Frauen sind in der Payment- und Bankingbranche noch immer unterrepräsentiert. Wie sich das ändern lässt, erzählen acht inspirierende Frauen aus der Industrie. 

In Berlin ist der internationale Frauentag zurecht ein Feiertag, in der Payment- und Bankingbranche eher ein Tag der Trauer. Denn noch immer sind Gründerinnen ebenso eine Seltenheit wie Frauen in Führungspositionen oder generell in der Industrie. Was muss sich ändern, damit mehr weibliche Führungskräfte und Expertinnen in die Branche kommen? Und was wünschen sich die Frauen, die schon heute wichtige Persönlichkeiten in diesem Bereich sind? Wir haben bei der von Payment & Banking veranstalteten PEX2024 nachgefragt.

Christine Wolkersdorfer, Head of Key Account Management, First Cash Solution:

„Beteiligt euch”

„Anlässlich des Frauentags betone ich die Bedeutung der gegenseitigen Unterstützung unter uns Frauen in unserer Branche. Es ist entscheidend, dass wir präsent sind, wahrgenommen werden und Gelegenheiten erhalten, über die Themen zu sprechen, die uns am Herzen liegen.

Ich bin dankbar, dass wir bei PEX die Chance haben, einen solchen Schwerpunkt zu setzen. Daher lade ich euch ein: Nutzt diese Möglichkeit, bringt eure Anliegen zu den Payment Events, beteiligt euch als Speakerinnen oder in anderer Form als Teilnehmerinnen und tragt aktiv zur Gestaltung des Geschäfts bei.”

Miriam Wohlfarth, Co-Founder, Payment & Banking:

„Wir müssen Nachwuchstalente gewinnen”

„In der gesamten Fintech- und Payment-Branche sind Frauen leider immer noch unterrepräsentiert. Es besteht ein dringender Bedarf an mehr sichtbaren weiblichen Führungskräften, um andere Frauen zu inspirieren und anzuziehen. Dieses Phänomen ist nicht nur in der Fintech-Branche, sondern in vielen Sektoren verbreitet, bei denen der Bereich Finanzen traditionell von Männern dominiert wird.

Um dies zu ändern, müssen wir aktiver darauf hinarbeiten, Nachwuchstalente zu gewinnen und zu fördern. Die Fintech-Branche bietet spannende Möglichkeiten und ist äußerst interessant. Eine Möglichkeit, Sichtbarkeit zu erhöhen, ist das Networking. Ich ermutige Frauen, auch allein Konferenzen zu besuchen und neue Kontakte zu knüpfen. Es ist wichtig, präsent und sichtbar zu sein.

Darüber hinaus sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Community innerhalb der Fintech-Welt stärken können, insbesondere für Frauen, die sich unsicher fühlen, alleine an Veranstaltungen teilzunehmen. Vielleicht könnten wir spezielle Formate entwickeln, die diesen Bedarf adressieren, ohne dabei eine Abgrenzung zu Männern zu schaffen. Es geht vielmehr darum, eine inklusive Gemeinschaft zu fördern, in der sich alle vernetzen können.

Zum Frauentag ist mein Wunsch, dass die Diskussion über die Unterrepräsentation von Frauen in der Branche obsolet wird, weil Geschlechtergleichheit etwas Selbstverständliches sein sollte. Ich appelliere an alle Frauen: Tretet der Branche bei und lasst uns nicht länger allein an diesen Tischen sitzen.”


Hella Fuhrmann, Country Managerin Deutschland, Österreich und der Schweiz, Adyen

„Es ist wichtig, etwas Neues zu wagen”

„Die Frage, warum es weniger Frauen in der Fintech-Branche gibt, sollte nicht im Mittelpunkt stehen. Wichtiger ist, was wir dagegen tun können. Ich sehe eine wesentliche Rolle darin, sicherzustellen, dass wir frühzeitig das richtige Talent identifizieren und fördern. Talent findet man nicht ausschließlich innerhalb der Branche. ; Unternehmen müssen flexibel sein und offen für Quereinsteiger. Proaktivität ist hierbei der Schlüssel.

