Am 9. Januar 2007 betrat Steve Jobs die Bühne auf der Macworld-Konferenz, um den „erstaunlichsten iPod, den wir (Apple) je gemacht haben“, also das iPhone, der Welt vorzustellen. Es war die Geburtsstunde einer mobilen Revolution. Sie sollte ganze Branchen umkrempeln. Fünfzehn Jahre später blicken wir zurück, wie das iPhone die Spielregeln der Payment und Banking Branche bis heute immer wieder neu geschrieben hat.

Dreifaltigkeit: Weglassen, Fokus und Alltagsrelevanz

Apple widersetzte sich den überladenen Feature-Phones der damaligen Zeit und konzentrierte sich stattdessen auf die Einfachheit. Obwohl das iPhone zum Start weniger als jedes Feature-Phone oder Pocket-PC konnte, gewann das Unternehmen das Vertrauen der Kunden in eine einzige Produktlinie. Apple hatte mit dem iPhone gar nicht den Anspruch gegen den Funktions-Overload der verfügbaren Geräte zu gewinnen. Im Gegenteil, „Weglassen“ war ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg des iPhones. Statt also ein Gerät vollzustopfen, fokussierte man sich auf UX und Bedienung sowie auf die wichtigsten Funktionen: Musik, Kommunikation und Medien (Fotos).

Dazu etablierte man eine einfache Möglichkeit, sein iPhone funktional mit Apps zu erweitern, die Geburtsstunde des App-Stores. Bis heute bleibt Apple diesem Grundsatz weitestgehend treu, auch wenn das iPhone heute mehr kann als die meisten anderen technischen Geräte, es bleibt bedienbar und der Fokus auf die Nutzer:innen nach wie vor stark. So wichtig wie Bedienbarkeit und UX für Apple ist, so wichtig ist auch das Thema Alltagsrelevanz. Alles, was für Nutzer:innen im Alltag eine Relevanz hat, hat Apple irgendwann adaptiert: Musik, Kommunikation, Fotografie, Fitness und Sport, Wetter und Zahlungsverkehr und Finanzdienste.

Apple hat den mobile Banking-Trend früh erkannt

Mit dem iPhone und ganz generell dem Smartphone hat sich die Art und Weise, wie wir mit Geld umgehen, massiv verändert. Dabei fing alles so harmlos 2009 mit dem Apple Slogan „There is an app for that“ an. Tobias Stöger, Pionier der ersten Banking-App „Outbank“ wurde dem Slogan gerecht, in dem er die erste Banking-App in Deutschland veröffentlichte und damit Online-Banking aufs iPhone holte. Es sollte Jahre dauern, bis die ersten Banken nachzogen. Online-Banking war der erste Service, der vom iPhone disruptet wurde. Heute ist mobile Banking selbstverständlich, aber es waren nicht die Banken, die Chance erkannten.

Im Oktober 2014 war es dann Apple, die das Thema Payment für sich entdeckten und anders als beim Banking nicht Dritten überließen. Im Rahmen der WWDC 2014 startete Apple mit Apple Pay und änderte damit zum ersten Mal ganz aktiv die Art und Weise, wie wir bezahlen. Apple Pay war anders als jeder andere bis dahin unternommene Versuch und es brauchte keine neue Kreditkarte oder Konto, um Apple Pay zu nutzen. Stattdessen setzte man auf bestehende Infrastruktur und ermöglichte seinen Nutzer:innen, die ohnehin vorhandene Kreditkarte einfach zu digitalisieren. Mehr noch: Apple Pay war nicht auf Instore-Payment reduziert, sondern funktioniert eben auch im E-Commerce.

Wichtiger Schritt in Richtung Finanzen

Weiter ging es dann 2019 mit der Apple Card, der von Apple in Zusammenarbeit mit Goldman Sachs, herausgegebenen Kreditkarte. Wenn auch bis heute nur in den USA verfügbar, war die Apple Card ein weiterer Schritt in den Bereich Finanzen. Die Apple Card ist nicht nur eine hübsche Kreditkarte. Sie ist zudem eng mit dem iPhone verzahnt und wird zum Dreh und Angelpunkt der persönlichen Finanzen.

Im Frühjahr 2022 ging Apple einen weiteren Schritt in Richtung Payments, indem man zusammen mit Stripe die Möglichkeit schuf, das iPhone als Smart-POS, also als mobile Kasse zu nutzen. Mit der passenden App sind Nutzer:innen in der Lage, Kreditkartenzahlungen direkt am iPhone anzunehmen.

Mit der Möglichkeit, Geld via iMessage zu versenden, hat Apple inzwischen Venmo und PayPal als beliebteste Bezahl-App bei Teenagern in den USA überholt. Ohnehin dominiert die Apple Wallet mit fast 50% Marktanteil den mobile Walletmarkt. 

Die Apple Bank 

Laut Mark Gurman von Bloomberg plant Apple, selbst eine Bank zu werden. Unter dem Codenamen „Breakout“ arbeitet Apple dem Bericht zufolge daran, Finanzdienstleistungen international aus eigener Hand anzubieten. Das ehrgeizige Projekt soll zum Ziel haben, ein gesamtes Payment-Processing-System samt einer Infrastruktur für künftige Finanzprodukte intern aufzubauen.

Das Drama

Das alles zeigt, dass nicht die etablierten Unternehmen wie z. B. Banken die Treiber an der Kundenschnittstelle sind, sondern Apple. Entweder indem Apple ein Ökosystem bietet, welches es Dritten ermöglicht eigene Services anzubieten oder gleich selbst in die Vollen geht. Mehr noch: Welche Rolle spielt eine Bank am Ende, wenn die Kundenschnittstelle direkt von Apple bedient wird? In den USA können Nutzer:innen die komplette Finanz-Journey von Apple nutzen: Apple Card mit „Konto“ im Retail überall da, wo kein NFC geht, Apple Pay stationär und online und wer ein kleines Geschäft hat, kann sein iPhone direkt als Kasse nutzen und Kartenzahlung akzeptieren. Geld über die hauseigene Chat-App namens „Nachrichten“ verschicken geht sowieso. Und während hier in Deutschland noch die ein oder andere Bank glaubt man könne sogar im Bereich der digitalen Identitäten Fuss fassen, implementiert Apple gleichzeitig in den USA den Führerschein und Personalausweis in die Wallet.

Menschen Einzigartiges bieten

Dabei wollen Banken und die Deutsche Kreditwirtschaft ja seit vielen Jahren eine Menge. Aber es geht ums „Machen“. Das ist zwar wie wollen, aber viel krasser. Vor allem braucht es Mut, Geschwindigkeit und ein auf Nutzer:innen fokussiertes Handeln. Wir können die nächsten Jahre weiter auf Apple schielen, schimpfen oder bockig fordern, dass Apple ja nur Schnittstelle XY öffnen müsste, damit die deutschen Lösungen eine Chance haben.

Oder wir fangen an, zu machen. Fangen an, internationaler und über unsere Grenzen hinaus zu denken und die Nutzer:innen in den Fokus zu stellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir ab diesem Moment das ein oder andere Projekt stoppen und ganz anders aufsetzen würden. Wenn wir in Europa also über EPI diskutieren, in Deutschland über die Wichtigkeit lokaler Schemes, dann darf das Argument nicht platt sein, wir müssen uns von der Abhängigkeit großer amerikanischer Tech-Giants lösen. Das Argument muss sein: Was können wir den Menschen bieten, was andere eben nicht bieten können.

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