Die Branche hat viel erreicht. Lasst weitere Chancen jetzt nicht liegen!

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Die deutsche Fintech-, Banken- und Paymentlandschaft hat in den vergangenen Jahren viel erreicht, darf man ja auch mal sagen. Chancen sind da, aber da ist noch einiges zu tun.

Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ ab sofort monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Ich weiß, zumeist habe ich so einiges zu meckern, wenn es um die deutsche Payment- and Banking-Landschaft geht. Nach einem Jahr mit dieser Kolumne muss aber auch mal ein wenig Platz für warme Worte, für Glückwünsche, für ein paar Komplimente sein. Immerhin hat sich die Szene in den vergangenen zwölf Monaten und den Jahren zuvor, doch eigentlich ganz prächtig entwickelt. Sie haben viele Chancen aufgegriffen. Zu nörgeln habe ich dennoch das ein oder andere, aber dazu später. 

Schauen wir auf die vergangenen Jahre, haben es viele deutschen Firmen aus diesem Bereich geschafft, sich zu etablieren, zu wachsen und auch einigen Deutschen ein Begriff zu werden. Dank Wirecard weiß immerhin die ganze Republik jetzt, wie ein Zahlungsdienstleister funktioniert, was Drittpartnergeschäft ist und dass man nur gut rechnen muss, um in den Dax zu kommen. Yippieh!

Die Branche ist erwachsen geworden

Oder nehmen wir zum Beispiel mal N26. Sich an denen sich abzuarbeiten mach wirklich Spaß. Keine Frage, aber sie haben es auch geschafft, ein echter Konkurrent im Bankingbereich zu werden – national wie international. V̶e̶r̶l̶u̶s̶t̶e̶  … äh, Verzeihung!, neue Kunden verzeichnen sie bereits wie die Großen der Branche. Ihnen haben wir es darüber hinaus zu verdanken, dass die Start-up-Branche endlich mal über Betriebsräte in den eigenen Reihen spricht und dass das Thema Geldwäsche auch dem sonst wirtschaftlich uninteressierten Leser zumindest ein Begriff ist. Merci, Merci! 

Oder Trade Republic: Die Jungs haben es geschafft in kürzester Zeit so viele Menschen vom Aktienmarkt zu überzeugen wie vermutlich zuletzt Ende der 1990er die Telekom-Aktie. Und das will schon etwas heißen. Zudem haben sie geschafft, wovon viele träumen: Sie haben ein Feature über d̶a̶s̶ ̶G̶a̶m̶e̶s̶t̶o̶p̶-̶D̶e̶s̶a̶s̶t̶e̶r̶  sich auf auf der Seite der Tagesschau ergattert. 

Und klar, in Zeiten der Coronapandemie wären wir ohne Videoauthentifizierung vollkommen aufgeschmissen gewesen. Hätten sich da nicht einige Firmen wie IDNow oder WebID früh nach vorne getraut, müsste ich heute immer noch bei der Post anstehen, wie schrecklich! Heute kann ich die Identifikation n̶a̶c̶h̶ ̶2̶5̶ ̶W̶a̶r̶t̶e̶m̶i̶n̶u̶t̶e̶n̶ quasi sofort und s̶i̶e̶b̶e̶n̶ ̶f̶e̶h̶l̶g̶e̶s̶c̶h̶l̶a̶g̶e̶n̶e̶n̶ ̶V̶e̶r̶s̶u̶c̶h̶e̶n̶ ̶ganz einfach in der Unterhose vom Küchentisch aus durchführen. Geht vielleicht nicht schneller, ist aber immerhin luftiger – also in der Wohnung, nicht ohne Hose. 

Chancen gibt es genug: Schaffen die Unternehmen es, sie zu ergreifen?

Die Liste der ergriffenen Chancen ließe sich jetzt noch endlos weiterführen, aber was ich damit sagen will: Auch wenn nicht jedes Wachstum ohne Probleme lief – das wäre vermutlich auch unheimlich – hat es die Szene der Fintechs und auch vieler Paymentanbieter geschafft, erwachsen und noch relevanter als zuvor zu werden. Wer hätte schon gedacht, dass ich in Deutschland eines Tages tatsächlich mit der Karte zahlen kann? Wer hätte gedacht, dass das sogar mit einem Smartphone geht? Und wer hätte gedacht, dass die Sparkassen erst den Aufstand probten und dann doch vor dem Konzern aus den USA einknicken? Nun gut, eine der Entwicklungen hätte man sicherlich sehen können, aber das mit der Karte hat mich dann doch überrascht. 

Diesen Weg nun gilt es in den kommenden zwölf Monaten weiter zu gehen. Es gibt viele Baustellen für die kleinen Fintechs sowie für die großen Banken und die vielen Paymentanbieter, die irgendwo in der Mitte sind. Buy now, pay later will etabliert und dann für unnötig befunden werden. Unser liebster Branchenverband Bitkom muss noch etwa zehn Studien dazu herausgeben, dass die Deutschen die Kartenzahlung oder Mobile Payment für sich “entdecken”, die Paymentanbieter müssen überlegen, wie sie die EC-Karte an die E-Auto-Terminals bekommen und wie die Banken und Fintechs noch grüner werden – und vielleicht bekommen wir ja sogar einen digitalen Euro. 

Auch die Liste mit all diesen Chancen ließe sich ähnlich weiter führen wie all die Errungenschaften der vergangenen Monate. Wichtig ist nun, dass diese auch genutzt werden. Und für alles, was dann nicht oder doch ganz anders kommt, werden wir schon ein bisschen was zu nörgeln finden. Das verspreche ich. 

Headerbild: iStock Bildnachweis: Sezeryadigar

Autor

  • Nils Wischmeyer ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und schreibt unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, die Wirtschaftswoche und die brandeins. An der Finanzbranche findet er (fast) immer was zum Nörgeln.

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