In einer Ära, in der Fintech-Unternehmen beinahe täglich in die Pleite schlittern und gleichzeitig Branchengiganten wie Apple immer wieder innovative Finanzfunktionen in ihre Produkte integrieren, stellt sich die Frage: Handelt es sich dabei lediglich um ein weiteres Feature oder steckt mehr dahinter?
Vor nicht allzu langer Zeit wurden Start-ups im Fintech-Bereich mit Millioneninvestitionen überhäuft, um ihre innovativen Lösungen voranzutreiben. Doch nun, da die Fintech-Welle ihren Höhepunkt überschritten hat, müssen wir uns fragen, welchen Wert diese neuen Finanzdienstleistungen in unseren alltäglichen Produkten wirklich haben.
Eine bedeutende Ankündigung von Apple hat kürzlich die Aufmerksamkeit auf sich gezogen: In Großbritannien ist ab sofort die Integration von Kontoinformationen in die iPhone Wallet-App möglich. In den USA war die Apple Karte und das dazugehörige Konto schon länger integraler Bestandteil der App. Nun können auch die Konten vieler Banken in Großbritannien nahtlos in die Wallet-App eingebunden werden.
Ist es ‚just another‘ embedded banking case? Oder mehr?“
Eine Entwicklung, die von einigen bereits sehnsüchtig erwartet wurde. Doch was bedeutet das genau? Handelt es sich hierbei lediglich um einen weiteren Fall von „Embedded Banking“, oder steckt mehr dahinter?
Der entscheidende Unterschied zu früheren Ansätzen, wie beispielsweise Multibanken-Apps aus der Vergangenheit oder den umfassenden Super-Apps inklusive Finanzdienstleistungen aus Asien, besteht zweifelsohne darin, dass wir hier von einer Integration ins Herz eines jeden Smartphones sprechen. Die Wallet-App ist auf JEDEM iPhone vorhanden und wird bereits von Millionen von Menschen genutzt. Das allein macht einen Unterschied.
Darüber hinaus ist es nicht undenkbar, dass Apple die aus der eigenen App generierten Daten auch für andere Zwecke im Apple-Ökosystem nutzbar macht. Genauso wie heute Kreditkarten Daten aus der Wallet tagtäglich am POS oder im eCommerce mehr oder weniger auf Knopfdruck automatisch genutzt werden können, könnten auch Bankdaten und deren Analyse in Zukunft von dieser nahtlosen Integration profitieren.
Doch wie bewerten wir diese Entwicklung? Handelt es sich lediglich um ein weiteres Feature oder steckt mehr dahinter?
Es handelt sich zweifelsohne um ein Feature im Apple-Ökosystem, jedoch um eines mit erheblicher Tragweite. Schon lange wissen wir, wie entscheidend Zahlungsverkehr und Banking für den Alltag der Endkunden sind. Ein Blick auf die Vielzahl der täglichen Zugriffe auf Banking-Apps im Vergleich zu den weit geringeren Zugriffen auf webbasiertes Onlinebanking oder den seltenen Besuchen in Bankfilialen und Kontoauszugsdruckern verdeutlicht dies.
Mobiles Banking ist längst zur Norm geworden, ebenso wie mobile Zahlungslösungen, allen voran Apple Pay. Daher erscheint es nur folgerichtig, dass Apple diesen Konto-Informationsservice anbietet.
Die Konsequenz für die traditionellen Retailbanken ist jedoch nicht zu übersehen. Unternehmen wie Apple, mit iOS, und wahrscheinlich auch Google mit Android, drängen immer stärker als neue Intermediäre in die Kundenschnittstelle. Banken werden dadurch zunehmend aus dem Frontend verdrängt, und am Ende wird das ohnehin sehr vergleichbare Banking immer weiter kommoditisiert.
Ein ähnlicher Trend war bereits bei Mobilfunkanbietern zu beobachten, deren Namen und Logos auf Mobiltelefonen nahezu verschwunden sind. Diese Entwicklung trifft in erster Linie Anbieter von Finanzdienstleistungen, die bisher aufgrund ihrer etablierten Marke Premiumgebühren für ihre Kontomodelle durchsetzen konnten. Je mehr jedoch die eigentliche Markenpräsenz und das Bank-Frontend auf unseren elektronischen Begleitern in den Hintergrund rücken, desto schwieriger wird es für Finanzdienstleister, sich zu differenzieren.
Spiel, Satz und Sieg für Discount-Direktbanken? Die Zukunft wird es zeigen.