„Wir machen keine Innovation um der Innovation willen“

Dominik Schütz, Leiter des Innovation Lab der LBBW, spricht über die notwendigen Innovationen in einer Landesbank, warum die Zusammenarbeit mit Start-ups komplizierter ist – und warum das Kryptogeschäft bald zum Standard wird.

Herr Schütz, Sie leiten das Innovation Lab der LBBW. Wie können wir uns das Innovation Lab einer Landesbank vorstellen?

Wir haben im Kern drei Teilbereiche, mit denen wir uns beschäftigen. Wir screenen zum einen den Markt, wollen im Blick behalten, wo die Reise technologisch hingeht und welche Innovationen wir für unser Geschäft nutzen können. Zum anderen haben wir natürlich einen Inkubator, um Lösungen intern zu entwickeln. Und dann betreiben wir Venture Clienting, finden also Start-ups und junge Unternehmen, deren Produkt wir nutzen wollen.

Welche Kriterien müssen eine Technologie oder ein Produkt denn erfüllen, um für die LBBW interessant zu sein?

Innovation muss wirtschaftlich und machbar sein. Heißt: Wir müssen glauben, dass es einen positiven Business Impact für uns hat. Das kann auch durchaus ein sozialer Beitrag sein. Bei der Machbarkeit geht es natürlich um Kosten, aber auch um die Regulatorik. Für unser Kryptogeschäft war MiCAR zum Beispiel sehr wichtig, das gibt uns zusätzliche Sicherheit.

Also Innovation, aber vorsichtig. Ist das nicht ein Widerspruch?

Nein. Wir machen ja keine Innovation um der Innovation willen. Was wir ins Unternehmen einbringen, muss auch in der Realität funktionieren. Deswegen tauschen wir uns regelmäßig mit den Kollegen aus, die den Kundenkontakt haben und uns spiegeln, was diese sich wünschen und brauchen. Natürlich gibt es Dinge, bei denen es heute noch nicht abzusehen ist, welchen Impact sie tatsächlich haben werden. Wir schauen uns zum Beispiel das Thema Quantencomputing intensiv an und das Metaverse. Dafür kriegen wir durchaus den Freiraum, weitläufig zu erproben, was funktionieren könnte.

Labore und Inkubatoren haben über die Jahre quasi alle Finanzinstitute aufgesetzt. Oft gab es erst viel Trara, dann aber eher wenig Zählbares. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Wir waren schon an einigen wichtigen Innovationen in der LBBW beteiligt. Unser internes ChatGPT-Modell würde ich dazu zählen, ebenso die Verwahrung von Digital Assets. Aus unserem Inkubator gibt es auch konkrete Ergebnisse, etwa ein Projekt zum generationenübergreifenden Sparen. Klar ist aber, dass es das noch nicht war. Wir haben unser Team und unsere Prozesse in den vergangenen Monaten erst endgültig aufgebaut, sehr bald werden wir dann die nächsten Ergebnisse haben.

Man hat ja ein gewisses Klischee vom eher konservativen Landesbank-Kunden im Kopf. Interessiert der sich denn überhaupt für das Thema Krypto?

Dieses Klischee hat nichts mit der Realität zu tun. Klar, wir haben zum Beispiel viele Mittelständler unter unseren Kunden, in Baden-Württemberg gibt es schließlich so viele wie sonst nirgendwo in Deutschland. Aber gerade die sind hochinnovativ und wissen sehr genau, was aktuell relevant ist und was sie wollen. Die erwarten, dass wir ein Thema wie Custody abdecken. Das ist nichts Verrücktes, das wird sehr bald Standard sein.

Die Zusammenarbeit mit Start-ups, gerade als Dienstleister, birgt reichlich Risiken aufgrund der sehr jungen Unternehmensstrukturen. Ergibt es da nicht mehr Sinn, Dinge lieber intern zu entwickeln?

Das ist eine Einzelfallentscheidung. Unser Treasury-Geschäft über ein Fintech abzuwickeln, das wäre Quatsch. Aber Screening-Prozesse lassen sich so gut lösen. Wir sammeln regelmäßig Probleme von unseren Kollegen in anderen Abteilungen und schauen dann, für welche es sich eher anbietet, externe Lösungen einzukaufen. Die Zusammenarbeit mit Start-ups bietet schließlich auch viele Vorteile. Sie haben die nötigen Spezialisten-Teams, die wir erstmal aufbauen müssten. Klar, bei Start-ups schauen wir auf andere Punkte als bei „normalen“ Dienstleistern. Und wenn dann eine Red Flag auftaucht – etwa Probleme in der Gesellschafterstruktur oder fehlende Zertifizierungen – lassen wir es natürlich. Als Resultat ist unser Screening-Prozess sogar rigoroser als bei Dienstleistern mit längerer Historie.  

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Dominik Schütz leitet das Innovation Lab der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Auf der Banking Exchange in Frankfurt diskutierte er über die Frage, welche Innovationen eine Bank am Besten in-house löst und wann sich Kooperationen mit anderen Unternehmen und Plattformen anbieten. Welche Themen er im Innovation Lab ansonsten noch betreut und was sich die LBBW-Kunden vor allem wünschen, verrät er im Interview. 

Autor

  • Lars-Thorben Niggehoff ist freier Journalist und Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei. Er schreibt über Finanzthemen, Mittelstand und den Immobilienmarkt, neben Payment & Banking unter anderem auch für Brand Eins, Capital, Welt und Wirtschaftswoche.

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