Zunehmender Betrug beim Cybertrading schadet seriösen Anbietern

Immer mehr Menschen werden beim Cybertrading Opfer von Betrügern. Und nicht nur das: Auch die Schäden werden immer größer. Wie die Täter vorgehen und was seriöse Anbieter machen können, um sich abzugrenzen.

Wer regelmäßig die VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“ schaut, weiß, dass es dort um Ideen von Start-up-Gründern geht. Doch wer gleichzeitig auch regelmäßig in den Spam-Ordner seines E-Mail-Kontos schaut, könnte einen anderen Eindruck gewinnen. Nämlich der, dass in der Gründer-Show auch Geldanlagen präsentiert werden.

„Höhle der Löwen System macht deutsche Bürger reich!“, heißt es in den Mail-Betreffzeilen, die eine lukrative Möglichkeit zum Geldverdienen versprechen. Dahinter stehen Betrüger. Leider sind Ansprachen wie diese immer erfolgreicher. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen stellte fest, dass sich die Fallzahlen bei Betrug im Cybertrading in den letzten fünf Jahren vervielfacht haben. Die Ermittler rechnen auch damit, dass die Fälle weiter zunehmen, da die Täter ausgesprochen professionell vorgehen.

Cybertrading wird für seriöse Anbieter zum Imageproblem

Dazu kommt ein großes Dunkelfeld beim Cybertrading– Straftaten also, die nie angezeigt wurden, aber passiert sind. Das alles ist nicht nur für die Opfer schlimm. Es schädigt auch seriöse Anbieter. Etwa dann, wenn in ihrem Namen mit Trading-Offerten geworben, ihr Logo missbraucht oder das Trading an sich in Verruf gerät. Allein in Niedersachsen ist der Schaden, der durch die Taten entsteht, 2021 enorm gestiegen: innerhalb der vergangenen fünf Jahre um etwa 3,9 Millionen Euro. Pro Fall wurde 2021 ein Mensch um durchschnittliche 14.000 Euro geschädigt. Das könnte die Glaubwürdigkeit der legal arbeitenden Trader untergraben.

Bei der Berliner Polizei spricht man von einer grundlegenden Tendenz in diesem Phänomenbereich: stetig steigende Fallzahlen, die sich allein im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt haben, gespiegelt in erheblich angewachsenen Schadenshöhen. Vor allem würden die einzelnen Geschädigten zunehmend größere Beträge in die vermeintlichen Investments einzahlen. „Waren anfänglich 250 Euro der Einstieg in das große Gewinnversprechen, werden die Geschädigten aktuell regelmäßig gleich zu hohen Zahlungen überredet“, sagt Martin Dams vom Polizeipräsidium Berlin.

Hinzu komme, dass die Täter ständig nachsetzen, anrufen, E-Mails schicken, über Messengerdienste nachhaken. Man registriere immer häufiger Schadenssummen „im mehrstelligen Tausenderbereich“. Und immer mehr Geschädigte werden noch ein zweites Mal über den virtuellen Tisch gezogen: Die Täter versprechen, das verlorene Investment wiederzubeschaffen, und die Opfer sind bereit, dafür erneut angebliche Gebühren oder Steuern zu zahlen.

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Cybertrading: Professionelle Täter, naive Opfer

Die Täter zu fassen, ist schwierig. Das Internet gewährt ihnen Anonymität. Und sie agieren international, nutzen ausländische Konten. Kontaktdaten wie Telefonnummern werden technisch durch sogenanntes Spoofing generiert. Sie können so nicht zurückverfolgt werden.

Die Opfer wiederum sind im Umgang mit den betrügerischen Handelsplattformen, häufig CFDs bei Krypto-Währungen, unerfahren. Sie lassen sich beeindrucken, machen keine Risikokontrolle und ignorieren, dass sie mit völlig Fremden verhandeln. Mehr noch! Sie lassen die Betrüger sogar auf den eigenen Computer zugreifen über Fernzugriffssoftware wie AnyDesk, um sich beim Ablauf des Investments helfen zu lassen. „Was der Täter währenddessen mitlesen kann, wird mit Blick auf große Gewinne vollständig ausgeblendet“, sagt Dams.

