Bevor sich Unternehmen über die Umstrukturierung ihrer IT-Prozesse mit Hilfe von Blockchain-Technologie Gedanken machen und Investitionen tätigen, müssen sie zunächst die Limitierungen verstehen. Blockchain wird zurzeit als das Allheilmittel für alle IT-Probleme der Zukunft gepriesen. Das stimmt nicht.
Nüchtern betrachtet ist eine Blockchain der ineffizienteste und teuerste Datenspeicher (Kosten pro Byte), den die Menschheit bisher entwickelt hat. Anders gesagt besteht eine sehr große Asymmetrie zwischen dem Schreiben und Lesen von Daten in einer Blockchain. Während das Schreiben mit sehr hohen Kosten verbunden ist, können die Daten von jedem kostengünstig und dezentral gelesen und überprüft werden. Zudem eignet sich eine Blockchain auch nur für „öffentliche“ Daten. Schützenswerte, interne Unternehmens- und Personendaten haben in einer Blockchain nichts zu suchen. Es finden zwar kryptographische Funktionen (Hashfunktionen und Public/Private-Key Algorithmen) Anwendung, allerdings nicht zur „Verschlüsselung“, sondern nur zur Authentifizierung und Konsistenzsicherung.
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Durch Netzwerkeffekte wird die Blockchain unmanipulierbar
Neben all diesen Nachteilen gegenüber klassischen Datenbanken haben Blockchains einen gewaltigen, potentiellen Vorteil: Sollte eine Blockchain einen ausreichend großen Netzwerkeffekt erreichen – also viele Nutzer, die sich an der Validierung und Sicherung der Blockchain beteiligen – dann hat man einen Datenspeicher der „praktisch“ unveränderbar und nicht mehr manipulierbar ist. Eine Eigenschaft, die traditionelle Datenbanken nicht leisten können. Die Sicherheit einer Blockchain steht und fällt jedoch mit der Anzahl der Nutzer, dem verwendeten Konsensmechanismus und der zur Sicherung aufgewendeten Kosten. Wenn eine Blockchain „zu klein“ ist oder einen schwachen Konsensmechanismus verwendet, dann ist sie „angreifbar“ und stellt eher eine Gefahr für die unternehmensinterne IT dar.
Aus diesen Gründen kann die Integration von Blockchain-Technologie nicht im Alleingang von einem Unternehmen entschieden werden. Vielmehr muss man sich mit seinen Geschäfts- und Prozesspartnern an einen Tisch setzen und gemeinsam entscheiden, welche Blockchain man einsetzen und welche gemeinsam verwendeten Daten man darin speichern möchte. Der Vorteil für alle Beteiligten: Der Import von gemeinsam genutzten Daten in die unternehmensinternen Datenbanken entfällt. Es wird direkt „lesend“ auf die Daten in der Blockchain zugegriffen. Fehler und Inkonsistenzen beim Import fallen sofort auf und alle Beteiligten operieren auf dem gleichen Datenstand.
Die kürzlich verkündete Koalition der größten Automobilhersteller zur MOBI (Mobility Open Blockchain Initiative) zeigt genau diese Vorgehensweise.
Allerdings wird sich noch zeigen, ob jede Branche wirklich ihre eigene Blockchain braucht oder ob die bestehenden großen öffentlichen Blockchains wie Bitcoin, Ethereum und Litecoin nicht ausreichend und dabei wesentlich kostengünstiger für Unternehmen sind. Denn ein Großteil der Entwicklungskosten für diese Blockchains ist schon geleistet worden und sie funktionieren stabil und sicher. Schließlich ist es für die meisten Unternehmen auch „günstiger“, sich mit ihren Geschäfts- und Prozesspartnern über das Internet zu verbinden, anstatt eigene Netzwerke dafür zu entwickeln und aufzubauen. Deswegen entscheiden sich clevere CTOs und Unternehmer für die Integration ihrer IT mit den öffentlichen Blockchains, statt mit hohen Kosten eigene Blockchains zu entwickeln und zu betreiben.
Für Zensurresistenz ist die Blockchain-Technologie unverzichtbar
Welche konkreten Anwendungsfälle ergeben sich nun für Unternehmen? Der primäre Use Case für Blockchain-Technologie ist auch 2018 weiterhin Zensurresistenz. Wenn Zensurresistenz ein wichtiges Kriterium
ist, kommt man um den Einsatz von Blockchain-Technologie nicht herum. Für die meisten anderen Anwendungsfälle ist es eine Frage der Kosten. Selbst wenn man auf die offenen Blockchains setzt und somit die Entwicklungskosten spart, entstehen dennoch einmalige Integrationskosten und die laufenden Kosten für das „Schreiben“ von Daten in die öffentlichen Blockchains. Dazu kommt der Fachkräftemangel im Blockchain-Bereich: Auf einen Blockchain-Entwickler kommen zurzeit 15 offene Stellen. Die meisten Anwendungsfälle, die heute im Zusammenhang mit der Technologie diskutiert werden, lassen sich für Unternehmen auch mit Hilfe von verteilten Datenbanken abbilden und es braucht dafür gar keine Blockchain.
