Wer? Wie? Was? Seit vielen Jahren stellen wir Akteuren und Gesichtern der Branche unsere Fragen. Der Katalog in unserem beliebten Format ist dabei ein buntes Sammelsurium aus unterschiedlichen Fragen. Diese stellen wir immer mit dem Ziel, die Köpfe und Macher hinter kreativen Denkprozessen und Entscheidungen an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum vorzustellen?

Mittlerweile haben über 350 Menschen auf unsere Fragen zur Person und zu ihren Aufgabengebieten geantwortet.

Heute stellen wir vor: Camillo Werdich von Sinpex

Wer bist du, was machst du?

Mein Name ist Camillo Werdich, CEO und Co-Founder von Sinpex, dem Vorreiter für automatisierte Identifikations- und Compliance-Lösungen im B2B-Umfeld. Das klingt erst einmal sehr technisch, bedeutet aber ganz praktisch: Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung ist es uns gelungen, die Identitätsprüfung von Geschäftspartnern deutlich zu beschleunigen. Früher hat diese Prüfung mehrere Wochen oder Monate gedauert – mit Sinpex dauert sie nur noch wenige Stunden. Wir unterstützen Unternehmen dabei, auf Grundlage des Geldwäschegesetzes schwarze Schafe effizienter auszusortieren und Geschäfte mit sanktionierte Unternehmen und dahinterliegende Personen zu unterbinden.

Das Thema ist natürlich hochrelevant: In Deutschland werden jährlich mehr als 100 Millionen Euro gewaschen. Mit den Sanktionen, die die EU im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine Sanktionen gegen diverse Personen verhängt hat, hat die Prüfung noch einmal an Bedeutung gewonnen.

Wie sieht ein klassischer Tag in deinem Leben aus?

Ich stehe in der Regel früh auf, beantworte E-Mails und nehme mir eine Stunde Zeit, um verschiedene Zeitungen digital durchzublättern. Dann geht es meistens ins Büro. Natürlich kann man bei uns auch remote arbeiten, aber ich persönlich mag den persönlichen Kontakt zu den Kolleg:innen. In der Mittagspause gehe ich gerne mal im Eisbach surfen. Das ist die natürliche Welle in München. Das kalte Wasser und das Adrenalin machen den Kopf frei und ich starte die Kundentermine am Nachmittag mit neuer Energie.

Was reizt dich an deiner Tätigkeit?

Mich reizt es, dass als Gründer jeder Tag anders aussieht. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen, für die es Lösungen braucht. Außerdem ist es einfach ein super Gefühl, Meilensteine zu erreichen und das Geschäft zu skalieren. Wir sind gerade mitten im Wachstumsprozess – das ist eine wahnsinnig spannende Zeit.

Wolltest du schon immer in einem Fintech arbeiten?

Tatsächlich war das gar nicht mein Plan. Ich wollte eigentlich in die Strategieberatung gehen, dort Karriere machen, weiter ins Investmentbanking und dann vielleicht eines Tages gründen. Dann hatte ich meinen ersten Job bei einem großen Wirtschaftsprüfer im Bereich Compliance und Digitalisierung – und da kam mir zufällig die Geschäftsidee für Sinpex.

Bei besagtem Wirtschaftsprüfer arbeitete ich mit einem ganzen Team daran, die Geschäftspartner einer Großbank zu überprüfen. Das zog sich über Monate, obwohl die Prozesse repetitiv waren. Zusammen mit meinem Mitgründer Jannick Metzner habe ich den Algorithmus entwickelt, der heute die Grundlage von Sinpex ist. So habe ich die Strategieberatung übersprungen und ein Fintech gegründet.

Wie begeisterst du andere Menschen von deinem Job?

Natürlich klingen Compliance und Know-Your-Customer (KYC) etwas trocken. Aber wenn man sich die Ergebnisse unserer Arbeit ansieht, wird klar, worum es wirklich geht: Wir bekämpfen Finanzkriminalität.

Für mich ist es immer noch ein besonderer Moment, wenn unsere Kunden durch unsere Hilfe Verdachtsfälle sofort erkennen und mit solchen schwarzen Schafen gar nicht erst Geschäfte eingehen. Also wenn wir jemanden identifiziert haben, der unter Geldwäscheverdacht oder auf einer Sanktionsliste steht. Da zeigt sich die Wirkung von unserem Geschäftsmodell – wir können schnell und effizient große Mengen an Daten überprüfen. Gerade in der aktuellen geopolitischen Lage ist es wichtiger denn je, Sanktionslisten und Verstöße gegen das Geldwäschegesetz konsequent zu verfolgen.

