema mehr. Durch die Auslegung der MiFID II ist das Vorgehen vielfach bereits untersagt. Wir sprechen mit Nils-Hendrik Höcker, Country Manager Deutschland und Österreich, vom niederländischen Anbieter BUX.

Das Thema Verbot von PFOF wird aktuell heiß diskutiert und könnte deutsche NEO-Broker hierzulande hart treffen. Als Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden seid unterliegt BUX den dortigen Bestimmungen. Was heißt das konkret?

Nils: Das stimmt. BUX ist durch die niederländischen Behörden reguliert und die MiFID II wird dort ganz anders interpretiert, als in Deutschland. PFOF ist in Holland verboten. Das mag auch daran liegen, dass die Behörden schon immer stark im Interesse der Verbraucher und Anleger entscheiden und agieren.

Der Umgang mit Werbeaussagen ist ein anschauliches Beispiel dafür. In einer Kampagne müssen wir in Wort und Schrift darauf hinweisen, dass Trading ein hohes Risiko beinhaltet und man dabei viel Geld verlieren kann. Dieser Hinweis muss im Sinne der Verbraucher wirklich sichtbar sein. Diese Haltung erklärt vielleicht auch die Auslegung der MiFID II und der Frage nach Payment For Order Flow.

Verstehst du die Diskussion hierzulande um das PFOF-Verbot dann überhaupt?

In der Diskussion um PFOF fehlt mir in der Regel häufig der Blick auf die Anleger. Man darf nicht vergessen, dass die Entscheidung für oder gegen einen Broker aufgrund des Preises und der User Experience getroffen wird. Mir stellt sich die Frage, ob der Fokus der Neo-Broker tatsächlich auf dem Kundennutzen liegt, wenn zusätzlich am Payment For Order Flow verdient wird. PFOF ist aber nicht nur für Neo-Broker ein Umsatzbringer. Auch Direktbanken profitieren.

Ich bin gespannt, wie der eine oder andere Anbieter auf diese fehlenden Umsätze reagieren wird. Denn die Kostenstruktur dieser Anbieter ist eine andere als etwa unsere. Sie sind schlichtweg teurer. Wenn man über wie in diesem Fall europaweit über Regularien redet, muss man sich die Frage stellen, was mehrheitlich im Interesse der Anleger liegt.

Einen Vorteil aller europäischen New-Broker gegenüber den Direktbanken und traditionellen Banken ist die bessere Kostenstruktur und die Anlagekosten sind preiswerter. Die alte Regel „niemals einen Trade unter 1000 Euro machen“ gilt nicht mehr, denn die veränderte Kostenstruktur führt dazu, dass der Handel und Kauf von Aktien nicht mehr einer Minderheit vorbehalten ist.

Auch, wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, ob das Verbot durchgeht oder nicht: Welche Vorteile würden sich denn für ausländische Anbieter in Deutschland ergeben, wenn jetzt PFOF auch hierzulande käme?

Falls das Verbot kommen sollte, wird es Anbieter geben, die Umsatz verlieren. Für uns ändert sich nichts. Wir müssen jetzt nicht kreativ sein, um uns zu überlegen, wie wir den Umsatzverlust kompensieren. Spannend wird es für diejenigen Anbieter, die diesen Umsatzkanal auch brauchen, weil sie eine grundsätzlich höhere Kostenstruktur haben. Ich gehe davon aus, dass könnten dann wieder höhere Gebühren werden, sichtbar.

Wird es zu einem Neo-Broker Sterben in Deutschland kommen, falls PFOF kommt?

Niemals, auf keinen Fall. Die Kostenstruktur von uns und unseren Wettbewerbern ist so gut aufgestellt, dass das Geschäftsmodell funktioniert. Wir funktionieren ja ohne PFOF und das Wachstum geht trotzdem voran.

Wie kompensiert ihr denn den fehlenden Umsatzkanal durch PFOF?  

Wir haben andere Gebühren Strukturen eingeführt. Wir kassieren beispielsweise für Markt und Limit Orders jeweils eine Ordergebühr von einem Euro und für US-Aktien etwa den FX-Zuschlag von 0,25 Prozent, der auf jeden Trade anfällt. Mittelfristig überlegen wir uns auch, welche Umsatz-Kanäle wir als wirkliches Zusatzangebot anbieten können, die einen wirklichen Mehrwert über den Trade hinaus bieten.

Könnte euer Modell Vorbild für deutsche Neo-Broker werden, wenn PFOF kommt?

Wäre ich ein Anbieter, dem dieserUmsatz wegfällt, müsste ich mich wahrscheinlich mit der Frage sehr intensiv beschäftigen, wie ich das Geschäftsmodell umbaue. Sind wir ein Vorreiter in der Art und Weise, wie wir unser Business aufgesetzt haben? Das kann ich nicht sagen, aber wenn man mit dem Umstand leben muss, dass einem dieser Umsatzkanal nicht gegeben ist, dann muss man sich so aufstellen, dass die Kostenstruktur so gut ist, dass das Angebot für den Kunden trotzdem noch stark und konkurrenzfähig ist, um im Markt weiterzubestehen.

PFOF kommt, kommt nicht, kommt doch … verstehst du das Hin und Her in der Entscheidung?

Ich würde mal sehr ketzerisch behaupten, dass es wahrscheinlich alteingesessene Anbieter gibt, die ein Interesse haben, den doch rasant wachsenden Angreifern in die Parade zu fahren und das berühmte Bein zu stellen. Wenn sie davon ausgehen, dass die Umsätze aus PFOF das Wachstum beschleunigen können und ein Wettbewerbsvorteil ist, dann kann ich gut nachvollziehen, wenn es Anbieter gibt, der den berühmten Lobbyismus betreibt. Ob das dann passiert ist, weiß ich nicht. Es ist mir schlichtweg auch egal, solange wir uns darauf einigen, dass wir Produkte im Interesse der Anleger entwickeln.

Ich halte diese Diskussion für ein Placebo und eine reine Momentaufnahme. Denn mal ehrlich: was sind denn wirklich die Themen der nächsten fünf Jahre? Wir sehen doch, dass die Thematik um Embedded Finance viel relevanter wird. Was wird denn, wenn die großen Unternehmen wie Apple, Amazon und Microsoft oder chinesische Unternehmen anfangen, das Thema in ihren bereits vorhandenen Möglichkeiten umsetzen. Und die Liste an wirklich wichtigen Fragen lässt sich fortsetzen, auch in Richtung alternative Assetklassen.

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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