Es gibt allerdings einen konkreten Anwendungsfall, der davon ausgenommen ist: „Trusted Timestamping“
Unter Timestamping versteht man einen Prozess, der Daten mit einem Zeitstempel und einer digitalen Signatur versieht, um sie juristisch beweisbar vor Veränderung zu schützen.
Ein konkretes Beispiel: Aufgrund von gesetzlichen Vorgaben müssen Automobilhersteller für jedes gebaute Fahrzeug gewisse Prüfdaten für Jahrzehnte aufheben. Beispielsweise das konkrete Drehmoment von sicherheitskritischen Verschraubungen. Diese Daten werde heute in einer digitalen „Fahrzeugakte“ festgehalten und an einen vertrauenswürdigen Dienstleister übergeben, der die Daten mit einem Zeitstempel und einer digitalen Signatur versieht und revisionssicher aufbewahrt.
Diesen als „Timestamping“ bezeichneten Vorgang könnten die Automobilhersteller heute schon selbst erledigen und auf den „Mittelsmann“ dafür verzichten – und das, ohne eine eigene Blockchain entwickeln zu müssen. Offene Blockchains wie Bitcoin erlauben nämlich, dass mit einer Transaktion nicht nur Krypto-Geld transferiert werden kann, sondern auch beliebige Daten in die Transaktion geschrieben und somit dauerhaft in der Blockchain gespeichert werden können. Bei Bitcoin heißt das zugehörige Feld „OP_RETURN“, das bis zu 80 Byte pro Transaktion erlaubt. Der digitale Fingerabdruck (Hashwert) von Daten verbraucht je nach Algorithmus 32 Byte (SHA256) oder 64 Byte (SHA512) und passt somit locker in eine Bitcoin-Transaktion. Und das bei Transaktionsgebühren von aktuell weniger als 1 Cent pro Byte. Wem das für seinen Anwendungsfall noch zu teuer ist, der kann mehrere Datensätze auch zusammenfassen und den kumulierten Fingerabdruck in einer öffentlichen Blockchain speichern und so die Kosten weiter reduzieren. Das funktioniert für beliebige Daten – auch private / nicht-öffentliche. Denn der digitale Fingerabdruck, der in der Blockchain gespeichert wird, erlaubt keinen Rückschluss auf den eigentlichen Inhalt der Daten. Für Timestamping steht bereits ein kostenloser, Blockchain-unabhängiger Standard und Software zur Verfügung: https://opentimestamps.org/.
Somit sind es digitale Fingerabdrücke, die aufgrund ihrer Kompaktheit und Kosten in Zukunft vermutlich vornehmlich in Blockchains gespeichert werden. Die eigentlichen Daten verbleiben auch in Zukunft in ihren (verteilten) Datenbanken.
Zum Autor:Jörg Hermsdorf ist der führende Ansprechpartner zu Themen rund um Crypto- & Blockchain sowie Experte für Cloud-Systeme. Der studierte Diplom-Informatiker und Kognitionswissenschaftler ist neben seiner Tätigkeit für CONSERVE auch CTO und Gründer der fmo Marketing GmbH.
Über CONSERVE
CONSERVE ist eines der ältesten, auf Blockchain-Technologie spezialisierten Systemhäuser in Deutschland: Seit 2010 werden Unternehmen und Privatpersonen über die aktuellen und zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten beraten. CONSERVE bietet aktuell in Deutschland, Österreich und der Schweiz alle Leistungen für die erfolgreiche Durchführung eines Blockchain-Projektes aus einer Hand: Beratung, Programmierung und Schulung.
Der Mutter-Konzern, die CONSERVE Unternehmens-Gruppe, mit Hauptsitz in Köln, versteht sich seit 1980 als zentraler Ansprechpartner für alle technologischen Aufgabenstellungen ihrer Kunden und begleitet diese durch den gesamten Prozess der Digitalisierung. Die CONSERVE BlockChain-Service GmbH, als jüngster Spross der CONSERVE Unternehmensgruppe, wird von Sven Hermsdorf als Geschäftsführer geleitet und hat mit Jörg Hermsdorf einen der renommiertesten Experten für Blockchain-Technologie und Krypto-Währungen an Bord.
Weitere Informationen finden Sie unter blockchain.conserve.de
Nicole Nitsche ist studierte Theaterwissenschaftlerin und hat mehrere Jahre als Regieassistentin beim Thalia Theater Hamburg gearbeitet. Danach war Nicole Leiterin der Presse-und Marketingabteilung eines Hamburger Musiklabels. Als klassische Quereinsteigerin hat sie die komplette Kommunikation sowie den Aufbau der Redaktion bei Payment & Banking geleitet und verantwortet. Nicole ist seit August 2021 Geschäftsführerin von Payment & Banking und ist verantwortlich für die Bereiche Struktur, Planung, Umsetzung und Konzipierung von allen Events (z.B PEX, BEX, TRX & CryptX). [mehr]