Mein persönlicher Weg in die Branche begann durch die Ermutigung einer Freundin. Ohne diese Anregung hätte ich vielleicht nicht den Schritt gewagt. Es ist essentiell, aktiv auf Talente zuzugehen und sie für die Arbeit in der Industrie zu gewinnen, beginnend bei Junior-Positionen bis hin zu Führungsrollen. Wenn wir früh genug ansetzen und das richtige Talent ansprechen, wird sich das positiv auf die Branche auswirken und Frauen ermutigen, Risiken einzugehen.

Es ist bekannt, dass sich Frauen oft nur auf Positionen bewerben, von denen sie glauben, sie zu 100 Prozent zu erfüllen. Doch in einer sich schnell entwickelnden Branche wie der Fintech-Industrie ist es selten, dass jemand bereits alle Anforderungen vollständig erfüllt. Deshalb ist es wichtig, auch mal etwas Neues zu wagen, ein Netzwerk aufzubauen und aktiv nach Chancen Ausschau zu halten.

Letztendlich liegt die Verantwortung auch bei den Unternehmen, eine Umgebung zu schaffen, die Vielfalt fördert und es Frauen erleichtert, in der Branche Fuß zu fassen und zu glänzen.”


Lea Frank, Co-Founder & CEO, Anybill

„Es ist wichtig, Vorreiterin zu sein, denn dadurch inspirieren wir andere”

„Wie in vielen Bereichen mangelt es auch in der Fintech-Branche oft an Vorbildern, was es für viele Frauen schwieriger macht, sich selbst in bestimmten Rollen zu sehen. Ein wesentliches Problem ist, dass wir Frauen dazu neigen, zu viel darüber nachzudenken, was wir nicht können oder noch nicht erreicht haben. Diese Denkweise sollten wir hinter uns lassen. Häufig ist es auch für Männer eine neue Erfahrung, auf einem Panel zu sitzen oder eine bestimmte Position zu bekleiden.

Es ist entscheidend, Mut zu fassen und den ersten Schritt zu wagen, auch wenn es bedeutet, über den eigenen Schatten zu springen – leichter gesagt als getan, das ist mir bewusst. Doch es ist wichtig, Vorreiterin zu sein, denn dadurch inspirieren und motivieren wir auch andere Frauen.

Die Teilnahme an einem Panel oder das Einnehmen einer Position, bei der man sich zunächst unwohl fühlt, kann genau der Impuls sein, der notwendig ist, um Veränderungen anzustoßen. Gerade das Verlassen der eigenen Komfortzone, auch wenn es bedeutet, die einzige Frau am Tisch zu sein, kann eine Chance sein, etwas zu bewegen.

Deshalb sollte jede Frau, die die Möglichkeit hat, diese auch nutzen. Und falls du noch nicht aktiv eine solche Chance erhalten hast, setze dich dafür ein, zeige Eigeninitiative und biete dich proaktiv an. Das Engagement innerhalb des Unternehmens kann dazu beitragen, sichtbarer zu werden und Veränderungen herbeizuführen.”

Ramona Bobbert, Director Corporate & Real Estate Law, Zalando

„Traut euch!”

„Die Frage, warum tatsächlich zu wenige Frauen in bestimmten Bereichen vertreten sind, erlaubt mir nur einen begrenzten Einblick in die Welt der Frauen, speziell aus der Perspektive der Juristen. Heute haben wir es nicht vollständig geschafft, aber Susanne Grohé, die unser Panel leitete, wollte bewusst ein Frauenpanel organisieren. Sie betonte, dass es durchaus viele Juristinnen gibt, die im Payment-Sektor tätig sind – und ich stimme ihr zu, da ich selbst viele kenne. Meine Erfahrung zeigt, dass es nicht unbedingt an einem Mangel an Frauen im Bereich der Juristen und Payments liegt.

Es scheint eher so, dass zu wenige Frauen Interesse an diesem Sektor zeigen. Deshalb mein Appell: Traut euch! Die Arbeit in diesem Feld ist nicht etwas, das man im Studium lernt, sondern ein äußerst spannendes und vielfältiges Gebiet.