Krypto scheint lohnenswert, gerade in der Pandemie

Ein weiteres Problem ist die Datenbasis. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden die Fälle als Anlagebetrug erfasst. Den kann man aber auf unterschiedliche Weise begehen; eine eigene PKS-Schlüsselzahl für die Cyber-Masche gibt es nicht. Die Erkenntnisse des LKA Niedersachsen stammen aus einer Sonderauswertung, die die Ermittler für 2021 gemacht haben.

Aus ihren Daten ergibt sich nicht, wer die Opfer sind. Etwa, ob es sich eher um jüngere Menschen mit schlechter Finanzbildung oder ältere Menschen mit geringeren IT-Kenntnissen handelt. Die Täter imitieren auf ihren Websites häufig Logos und Werbung von bekannten Fernsehsendungen wie eben die „Höhle des Löwen“ oder nutzen Namen von Prominenten, erklärt LKA-Sprecher Simon Ebbertz. Die Berliner Erkenntnisse zeigen, dass eher Männer auf die Masche hereinfallen, allerdings habe der Anteil an Frauen deutlich zugenommen. Die Geschädigten seien meist älter als 40 Jahre und kommen aus allen Bildungsschichten. Jüngere Opfer werden über Partnersuchportale angesprochen.

Woher kommt der Anstieg? Es gebe Hinweise darauf, dass etwa die andauernde Pandemie-Lage Straftaten dieser Art begünstigen könne. „Durch die noch anhaltende Corona-Pandemie sind viele Personen durch Entlassungen oder Kurzarbeit belastet“, sagt Ebbertz, „der Handel mit Krypto-Währungen erscheint für viele eine lohnende Investition.“ Martin Dams von der Berliner Polizei ergänzt, dass auch die aktuelle Zinspolitik bei klassischen Anlageprodukten die Menschen nach neuen Investmentangeboten mit hohen Gewinnaussichten suchen lasse.

So grenzen sich seriöse Anbieter ab

Die schlechte Datenlage über das Cybertrading macht es auch für seriöse Anbieter schwer, gezielt zu reagieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) klärt auf, adressiert aber vor allem potenzielle Opfer, ebenso arbeiten die Polizeibehörden. Als Broker hilft es daher, einen ähnlich präventiven Weg zu gehen, das Netz im Blick zu behalten und die jeweils aktuellen Modi operandi zu kennen. Wird mein Name in einem windigen Zusammenhang verwendet oder das Firmen-Logo missbraucht? In welchen Foren und auf welchen Websites werben die Kriminellen? Kann ich darauf mit einer Abmahnung reagieren?

Sinnvoll sind Warnhinweise auf der eigenen Homepage, die auch die illegale Masche konkret schildern. Banken weisen ihre Kunden etwa regelmäßig darauf hin, dass sie sie nie per E-Mail kontaktieren und nach PINs oder TANs fragen würden. Wer in einer eigenen Newsrubrik oder in einem Firmenblog auf Straftaten hinweist, erreicht und warnt zumindest potenzielle und Stamm-Kunden. Hilfreich ist zudem, das eigene Geschäftsmodell, die Risiken einer Anlage und ihre Abläufe so transparent wie möglich zu machen. So lösen es unter anderem Trade Republic und auch eToro: Das Unternehmen hat einen Avoid-Scam-Spam-Guide veröffentlicht.

Heeaderbild istockphoto: Bildnachweis:IGphotography

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Autor

  • Katharina Kutsche schreibt für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung, die Hannoversche Allgemeine Zeitung und andere Auftraggeber – am liebsten über Kriminalität, Arbeitsthemen, Lokales und die Gründerszene. Sie ist gelernte Kriminalbeamtin, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München und hat einen Master in Journalismus.

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