Yapital, Cashcloud und Co. Die Geschichte der digitalen Bezahl-Wallets ist eine Anatomie des Schreckens. Die Konsument:innen mussten nicht zuletzt bei uns in Deutschland die ein oder andere Verwirrung ertragen. Alle, wirklich alle, boten im letzten Jahrzehnt eine mehr oder weniger gute mobile Bezahllösung. Mit dem Start von Google und Apple Pay kehrte Ruhe ein und bis auf einige Domestic Schemes wie z. B. Twint in der Schweiz, ist der Markt des mobilen Bezahlens gesättigt. So weit, so bekannt.

Aus dem Mobile Payments von einst wurde in den vergangenen Jahren immer mehr ein vollumfänglicher Ersatz der Geldbörse und so sprechen wir heute nicht mehr von Mobile Payments, sondern vom Ökosystem Wallet. Das traditionelle Portemonnaie stirbt und die Digitalisierung des Handels, insbesondere im Retail, hat die Entstehung zahlreicher digitaler Wallets begünstigt. Und selbige sind eben nicht mehr nur Payments, sondern Loyalty+. Coupons, Punkte sammeln und Special Offers werden in den Wallets mit Payments verknüpft, funktionieren aber auch ohne.

Und so wundert es nicht, dass in Deutschlands inzwischen viele große Einzelhändler auf den Zug aufgesprungen sind, indem sie ihre eigenen Wallet-ähnlichen Lösungen anbieten.

Und es werden noch mehr:

Lidl führt Lidl Pay, Netto hat schon lange die Netto-App und REWE plant, eine eigene Bezahllösung in die REWE App zu integrieren. Diese Einzelhandels-Riesen treten in eine Arena ein, die zwar von Schwergewichten wie Google Pay, Apple Pay und Paypal dominiert wird, aber augenscheinlich noch Platz für eigene Lösungen bieten. Zumindest glauben das die Lösungsanbieter. Die Gründe kann man grob in zwei Kategorien einteilen. Zum einen ist eine Händler-App ein gutes Kundenbindungsinstrument. Wird diese Lösung dann auch noch zum Bezahlen benutzt, spart man am Ende Kosten. Zumindest theoretisch, denn ein Schuh wird erst draus, wenn es viele Transaktionen gibt.

Und weil viel bekanntermaßen auch viel hilft und es niemals an Alternativen fehlen kann, kann man schon weitere Wallets am Horizont erkennen. Der digitale Zahlungsraum wird in den nächsten Monaten weiter diversifiziert durch z. B. neue Akteure wie Wero der European Payments Initiative. Mit der Aussicht auf die Einführung des digitalen Euro, der ja auch irgendwo abgelegt werden muss, scheint der Wettbewerb um die Vorherrschaft im digitalen Portemonnaie nur noch intensiver zu werden. Ein Auszug (Deutschland):

  • Apple Wallet mit Apple Pay
  • Google Wallet mit Google Pay
  • Paypal
  • Payback mit Payback Pay
  • Netto App
  • Klarna App
  • Lidl App mit Lidl Pay
  • REWE App mit REWE Pay (geplant)
  • Diverse pay-at-the-pump Apps wie z. B. Ryd
  • Wero (European Payments Initiative) geplant
  • Individuelle Banklösungen für Android-User (z. B. Sparkasse, Deutsche Bank)

Die Vielfalt der digitalen Geldbörsen ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bietet es den Verbraucher:innen eine breite Palette von Optionen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Vorlieben zugeschnitten sind. Andererseits kann die zunehmende Fragmentierung zu einem „Clusterfuck“ der Insellösungen führen und der Mangel an einer einheitlichen, interoperablen Lösung kann für die Verbraucher verwirrend sein und die Akzeptanz digitaler Zahlungen hemmen. Auf europäischer Ebene könnte Wero diese Lücke schließen.

Die große Frage ist, wer wird am Ende die Schlacht gewinnen?

Werden es die globalen Tech-Giganten sein, die bereits eine erhebliche Nutzerbasis und technologische Expertise haben? Oder sind es ganz neue Lösungen, die mit der Nähe zum lokalen Markt Boden gut machen? Ist es eine vereinheitlichte europäische Lösung? Oder wird der digitale Euro den Markt konsolidieren und für Ordnung in der Vielfalt sorgen? Unklar.

Mit dem kommenden Digital Markets Act (DMA) ändern sich aber vielleicht die Spielregeln, weil damit den großen Plattformbetreibern, den sogenannten „Torwächtern“, neue Vorgaben gemacht werden. Insbesondere könnte der DMA die Interoperabilität und den Zugang zu Schnittstellen für Zahlungsdienste, wie NFC und Wallet-Funktionen, verbessern. Damit könnten mehr Anbieter, wie Banken oder Unternehmen mit eigenen Zahlungssystemen, Zugang zu diesen Schnittstellen erhalten und ihre Dienste leichter anbieten. Der DMA könnte somit den Wettbewerb im Bereich digitaler Wallets und Zahlungsdienste fördern und den Markt für kleinere Anbieter öffnen.

So oder so: Verbraucher:innen wird es nicht an der Wahlmöglichkeiten mangeln und die Entwicklungen der Wallets wird sich 2024 weiter fortsetzen. Ist es Krieg oder doch nur eine Schlacht und der Versuch eine Lösung in einem von wenigen Playern dominierten Bereich zu schaffen? Wir werden sehen. Denn ob sich neue Lösung durchsetzen oder den Markt nur ergänzen, ist am Ende wie Kaffeesatz lesen.

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