Die Herausforderung besteht darin, sich diesem technisch anspruchsvollen Bereich zu stellen, was für Juristen generell und möglicherweise für Frauen im Besonderen eine Hürde darstellt. Aber ich möchte betonen, dass es nicht so kompliziert ist, wie es scheint. Traut euch, den Schritt zu wagen und euch dieser spannenden Branche zu öffnen!”


Silke Finken, Professorin für Innovationsmanagement, ISM International School of Management

„Habt den Mut euch zu zeigen”

„Ich werde oft darauf angesprochen, dass ich eine der wenigen Frauen bin, die auf Konferenzbühnen und in Panels präsent sind. Mein Rat an junge Frauen lautet daher: Habt den Mut, euch zu zeigen! Es ist nicht notwendig, perfekt zu sein. Oft denken wir, dass alles perfekt sein muss, aber tatsächlich ist niemand perfekt.

Ich wünsche mir, dass mehr Frauen in technischen Berufen, im Fintech-Bereich und darüber hinaus, Selbstvertrauen zeigen und sich nicht ständig Perfektion abverlangen. Traut euch, aktiv zu werden, und seht Fehler als Gelegenheit zum Lernen.

Lasst uns nicht von der Angst vor Unvollkommenheit zurückhalten, sondern diese als Teil unseres Weges akzeptieren.”


Jaqueline Mühlhausen, Business Development Manager, Volt

„Wir Frauen haben das Potenzial”

„Frauen sind in bestimmten Branchen, wie beispielsweise der Payment-Branche, möglicherweise noch nicht ausreichend vertreten. Dies liegt teilweise daran, dass wir Frauen oft dazu neigen, in unseren Komfortzonen zu bleiben und zögern, uns neuen Herausforderungen zu stellen, die uns fremd erscheinen. Persönlich habe ich einen großen Schritt gewagt und bin in eine andere Branche gewechselt, weil ich den Mut hatte, an mich zu glauben. Ich bin überzeugt, dass viele Frauen dieses Potenzial in sich tragen, obwohl vielleicht ein Großteil von uns nicht ausreichend Selbstvertrauen besitzt.

Es ist wichtig, an diesem Punkt zu arbeiten. Die Unterrepräsentation von Frauen in der Payment-Branche ist ein komplexes Thema. Frauen sollten ermutigt werden, mutiger zu sein und sich auch in Bereichen zu engagieren, in denen sie sich unsicher fühlen oder weniger Wissen haben. Wissen kann erlernt werden, und dies gilt unabhängig vom Geschlecht. Es ist eine Frage des Typs, nicht des Geschlechts. Unternehmen sollten ebenfalls aktiver darin werden, Frauen Chancen zu geben und sie Willkommen zu heißen.

Wir sollten uns nicht aus Angst vor Fehlern oder der Sorge, etwas Falsches zu sagen, zurückhalten. Fehler sind Teil des Lernprozesses und niemand erwartet Perfektion. Diese Tendenz, immer perfekt sein zu wollen, sollte überwunden werden. Ich habe mich dieser Herausforderung gestellt und habe es nicht bereut!


Nicola Bause, Head of Product, OTTO Payments

„Es ist wichtig, über den eigenen Schatten zu springen“

„Ich bin relativ neu in der Branche und habe zuvor im Bankensektor gearbeitet, wo ebenfalls nur wenige Frauen in Projekten tätig sind. Schon während meines Studiums mit Schwerpunkt Finance fiel mir auf, dass ich eine der wenigen Frauen war. Viele Frauen scheinen sich vor dieser männerdominierten Branche zu scheuen oder trauen sich den Einstieg nicht zu.

Meiner Erfahrung nach ist es hilfreich, sich der typischen Verhaltensmuster von Frauen bewusst zu werden und diese gezielt zu durchbrechen. Ein gängiges Beispiel ist das Tiefstapeln, bei dem Frauen dazu neigen, anderen den Vorrang zu lassen, weil sie denken, jemand anders könnte es besser. Mein Rat an Frauen, die eine Karriere in dieser Branche in Betracht ziehen: Traut euch!

Es ist wichtig, über den eigenen Schatten zu springen und es einfach zu versuchen. Wenn es nicht sofort funktioniert, kann man sich immer noch neu orientieren. Der erste Schritt ist, den Mut aufzubringen, sich den Herausforderungen zu stellen.”

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