Die MiCA ist da! EU-Rahmenwerk für Kryptowerte mit weltweitem Vorbild-Potenzial (Teil I)

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Im September 2020 wurde der erste Entwurf der MiCA veröffentlicht – nach über zwei Jahren steht nunmehr das einheitliche EU-Framework. Es bedarf jetzt nur noch der finalen Zustimmung des Europäischen Parlaments und der Veröffentlichung im Amtsblatt. Die MiCA schafft einen EU-weiten Rechtsrahmen für Kryptowerte, Stablecoins, Märkte und Kryptowertedienstleister, die bisher nicht bzw. nicht einheitlich in der EU reguliert wurden.

Die Verordnung schafft also Rechtssicherheit und ersetzt einzelne mitgliedstaatliche Regelungen, wodurch Innovation und fairer Wettbewerb in der EU gefördert und zugleich ein hohes Maß an Verbraucherschutz und Marktintegrität gewährleistet werden soll. Die MiCA hat damit das Potenzial, eine Blaupause für einen weltweiten Regulierungsstandard zu werden.

Gastbeitrag von Dr. Anika Patz und Dr. Carola Rathke von YPOG

Welche Kryptowerte sind in der MiCA erfasst?

Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses hat die MiCA zahlreiche Änderungen erfahren. Was steht nun final in der MiCA: welche Art von Kryptowerten sind erfasst, wann ist ein Whitepaper zu erstellen und welche Regelungen gelten für Stablecoins?

Ausgangspunkt für die Anwendung der MiCA-Regelungen ist der Begriff des Kryptowertes (crypto-assets). So gilt die MiCA für Personen, die Kryptowerte ausgeben, öffentlich anbieten, zum Handel zulassen oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten in der EU erbringen (Kryptowertedienstleister, crypto-asset service provider, CASPs). Ein Kryptowert ist definiert als eine digitale Darstellung eines Wertes oder eines Rechts, der bzw. das elektronisch übertragen und gespeichert werden kann und dafür die Distributed-Ledger-Technologie oder eine ähnliche Technologie verwendet. Hierunter fallen z.B. Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC) oder Ether (ETH). Die MiCA enthält differenzierte Regelungen für folgende Arten von Kryptowerten:

  • (Signifikante) wertreferenzierte Token (asset-referenced token, ART)
  • (Signifikante) E-Geld-Token (electronic money oder e–money token, EMT)
  • Alle anderen Kryptowerte, die keine ART oder EMT sind, einschließlich
  • Utility Token.

Auch Utility Token werden nun durch die MiCA reguliert

EMT und ART werden oft als Stablecoins bezeichnet, auch wenn die MiCA diesen Begriff nicht kennt. Als EMT gilt ein Kryptowert, der vorgibt, einen stabilen Wert durch Bezugnahme auf den Wert einer offiziellen Währung – also einer staatlich ausgegebenen Währung wie dem EUR oder USD –aufrechtzuerhalten. Als EMT dürften daher Stablecoins wie USDC und EUROC qualifizieren. Als ein ART gilt ein Kryptowert, der kein EMT ist und vorgibt, einen stabilen Wert zu halten, indem er auf einen anderen Wert oder ein Recht oder eine Kombination von beidem, einschließlich einer oder mehrerer offizieller Währungen, referenziert.

Daneben werden nun auch Utility Token reguliert, die bisher in Deutschland regelmäßig nicht als Kryptowerte i.S.d. Kreditwesengesetzes angesehen wurden, nun aber als Kryptowerte i.S.d. MiCA gelten. Als Utility Token gilt ein Kryptowert dann, wenn er nur dazu bestimmt ist, Zugang zu einer Ware oder einer Dienstleistung zu verschaffen, die vom Emittenten dieses Tokens bereitgestellt wird. Sofern ein Token auch noch andere Funktionen erfüllt, muss im Einzelfall geprüft werden, ob er u.U. auch als ART oder EMT qualifiziert oder ggf. auch als Finanzinstrument i.S.d. der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II).

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Generell gilt, sofern ein Kryptowert (auch) als Finanzinstrument i.S.d. MiFID II oder als Investmentvermögen, als Einlage, strukturierte Einlage oder Verbriefung qualifiziert, sind die dazu erlassenen Richtlinien (und entsprechenden Umsetzungsgesetze) und Verordnungen anzuwenden und nicht die MiCA.

Wann bedarf es eines Whitepapers und wer muss eines erstellen und zur Verfügung stellen?

Die MiCA führt eine generelle Whitepaper-Pflicht für alle Arten von Kryptowerten ein. Für andere Kryptowerte als ART und EMT, die öffentlich angeboten werden sollen oder deren Zulassung zu einer Handelsplattform beantragt wird, ist das Whitepaper bei der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde (in Deutschland wäre das die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin) zu notifizieren. Eine Genehmigung durch die jeweilige Aufsichtsbehörde ist jedoch nicht erforderlich. Anbieter oder Personen, die die Zulassung zum Handel eines Kryptowertes beabsichtigen, müssen der zuständigen Behörde mitteilen, in welchen anderen EU-Mitgliedstaaten sie den Kryptowert anbieten oder die Zulassung zum Handel beantragen wollen. Die nationale Behörde wird dann die Behörden der anderen EU-Mitgliedstaaten entsprechend informieren, sodass das Whitepaper gepassportet, d.h. auch in diesen EU-Mitgliedstaaten verwendet werden kann.

