Dürfen wir vorstellen: Hendrik Schütte von VAI-Trade
Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Hendrik Schütte unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen…
Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.
Diesmal beantwortet Hendrik Schütte unsere Fragen. Hendrik ist Head of Risk bei VAI-Trade, dem Fintech für digitale Wareneinkaufsfinanzierung.
Wer bist du, was machst du?
Ich bin seit einem halben Jahr Head of Risk bei VAI Trade und verantwortlich für die Bonitätsprüfung unserer Kunden. Außerdem entwickle ich ein neues Scoringmodell.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Ich bin aufgewachsen auf dem Dorf, hoch oben in der nordischen Metropole Etelsen, in der Nähe von Bremen. Hier heißt die Kneipe „Zum Dorfkrug“, und das erste Auto ist wertvoller als eine stabile Internetverbindung.
Ich weiß noch, wie ich 2008 vor dem Fernseher saß und sah, wie Männer in edlen Anzügen Kisten aus Glaspalästen trugen und wie in jeder Talkshow über ein neues Gespenst diskutiert wurde: Die Finanzkrise. Sie war das bestimmende Thema – und ich wollte es verstehen. Also begann ich ein duales Studium: „Banking und Finance“ bei einer regionalen Bank.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Kurz vor meiner Ausbildungszeit. In meiner Ausbildungszeit begann dann das große Zinssterben. Die Einnahmen aus dem klassischen Zinsgeschäft der Banken schrumpften. Wie aus dem Nichts entstanden Neo-Banken. Sie waren gebührenfrei und modern. Wie vor allem Neuen hatten die etablierten Banken Angst und kritisierten. Als angehender Banker interessierten mich die neuen Gedanken mehr als die etablierten. Es war spannend zu sehen, dass die Dinge, die ich in meiner Filiale lernte, von Fintechs in Echtzeit in Frage gestellt wurden, wie beispielsweise die Bonitätsprüfung.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Sehr klassisch für meine Generation. Mein erstes Konto habe ich spät eröffnet, zu Beginn meines Studiums. Mein erstes, selbstverdientes Geld habe ich dazu genutzt, um mich bei Paypal zu registrieren.
Wie definierst Du FinTech?
Ich definiere den Ausdruck „Fintech“ sehr pur. Ein Finanzunternehmen mit einem hohen Tech-Fokus. Es wird ein Bereich definiert und versucht, diesen inhaltlich aufzubrechen und eine neue, technologische Lösung für diesen zu erfinden. Der Fokus muss für mich stark auf der Automatisierung von Prozessen liegen und damit im besten Fall manuelle Arbeit ablösen
Neben der Automatisierung muss auch ein echter, innovativer Ansatz stecken. Ich finde, es wird schnell schwammig beim Begriff „Fintech“, und er wird für meinen Geschmack inflationär und zu häufig aus Marketingzwecken benutzt.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
Ich glaube, mit einer gewissen Historie kommt ein sehr wichtiges Gut zum Tragen, und das ist das Vertrauen. Das müssen sich viele Fintechs erst erarbeiten und unter Beweis stellen. Dann natürlich ein funktionierendes und profitables Hauptgeschäft. Etablierte Unternehmen haben einen langen Atem und eine Form von bescheidenem Selbstbewusstsein, das ich manchmal in der Fintech-Branche vermisse. Bei allem Mut und Willen zu revolutionären Gedanken ist eine gewisse kaufmännische Demut eine Tugend. Und „Innovation for the sake of innovation“ verbrennt zu viele Ressourcen.
Was kann man von FinTechs lernen?
Ich denke, das Wichtigste, was Unternehmen von Fintechs lernen können, ist das Experimentieren. Ich hätte nirgendwo die Möglichkeit, mit so viel Freiraum an einem eigenen Scoringmodell zu arbeiten. Mir fällt keine Branche ein, in der das spielerische Denken so sehr in professionelle Prozesse einfließen muss, um herauszufinden, ob etwas funktioniert oder nicht. Auch die Entscheidungsprozesse in Fintechs sind mit viel weniger Bedenken und Angst gepflastert. Du hast eine Idee, besprichst sie, und nach dem Meeting fängst Du einfach damit an. Dieses schnelle Ausführen ist ein Nachbrenner, den wir in der deutschen Unternehmenskultur viel stärker benötigen.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Mein Vater ist Raumfahrtingenieur und entwickelt für die NASA und Space X. Als Kind durfte ich in Cape Canaveral die Astronauten kennenlernen. Deswegen ganz klar: Ich wäre Raumfahrer.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Grab oder Patagonia. Mich würde eine nichtdeutsche Unternehmens-kultur sehr interessieren. Bei Patagonia ist der Nachhaltigkeits-ansatz so konsequent in die Unternehmensphilosophie eingewebt – allein das reizt mich sehr. Und es ist ein tolles Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit und unternehmerischer Erfolg sich nicht widersprechen.
„Nachhaltigkeit und unternehmerischer Erfolg müssen sich nicht widersprechen.“
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Ich würde gerne als Barmann Cocktails für Yvon Chouinard, Susain Cain und Kanye West mixen und allen dreien bei einem Gespräch miteinander zuhören.