„Wir müssen Zahlungsprozesse als Teil eines digitalen Ökosystems denken“

Andreas Katzig im Interview über digitale Belege und Payment-Prozesse

Im Interview erzählt Andreas Katzig von anybill, wie er ins Payment-Universum kam, welche Potenziale er in digitalen Belegen sieht und was ihn in seiner Freizeit abschalten lässt.

Andreas Katzig ist seit Januar 2025 CPTO beim Münchner Unternehmen anybill und entwickelt dort Produkte rund um digitale Belege, die Händler und Kunden durch personalisierte Loyalty-Programme und Retail Media vernetzen. Zuvor prägte er als CTO die Tech-Strategien bei ottonova und XPAY. Im Interview spricht er über seinen Weg durch die Payment-, Fintech- und InsureTech-Branche und die Frage, was ihn antreibt.

Wer bist Du und was machst Du? 

Ich bin Andreas, CPTO bei anybill in München. Dort entwickle ich mit einem großartigen Team innovative Produkte auf Basis von digitalen Belegen, die Händlern und Konsumenten auch im Bereich der Kundenbindungsprogramme und Retail Media täglich Mehrwerte bieten. Zuvor war ich als Group-CTO beim Insurtech ottonova und beim FinTech XPAY bereits für Technologie und Produkt verantwortlich. Ich liebe es, mit effizienten Strategien und skalierbaren Architekturen Unternehmen und Produkte zu entwickeln.

Wie viel Kohle hast Du gerade im Portemonnaie? 

Ich habe schon seit langer Zeit kein Portemonnaie mehr und auch sehr selten Bargeld in der Tasche. Wenn Du Bargeld benötigst, bist Du bei mir leider an der falschen Adresse.

Wie bist Du im Payment & Banking-Sektor gelandet?

Ich kam das erste Mal mit der Paymentindustrie während meiner Diplomarbeit 2008 in Berührung. Danach habe ich bei ottonova zusammen mit einem Münchner Softwarehersteller eine Komponente für unsere mobile App entwickelt, die die Einreichung und Bezahlung von Arztrechnungen in einem Prozess zusammengefasst hat und die direkte Bezahlung über die parallel installierte Banking-Apps ermöglichte. Bei XPAY tauchte ich dann sehr tief ins Fintech-Universum ein und habe Whitelabel-Debitkartenprogramme mit Kundenbindungssystemen und Mobile-Payment-Apps unter anderem. mit Solaris entwickelt.

Wie möchtest Du den Payment & Banking-Bereich verändern?

Mein Ziel ist es, den Payment-Bereich noch stärker zu vernetzen und ihn datengetriebener, intuitiver und wertschöpfender für alle Beteiligten zu gestalten.

Mit meiner Erfahrung in der digitalen Krankenversicherung, Fintechs und Loyalty-Programmen sehe ich enormes Potenzial darin, Zahlungsprozesse nicht nur als Transaktion zu verstehen, sondern als Teil eines größeren Ökosystems. Durch die intelligente Nutzung von Zahlungs- und Belegdaten können wir Händler, Banken und Konsumenten besser vernetzen – sei es durch personalisierte Loyalty-Programme, nahtlose Checkout-Erlebnisse oder neue Monetarisierungsmodelle im Retail-Media-Bereich.

Gerade digitale Belege sind ein noch weitgehend ungenutzter Datenpunkt, der nicht nur Nachhaltigkeit vorantreibt, sondern auch smarte Mehrwertdienste ermöglicht – von automatischer Belegzuordnung in der Buchhaltung über die Erzeugung größerer Transparenz im Einkaufsverhalten bis hin zu personalisierten Cashback- und Treueprogrammen. Ich möchte mit meinem Team aktiv dazu beitragen, Payment & Banking aus alten Silos zu lösen und als integrativen Bestandteil smarter, digitaler Wertschöpfungsketten neu zu denken und zu gestalten.