Verantwortlich für die Erstellung und Notifizierung eines Whitepapers sind nicht nur der Emittent oder Anbieter, sondern auch der Betreiber einer Handelsplattform, der Kryptowerte zum Handel aufnehmen möchte, oder die Person, die die Zulassung zum Handel beantragt. Sofern also eine Handelsplattform einen Kryptowert auf eigene Initiative zum Handel anbieten möchte, für den es kein Whitepaper gemäß den Vorgaben der MiCA gibt, wäre diese verpflichtet, ein Whitepaper zu erstellen und zu notifizieren. Der jeweilige Ersteller eines Whitepapers haftet für unvollständige oder irreführende Angaben im Whitepaper. Das heißt, dass u.U. auch der Betreiber einer Handelsplattform für die Angaben im Whitepaper einstehen muss, ggf. zusammen mit der Person, die die Zulassung zum Handel beantragt hat, wenn der Betreiber der Handelsplattform für die Erstellung des Whitepapers verantwortlich ist. Whitepaper und Marketingmitteilungen sind zudem aktuell zu halten, solange das öffentliche Angebot gilt oder die Kryptowerte gehandelt werden.

Welche Regelungen gelten für Stablecoins und Stablecoin-Emittenten?

Um in der EU ART anbieten oder zum Handel zulassen zu können, muss der Emittent eines solchen Stablecoins ein Unternehmen mit Sitz in der EU sein und entweder durch seine zuständige Behörde eine entsprechende MiCA-Erlaubnis erhalten haben oder ein Kreditinstitut sein. Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn über einen Zeitraum von zwölf Monaten, berechnet am Ende eines jeden Kalendertages, der durchschnittliche Umlaufbetrag der ART 5 Mio. EUR oder den Gegenwert in einer anderen Währung nicht übersteigt oder sich das öffentliche Angebot der ART ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet und nur von solchen qualifizierten Anlegern gehalten werden können. In jedem Fall ist ein Whitepaper gemäß den Vorgaben der MiCA zu erstellen, das der zuständigen Behörde zur Genehmigung vorzulegen ist.

Die Zulassung als ART-Emittent und das Whitepaper gelten in der gesamten EU. Daneben hat der Emittent von ART bestimmte Organisationspflichten und Compliance-Anforderungen einzuhalten. Neben Eigenkapitalanforderungen enthält die MiCA Anforderungen an die Vermögenswertreserve (asset reserve), mit der ART unterlegt werden, sowie Vorgaben für den Rücktausch von ART gegenüber dem Emittenten. Der Inhaber eines ART kann jederzeit vom Emittenten den Rücktausch eines ART in Geld oder in Form der referenzierten Werte verlangen. Für die Ausgabe von ART sind bestimmte Grenzen vorgesehen, sodass sie nicht zu einem allgemein anerkannten Zahlungsmittel werden. So hat ein ART-Emittent die weitere Ausgabe von ART einzustellen, wenn die geschätzte vierteljährliche durchschnittliche Anzahl und der geschätzte Wert der Transaktionen pro Tag im Zusammenhang mit der Verwendung als Zahlungs- oder Tauschmittel mehr als 1 Mio. Transaktionen bzw. 200 Mio. EUR innerhalb eines einzigen Währungsgebiets übersteigen würden.

Daneben regelt die MiCA Anforderungen an EMT-Emittenten. EMT-Emittent darf nur sein, wer als Kreditinstitut oder E-Geld-Institut zugelassen ist. Die MiCA-Anforderungen gelten also zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen an E-Geld-Institute oder Kreditinstitute. Inhaber von EMT haben jederzeit einen Rücktauschanspruch gegen den Emittenten auf Erhalt von Geld, das nicht E-Geld ist. Wie auch für ART muss ein EMT-Emittent ein Whitepaper erstellen, das bei der zuständigen nationalen Behörde zu notifizieren, jedoch nicht zu genehmigen ist. Ein EMT-Emittent haftet für die Angaben im Whitepaper gegenüber den EMT-Inhabern. Zudem enthält die MiCA Regelungen, wie die bei Ausgabe von EMT erhaltenen Gelder investiert werden dürfen (insb. nur in hoch-liquide Finanzinstrumente).

Über die Autorinnen:
Carola Rathke berät in- und ausländische Banken, Finanzdienstleistungsinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften in regulatorischen Fragestellungen sowie zu einer breiten Palette von Anlageprodukten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Beratung von Unternehmen, die Distributed-Ledger-Technologien einsetzen sowie von tokenisierten (Anlage-)Produkten.

Anika Patz berät Banken, Finanzdienstleistungs- und Wertpapier(handels)institute, Investmentfondsmanager und Verwahrstellen, institutionelle Investoren, FinTechs sowie Börsen und multilaterale Handelsplätze insbesondere zu aufsichtsrechtlichen Fragen sowie Compliance- und Geldwäschethemen. Anika ist spezialisiert auf Distributed-Ledger-Technologie-(DLT-)basierte Geschäftsmodelle und regulatorische Fragen rund um die Ausgabe. Anika war als Unternehmensjuristin für die Börse Stuttgart Digital Exchange tätig. Vor ihrem Einstieg bei YPOG war sie Senior Associate bei Eversheds Sutherland im Team von Dr. Carola Rathke. Anika ist Vorstandsmitglied des AK Blockchain beim Bitkom e.V.

In eigener Sache:
Anika Patz ist auch zu Gast auf der diesjährigen CryptX und spricht mit Patrick Hansen, Peter Großkopf und Jan Ceyssens über „Die europaweite Regulierung des Kryptospace

Autor

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