Finanzguru: „Mit der PSD2 habe man zusätzlich einen einheitlichen gesetzlichen Rahmen in ganz Europa“

Mit der Banking-App, mit der fast jedes deutsche Bankkonto verwaltet werden kann, überzeugte das Frankfurter Unternehmen Finanzguru unsere Jury bei der Wahl zum Fintech des Jahres 2019 in der Kategorie „Newcomer“ – an dieser Stelle noch einmal: Herzlichen Glückwunsch. Hinter dem Unternehmen dwins, das die Marke Finanzguru betreibt, stehen die Zwillinge Benjamin und Alexander Michels, sowie Sandro Sonntag und Florian Hirsch. Gestartet war Finanzguru 2015 ursprünglich mit einem B2B-Geschäftsmodell, „weil uns gesagt wurde, mit einer B2C-App nicht erfolgreich sein zu können. Dieser Empfehlung sind wir damals gefolgt“, sagt Benjamin Michel. Rückblickend ist es dann aber doch anders gekommen.

Ihre Motivation: den bestmöglichen Finanzassistenten für den Endkunden zu bauen. Im Oktober 2016 gewann das Brüderpaar zunächst den dbAPI-Hackathon der Deutschen Bank mit dem ersten Prototyp von Finanzguru.

Banking Apps kommen langsam in der Mitte der Gesellschaft an – und das ist auch gut so...

Im Februar 2018 erfolgte dann der Live-Gang. Ziemlich schnell folgte bereits der unternehmerische Paukenschlag: die Teilnahme an dem beliebten und überaus quotenträchtigen Erfolgsformat „Die Höhle der Löwen“. Er bescherte den Frankfurter Brüdern innerhalb von einer Woche mehr als 200.000 Neukunden und den größten Einzeldeal in der Geschichte der Show.

Großes Investoren-Interesse dank TV-Reichweite

Mit der enormen Reichweite wuchs auch das Interesse der Investoren. „Die TV-Show hat uns auch unter Kapitalgebern bekannter gemacht und neue Türen geöffnet. Insbesondere durch das rasante und nachhaltige Kundenwachstum wird man natürlich schlagartig für viele Investoren sehr attraktiv“, sagt Michel. Zu ihnen gehören jetzt Deutsche Bank Venture Capital sowie Carsten Maschmeyer über seed+speed, der sich seinerzeit mit einer Million Euro an der Finanzapp beteiligte.

Für die Zwillingsbrüder ist es übrigens nicht die erste Finanzapp: Vor der Gründung im Juli 2015 haben die beiden knapp sechs Jahre bei der Postbank gearbeitet, wo sie die Mobile-Banking-App und die weltweit erste Überweisung per Fingerabdruck mitentwickelten. Bruderzwist scheinen die Beiden nicht zu kennen. Michels bestätigt das: „Klar gibt es auch mal hitzigere Diskussionen. Aber wie das unter Geschwistern ist, verträgt man sich dann auch wieder schnell und fokussiert sich auf die beste Lösung“, sagt er. Die Aufgabenteilung ist dabei klar. Alexander übernimmt vor allem Marketing und Personal, während Benjamin sich um die Bereiche Finanzen und Rechtliches kümmert. Die strenge Trennung als Erfolgsgeheimnis? „Ganz trennen kann man das Private und Geschäftliche nie voneinander“, gibt Benjamin Michel zu – dafür gibt es einfach zu viel zu tun.

Mit vertraulichen Daten zum Management der eigenen Konten

Wer Finanzguru nutzen will, muss der App seine Kontonummer und seinen PIN anvertrauen. Eine intelligente Texterkennung liest dann bei allen Transaktionen den Verwendungszweck und den Zahlungsempfänger aus. Die App stellt einen persönlichen Finanzbericht auf, erkennt etwa laufende Handyverträge sowie Abos und erinnert an Kündigungsfristen.

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Aber halt! Die Deutschen und ihre Daten, das ist ja bekanntlich eine ganz besonders innige Beziehung – und für den Service von Finanzguru sind eine Menge sensibler Daten notwendig. Auch Verbraucherzentralen raten zur Vorsicht bei der Herausgabe von Kontonummern oder PINs.

Michel sieht darin jedoch kein Problem und löst es so: „Wir arbeiten mit statistischen Zwillingen, um unseren Kunden hilfreiche Tipps – basierend auf ihren pseudonymisierten Bankdaten – geben zu können.

So helfen wir unseren Kunden und halten die hohen Datenschutzanforderungen aus der DSGVO ein.“ Nur der Kunde alleine habe Zugang zu seinem Konto, verspricht er. Mit der PSD2 habe man zusätzlich einen einheitlichen gesetzlichen Rahmen in ganz Europa. „Wir warten gerade noch ab, wie genau die technische Umsetzung der PSD2 realisiert wird und können dann erst bewerten, ob es auch neue Hürden geben wird“, so der Frankfurter.

Drittanbieter für Kunden immer interessanter

Auch für die Kunden habe die PSD2 Vorteile. Damit werde, da ist er sich sicher, ein neues Verständnis dafür geschaffen, dass jeder die Möglichkeit habe, seine Bankdaten mit Dritten auf eigenen Wunsch zu teilen und damit Mehrwerte zu genießen, die er bei seiner bisherigen Hausbank nicht erhielte. „Angebote von Drittanbietern rücken damit immer mehr in die öffentliche Wahrnehmung und werden deutlich positiver angenommen als noch vor 5 Jahren“, sagt Michels.

Der Algorithmus des Jungunternehmens aus Frankfurt basiert auf Künstlicher Intelligenz – die Zukunft auch im Finanzsektor? „Als Kunde kann man sich auf die Zukunft freuen“, sagt Michels, „denn für diese heißt es vor allem, dass man sein finanzielles Leben noch einfacher und bequemer managen kann. Und durch die steigende Transparenz sind Banken und FinTechs gleichermaßen motiviert, den Privatkunden in Zukunft immer die besten Produkte anzubieten – selbst wenn es nicht die eigenen sind.“

„Als Kunde wird man sein finanzielles Leben künftig noch einfacher und bequemer managen können.“

In Zukunft werden, so seine Einschätzung, Finanzinstitute auch Produkte abseits von Finanzen, wie z.B. Energie-, Versicherungs- und Telekommunikationsverträge, anbieten. Für ihn ist dabei der perfekte Kontext über die Zahlungsverkehrsdaten gegeben – zur richtigen Zeit die richtigen Produktempfehlungen.

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