Wie definierst du Erfolg?

Erfolg ist für mich, wenn wir gesteckte Ziele erreichen und die Kunden unseren Service nicht einfach nur nutzen, sondern ihn sogar gerne nutzen. Im Idealfall schreibt ein Vorstand nach getaner Arbeit, wie glücklich er über unsere Software ist. Das ist für mich Erfolg.

Welche Fähigkeiten in der Payment- und Banking Industrie erachtest du für wichtig?

Eine der wichtigsten Fähigkeiten in der Payment- und Banking-Industrie ist die Offenheit für Innovationen. In der Lage zu sein, Neues ausprobieren – auch wenn man für einen etablierten Player arbeitet, dem es vielleicht gerade gut geht. Der Bereich Compliance ist da ein anschauliches Beispiel: Eigentlich ist dieser Bereich komplett risikoavers und das aus gutem Grund. Schließlich kann man sich hier als Unternehmen strafbar machen. Aber Innovation kann das Arbeiten dennoch deutlich erleichtern.

Was hast du immer in deiner Tasche dabei?

Einen Laptop – ich möchte einfach zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, auch an Dingen zu arbeiten, die am Smartphone nicht möglich sind.

Was kann man von dir besonders gut lernen?

Was ich wirklich gut kann und was ich gerne weitergebe, ist: Komplexität auflösen. Ich habe einen Ingenieurshintergrund, habe Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Andererseits habe ich im deutlich weniger technischen Fach BWL promoviert.  Die Kombination macht’s. Wenn man Komplexität reduzieren will, muss man ein Problem aus verschiedenen Perspektiven verstehen, Interessen ausgleichen und einen gemeinsamen Nenner finden.

#Team Homeoffice oder #Team Büro, warum?

Menschen mit dir im Raum verhalten sich anders, als wenn du sie vor einem Bildschirm triffst. Manche Beziehungen lassen sich nur persönlich aufbauen. Mir ist es auch wichtig, ein Gefühl für meine Mitarbeitenden zu bekommen, das funktioniert rein virtuell nicht so leicht. Trotzdem ist es bei uns möglich, auch remote zu arbeiten und wir gewähren da alle Freiheiten.

In welchem Unternehmen würdest du außerhalb unserer Industrie gerne einmal Mäuschen spielen?

In meiner Branche würde ich natürlich gerne mal bei der BaFin hinter die Kulissen schauen.

Aber Spaß beiseite: Außerhalb der Industrie würde mich die Arbeit von Ärzte ohne Grenzen oder Ingenieure ohne Grenzen interessieren. Das würde den Blick noch einmal für viele Probleme in der Welt schärfen, die in meinem Alltag unter dem Radar fliegen.

Wenn du dich vor zehn Jahren treffen würdest: Welchen Tipp würdest du dir mitgeben, um beruflich erfolgreich zu sein?

Ich würde mir Mut zureden, Ideen früher auszuprobieren. Ich war am Anfang meiner Karriere noch risikoscheu, weil ich Fehler vermeiden wollte. Da habe ich mich in den letzten Jahren sehr verändert, und das würde ich meinem jüngeren Ich gerne früher mitgeben.

Wenn ich im Finanzministerium etwas zu entscheiden hätte, dann würde ich ….?

Ich würde die Beteiligung von Mitarbeitenden an Start-ups sofort steuerfrei machen und Start-ups fördern. Ich weiß, dass da schon viel getan wird, aber es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns, um Deutschland für Start-ups noch attraktiver zu machen.

Wenn ich einen nennenswerten Betrag im Lotto gewinnen würde, würde ich …?

…versuchen, Bildungsinitiativen für das Unternehmertum an den Universitäten und Schulen zu fördern. Deutschland hat so viele kluge Köpfe und wir können Technologie! Was fehlt, ist eine stärkere Förderung dieser Talente.

Wenn ich jeden Tag das Gleiche essen müsste, wäre das …?

Italienische Küche

Wenn ich dauerhaft in einem anderen Land leben dürfte, dann wäre das …?

In den USA – dort herrscht einfach eine ganz andere Geschwindigkeit in der Business-Welt. Die Kultur ist offener für Innovationen. Aber der größte Unterschied ist die Offenheit für das Scheitern: Was in Deutschland als Fehlschlag gilt, wird dort als eine wichtige Erfahrung auf dem Weg nach oben gesehen.

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