Die dunkle Seite von Bargeld

Die Dunkle Seite von Bargeld

Bargeld lacht. Nur Bares ist Wahres und Geld stinkt nicht. Bei solchen Weisheiten wundert es nicht, das wir Deutschen Bargeld lieben wie kein anderes Land der Welt. Auch wenn die barlosen Zahlungsarten jedes Jahr etwas an Akzeptanz zunehmen, wird der überwiegende Teil in Deutschland immer noch bar bezahlt. Das es einen Verein zur Schützung des Bargeldes gibt wundert dann auch nicht mehr. Wie erstrebenswert ist es am Bargeld so sehr festzuhalten? Eine Sicht auf die Schattenseiten der Barzahlung.

Bargeldversorgung

Im Jahr 2015 gab es in Deutschland 61.000 Geldautomaten. Heute sind es “nur noch” ca. 58.000 Geldautomaten. Die Kosten pro Geldautomat liegen zwischen 20.000 und 25.000 Euro im Jahr, was bei 58.000 Geldautomaten eine beachtliche Summe von ca. 1,45 Milliarden entspricht. Auch wenn inzwischen Retailer wie REWE, dm und Co. die Möglichkeit bieten, Bargeld auszuzahlen, ist die Bargeldversorgung teuer. Denn zu den Kosten die der Betrieb von Geldautomaten mit sich bringt, kommen die Kosten der Bargeldversorgung (und -Entsorgung) des Einzelhandels. Im Jahr 2013 betrugen die Kosten für Bargeld für den Handel auf fast 7 Mrd. Euro. Auch die Herstellung für Münzen und Scheine ist nicht umsonst. Alles in allem belaufen sich die Kosten fürs Prägen und Drucken auf jährlich etwa 72 Millionen Euro. Anders ausgedrückt: damit der Konsument ein vermeintlich anonymes Zahlungsmittel nutzen kann, laufen im Hintergrund eine ganze Reihe an Prozessen, die in Summe alles andere als günstig sind. Dafür bezahlen muss am Ende eben dieser Konsument: durch Steuern, Kontoführungsgebühren oder teurerer Produkte.

Wenn Bares zur explosiven Gefahr wird

Früher wurden Banken überfallen, heute Geldautomaten gesprengt. Im Oktober letzten Jahres kam tragischer Weise ein junger Mann durch einen absichtlich zur Explosion gebrachten Fahrkartenautomat ums Leben. Alleine im Jahr 2017 wurden laut BKA in Deutschland 268 Geldautomaten gesprengt, von denen die Hälfte erfolgreich war. Auch Skimming, also das manipulieren von Geldautomaten, ist immer noch ein Thema. Zwar wurde der Rekord des Jahres mit 3.183 Attacken nicht erreicht, aber mit ca.500 Angriffen im Jahr 2017 nehmen diese Angriffe wieder zu. Insgesamt entstand ein Schaden von 2,2 Millionen Euro durch Skimming.

Die Dunkle Seite von Bargeld


Geld stinkt nicht. Macht aber krank.

»Pecunia non olet!« – Das Geld nicht stinkt, dachte schon der römische Kaiser Vespasian. Das es nicht stinkt mag sein. Aber es kann krank machen. Um zu überprüfen ob Bargeld dazu beitragen kann Epidemien zu verbreiten haben Wissenschaftler im Projekt “Dirty Money” untersucht, welche Bakterien und Viren sich so auf einem Geldschein tummeln. Die auf Baumwollfasern basierenden Banknoten, wie zum Beispiel der Euroschein, begünstigen von Natur aus eine bakterielle Vermehrung, da ein Geldschein mehr Risse aufweist als Banknoten auf Polymer-Basis. Eine DNA Analyse von 80 Banknoten brachte 3000 Arten von Bakterien zum Vorschein, von denen einige den Wissenschaftlern sogar unbekannt waren. Dazu gesellten sich Spuren von Milzbrand, Diphtherie und verschiedener Drogen. Mit Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Helicobacter pylori und Corynebacterium diphtheriae fanden sich auch Bakterien, die als multiresistent gelten.

Ob da die Aussage das: “Die Gefahr der Übertragung von Viren und Bakterien sei bei Bargeld nicht größer als bei Zeitungen und wahrscheinlich kleiner als bei der Tastatur von Kartenterminals” von Carl-Ludwig Thiele, ehemaliges Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, beruhigt darf bezweifelt werden.