Sind Fintechs die große Revolution – oder doch eher nur eine kleine Revolte?

Fintechs bringen nach wie vor Innovationen hervor und revolutionieren damit kontinuierlich unterschiedliche Bereiche in der Industrie – sie sind jedoch auch zu einem neuen Standard geworden. 2025 gibt es keine klare Trennlinie mehr zwischen „alt“ und „neu“. Traditionelle Finanzinstitute haben das Fintech-Mindset adaptiert, gründen selbst eigene Start-ups oder kaufen sie auf, um Innovationen schneller und agiler voranzutreiben. Gleichzeitig sind es nun oft auch die einstigen Fintech-Pioniere, die aufpassen müssen, nicht selbst von neuen, noch schlankeren und radikaleren Playern überholt zu werden. Die Grenzen sind hier fließend.

Die eigentliche Frage ist also nicht mehr, ob Fintechs eine Revolution oder eine Revolte waren – sondern wer in diesem neuen Standard die Geschwindigkeit, Kundenzentrierung und Innovationskraft aufrechterhält, um langfristig relevant zu bleiben.

Wenn Du Finanzminister*in wärst, was würdest Du sofort ändern?

Ich würde zwar niemals Finanzminister werden, aber wenn doch, hätte ich große Freude daran, die Abgeltungssteuer von 2009 abzuschaffen. Kapitalerträge sollten noch geringer oder im besten Fall gar nicht besteuert werden, um private Investitionen zu fördern. Deutschland braucht nach wie vor mehr Kapitalmarktbeteiligung, und eine geringere Steuerlast auf Dividenden und Kursgewinne würde Anreize für langfristiges Investieren setzen, Altersvorsorge erleichtern und Unternehmertum attraktiver machen.

Zudem halte ich es für essenziell, die finanzielle Bildung bereits in der Schule stärker zu verankern und auch Erwachsenen eine bessere Aufklärung über wirtschaftliche Zusammenhänge zu ermöglichen. Ein solides Verständnis der Kapitalmärkte und finanziellen Entscheidungsmechanismen würde dazu beitragen, dass mehr Menschen von den Chancen langfristiger Investitionen profitieren und dadurch ein besseres Leben oder sogar finanzielle Unabhängigkeit erreichen können.

Werden wir persönlich: Was machst Du in Deiner Freizeit – und sag´ jetzt nicht „Lesen und Freunde treffen”.

Ich bin gerne aktiv, spiele Fußball und fahre mit meinem Gravel-Bike in die Natur oder gehe mit meiner Familie im bayerischen Alpenvorland wandern. Häufig findet man mich auch auf Flohmärkten und Oldtimertreffen oder ertappt mich beim Reparieren alter Unterhaltungselektronik. Ich mag den Kontrast zwischen moderner Technologie und altem Handwerk.

Wie bezahlst Du an der Supermarktkasse? 

Nicht mit Bargeld – sondern digital mit meinem iPhone oder meiner Apple Watch und einer Debitkarte mit Cashbackfunktion, die dahinter eingerichtet ist.

Welche Finanz-Apps sind Deine drei beliebtesten? 

Gefühlt die Hälfte meiner installierten Apps haben Finanzbezug, am häufigsten nutze ich wohl Trade Republic, Lexware und Bitpanda, die Banking-Apps meiner Banken einmal außen vorgelassen.

Autor

  • Bei Payment & Banking navigieren wir Dich durch die dynamische Landschaft der Finanz- & Fintech-Branche. Wir sind ein vielseitiges und diverses Team aus Gründer:innen, Investor:innen, Berater:innen und Redakteur:innen mit der Mission, tiefere Einsichten zu liefern und die Branche aktiv zu formen. Als unabhängiger Wirtschafts-Hub berichten, recherchieren und analysieren wir die wichtigsten Themen rund um die Themen Payment, Banking, FinTech und mittlerweile auch Krypto und digitale Assets.

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