Dürfen wir vorstellen: Minou Ghaffari von PAIR Finance

Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Minou Ghaffari unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen…

Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.

Diesmal beantwortet Minou Ghaffari unsere Fragen. Minou ist Head of Behavioral Science bei PAIR Finance, einem KI-basierten FinTech für Inkasso und Forderungsmanagement.

Wer bist Du, was macht Du? 

Ich bin Minou Ghaffari, Entscheidungspsychologin bei PAIR Finance. Ich komme ursprünglich aus Hamburg, habe in der Schweiz studiert und wohne nun seit zwei Jahren in Berlin. Vor meinem Job bei PAIR Finance habe ich mich im Rahmen meiner Promotion mit dem Thema Entscheidungen und ihren zugrundeliegenden Prozessen beschäftigt. Ich begeistere mich dafür zu verstehen, wie Menschen Entscheidungen treffen und welche Faktoren diese beeinflussen. Das Ziel meiner Arbeit als Head of Behavioral Science ist, die Erkenntnisse aus der Forschungsliteratur und unseren eigenen Untersuchungen in unsere Kommunikationsstrategie zu integrieren. Nebenbei gebe ich Seminare zum Thema Entscheidungspsychologie für Psychologie-Studenten.

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Erste Berührungspunkte hatte ich mit der Banking-Industrie aus der Forschungsperspektive während meiner Zeit am Max-Planck-Institut. Hier haben sich die volkswirtschaftlichen Forschungsgruppen in erster Linie mit dem Thema Bankenregulierung beschäftigt. Im angewandten Bereich hatte ich dann durch meine Tätigkeit bei PAIR Finance direkten Kontakt mit der Payment und Banking-Industrie.

Gesichter Minou Ghaffari

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

Das erste Mal habe ich den Begriff aktiv wahrgenommen, als ich mich nach meiner Promotion damit beschäftigt habe, in welchen Industrien das Thema Entscheidungspsychologie von Bedeutung ist. Als Teil von PAIR Finance und über das finleap-Netzwerk wurde der Begriff in den letzten zwei Jahren für mich dann immer präsenter.

Wie definierst Du FinTech?

FinTech bedeutet für mich die Digitalisierung von Finanzdienstleistungen. Ich denke dabei an Unternehmen, die sich bezüglich Innovation, technologischem Fortschritt und schneller Umsetzung in der Industrie als Vorreiter positionieren.

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Ich denke, dass FinTechs im Hinblick auf Struktur und Dokumentation von etablierten Unternehmen etwas lernen können. Häufig finden diese Themen gerade am Anfang wenig Beachtung und fallen dem hohen Arbeitstempo zum Opfer. Ich kann mich an einige Momente erinnern, in denen ich eine gute Dokumentation sehr zu schätzen wusste und dadurch letztendlich viel Zeit sparen konnte.

Was kann man von FinTechs lernen?

Ich bin der Meinung, dass man insbesondere bei der Produktentwicklung von FinTechs lernen kann. Um sich schnell vorwärts zu bewegen, ist es wichtig nicht direkt an der perfekten Lösung zu arbeiten, sondern stattdessen an einer, die im ersten Schritt genug ist (MVP). Viele FinTechs arbeiten auf diese Weise und können so schon früh etwas über Vor- und Nachteile eines Produktes lernen. Zusätzlich dazu kann man meiner Meinung nach bei der Entwicklung einer guten User Experience viel von FinTechs lernen.

„Bei der Entwicklung einer guten User Experience kann man viel von FinTechs lernen.“

Da der Fokus auf digitalen Prozessen und Produkten liegt, ist es umso wichtiger eine intuitive und design-orientierte Benutzung für Nutzer anzubieten. 

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Als Psychologin denke ich hier als erstes an die Widerstände, die Menschen häufig gegen Veränderungen haben. Die Bewegung von einem „Status Quo“ hin zu einer neuen Option, ist für Menschen mit psychologischen Kosten verbunden. Dieser Change-Prozess ist aus meiner Sicht eine der Herausforderungen für etablierte Unternehmen, wenn es um Digitalisierung geht. Der Vorteil junger Unternehmen ist hier, dass kein Change-Prozess stattfinden muss, sondern direkt digital gestartet werden kann.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Gesichter Minou Ghaffari

Ich würde mich damit beschäftigen, wie man Lehre zum Thema Entscheidungspsychologie innovativer gestalten könnte. Wie lassen sich neue Technologien hier noch stärker einsetzen, um Studierenden das Thema näher zu bringen und den Anwendungsbezug deutlicher zu machen?

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Ich würde mir gerne einen Tag die Arbeit des „Behavioral Insights Team“ anschauen. Das Team hat seinen Hauptsitz in London und berät Regierungen, Organisationen und Stiftungen. Ziel ihrer Arbeit ist es das Verhalten von Menschen in eine Richtung zu steuern, die eine Verbesserung für den Einzelnen und die Gemeinschaft mit sich bringt. Es wäre super interessant zu sehen, wie in diesem Kontext verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse generiert und eingesetzt werden.

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Richard Thaler! Er ist einer der führenden Verhaltensökonomen und hat 2017 den Nobelpreis für seine Forschung in dem Bereich erhalten. Er beschäftigt sich damit wie Menschen ökonomische Entscheidungen treffen und welche Anreize man setzen kann, um diese zu beeinflussen. Da würden sich bei einem Bier sicher noch mehr spannende Ideen ergeben.

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