Alle warteten gespannt auf die diesjährige zweineinhalbstündige Keynote von Apple. Auf der Apple Entwickler-Konferenz (WWDC) wurde in etlichen anderen Ankündigungen (Sprachassistenten, Apple Betriebssysteme und Neuerungen rund um das iPad) neben Apple Pay auch ein weiteres payment relevantes Produkt angekündigt – Apple Pay Cash.
Was ist nun Apple Pay Cash?
Apple integriert nun die Möglichkeit mit Apple Pay in der Apple eigenen Messaging App ‚iMessage‘ Geld zu versenden. Etwas was eigentlich seit letztem Jahr bereits mit Drittanbieter-Apps wie z.B. N26, Square Cash und anderen möglich war.
Ist das ein Angriff auf Venmo (PayPal’s beliebtes P2P-Produkt in den USA), Square Cash oder Chase QuickPay? Zu Apple Pay Cash Produkt gehört noch eine “virtuelle” Debitkarte auf die das Geld landet welches via Apple Pay Cash empfangen wird. Diese Karte existiert im Apple Wallet und ist natürlich automatisch für Apple Pay freigeschaltet. Somit kann das Geld also auch per Apple Pay im Laden um die Ecke ausgegeben werden (kontaktlose Akzeptanz vorausgesetzt).
Warum ist das ganze also aufregend? Nur weil Apple mal was selber macht?
Summieren wir mal die Einzelteile:
Konto – check (iTunes hat über 1 Mrd. Nutzer mit hinterlegten Zahlungsdaten)
Payment Lösung offline – check (Apple Pay wird in ca 40% der Retailer in den USA akzeptiert – eine kleine Übersicht der US Händler die Apple Pay akzeptieren – https://www.apple.com/apple-pay/where-to-use/ )
Payment Lösung online – check (Apple Pay ist mitnichten auf Zahlungen im Einzelhandel beschränkt, sondern auch für Zahlungen im Internet verfügbar)
Payment Lösung in-App – check (Entwickler können auch in ihren eigenen Apps Apple Pay Akzeptanz hinzufügen)
“eigene” Debitkarte – check. Die Karte wird zusammen mit GreenDot herausgegeben (einem der größten Prepaid-Debitkarten Herausgeber in den USA u.a. wird die Walmart Debitkarte ebenfalls von Greendot herausgegeben).
P2P Lösung – check. Und wer sagt eigentlich, dass ich nicht auch per Apple Pay Cash auf dem Flohmarkt einen Händler bezahlen kann – so ganz ohne Dongles und ohne Karte – nur ich und der Verkäufer :).
Wenn man sich also die Einzelteile anguckt dann liest sich das doch fast wie eine “Challenger Bank”, sogar eine mit einer eigenen Paymentlösung die ggf. sogar Geld verdient. Upps.
Wie jetzt? Nun doch die Apple Bank? Fast…
Zunächst einmal ist Apple Pay sicherlich ein Erfolg aber kein absoluter Blockbuster. Ausserdem ist Apple Pay auch noch nicht überall verfügbar – hier in Deutschland warten wir ja immer noch.
Die neue Apple Pay Cash Debitkarte wird zunächst in den USA angeboten werden und dann natürlich sinnvoller weise nur in Ländern mit Apple Pay Akzeptanz. Dieser Prozess wird nicht über Nacht stattfinden und jeder der schon mal probiert eine eigene white-label Karte herauszugeben, weiss wie schmerzhaft dies sein kann.
Die größte Einschränkung ist aber die Limitierung auf das Apple Ökosystem. Ja ich kann per Apple Pay im Laden zahlen, aber die omni-channel Zahlungen (online, in-app und offline) und P2P Funktionalität erhalte ich nur wenn ich auch weiterhin schön im Apple Ökosystem bleibe.
Dies ist kurzfristig ganz nett aber langfristig die falsche Strategie. Wenn Apple Pay Cash auch per Whats App, Facebook Messenger und auf jedem Android Telefon funktioniert und die Apple Pay Cash Karte auch in einem Android Pay Wallet leben kann, ja DANN haben wir die Apple Bank.
One more thing
Apple hat ja auch noch diesen “Lautsprecher” vorgestellt – Homepod. Der ja angeblich “nur” für tolle Musik gut sein soll und ein bisschen Siri dabei hat (warum man in sowas dann einen A8 Prozessor einbaut? Das ist der Prozessor des iPhones. Naja nur für Musik halt). FALLS man doch etwas mehr damit machen wollen würde wie sagen wir zum Beispiel Voice Commerce, na ich hätte da noch eine komplett fertige Paymentlösung “rumliegen” . :)
Rafael Otero ist seit mehr als 15 Jahren im Payment- und Banking Bereich tätig. Nach mehreren Co-Founder Rollen im Fintech Bereich u.a. als Co-Founder bei payleven der globalen Kartenakzeptanz-Lösung für KMUs und Co-Founder Voice First – einer Strategie-Beratung / Agentur für Sprachassistenz-Lösungen im Bereich Finanzdienstleistungen, Mobility und VoiceCommerce.
Seit Anfang 2020 ist er Managing Director bei der Deutschen Bank und dort als Chief Product Officer Teil der Corporate Bank. Rafael ist Business Angel/Board Member im Fintech und DeepTech-Umfeld.