Barzahler sind langsamer unterwegs

Zu dem Ergebnis kam die Studie der Bundesbank aus dem Jahr 2017 jedoch nicht. Dort war die Barzahlung bei kleinen Beträgen immer schneller als die Zahlung mit Karte durch Pin oder Unterschrift. Bei größeren Beträgen ab 30 EUR war die Kartenzahlung mit einem Unterschied von 0,5 Sekunden nahezu gleichauf der Barzahlung. Wie wichtig die Geschwindigkeit am POS ist, darüber kann man geteilter Meinung sein, aber das Ergebnis war eindeutig. Wer Bar zahlt ist schneller unterwegs. Was nicht getestet wurde war der Vergleich mit einer kontaktlosen Girocard, Kreditkarte oder mobile Payment mit Apple oder Google Pay. Mobile Bezahlverfahren gab es von Google und Apple in Deutschland nicht, aber kontaktlose Karten sind schon weit verbreitet. Durch den Wegfall der Pin bei kleinen Beträgen durch Kartenzahlungen und der komplette Wegfall der Pin bei Google und Apple Pay, dürfte dieser Vorteil der Barzahlung inzwischen Geschichte sein.

Wer bar zahlt, zahlt anonym?

Bargeld ist von Natur aus anonym und liefert keinen Bezug zum Konsumenten. Es kann kein Rückschluss zum Geschäft oder Warenkorb hergestellt werden. Die auf Banknoten vorhandene Seriennummer gibt Rückschluss auf das herausgebende Land, sowie das Land in dem die Banknote gedruckt wurde – mehr nicht. So lange man das Geld nicht durch Erpressung oder ähnlich dunkle Geschäfte bezieht und man deshalb zur Nachverfolgung gespeicherte Banknoten im Besitz hat, ist man anonym unterwegs. Deshalb eignet sich Bargeld hervorragend für Bezahlungen krimineller Dinge, sei es der Kauf von waffenfähigem Plutonium beim Dealer seines Vertrauens oder für sonstige Schwarzgeldzahlungen. Wer hingegen nicht möchte, das irgendwer weiß wo man im Retail eingekauft hat, der sollte nicht nur bar bezahlen, sondern auch sein Smartphone zu Hause lassen. Google nutzt beispielsweise unterschiedliche Möglichkeiten um Konsumenten beim Besuch eines Retail-Stores, Restaurant oder Museum zu tracken.

Die Dunkle Seite von Bargeld

Wer also ein Android-Smartphone oder eine Google App nutzt sollte vorher sehr genau seine Einstellungen kontrollieren, will er nicht erfasst werden. Auch sollte man dann einen ganz Bogen um Loyalty-Programme wie Payback, Deutschland Card und Co. machen. Immerhin 75 Prozent der Deutschen nutzten 2016 bereits Kundenbindungsprogramme wie Payback und Co. Anonym ist man da nicht mehr unterwegs, denn oft wird nicht nur der Store bei der Nutzung erfasst, sondern auch der Warenkorb. Anders übrigens bei einer reinen Kartenzahlung. Wer also mit Karte zahlt, ist zwar nicht mehr anonym unterwegs – den Warenkorb kennt der Händler oder die Bank trotz vieler urbaner Legenden trotzdem nicht.


Fazit

Jeder soll wann immer er möchte bar bezahlen. Wir sind in Deutschland weit davon entfernt Bargeld abzuschaffen. Aber letzteres wäre in einer digitalisierten Gesellschaft die logische Konsequenz. 90% der Deutschen sind laut ARD/ZDF Online-Studie online und dementsprechend digital. 57 Millionen Deutschen haben ein Smartphone. Wir bezahlen heute auch nicht mehr mit Perlen und Muscheln, warum sollten wir in Zukunft noch mit Papier bezahlen? Die Angst vor einem Blackout, einem Crash, ist ein valides Argument, aber sollte uns das davon abhalten in die Zukunft zu schauen? Fliegen, mit dem Auto fahren oder die Bahn zu benutzen, nichts davon ist zu 100 Prozent sicher und trotzdem gehen wir nicht ausschließlich zu Fuss. Die Angst vor barlosen Zahlungen scheint eine ähnliche zu sein, wie die Angst vor allen neuen Technologien. Statt dagegen zu sein, sollte man sich viel mehr mit den Möglichkeiten und Vorteilen beschäftigen und dann entscheiden. Nicht umgekehrt.

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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