Wie steht’s? Funding-Winter oder Finanzierungs-Frühling?

Die Unsicherheit ist groß – wie geht es weiter an den Weltmärkten angesichts hoher Inflation und Ukrainekrieg? Greift der Frost damit auch auf das Funding von Payment-Startups über, auf deren Entwicklungskapazitäten? Oder ist das Mikroklima doch ein milderes?

„Winter is coming“, den Spruch kennen alle Freunde von „Game of Thrones“ und auch alle anderen wissen: ein kalter Winter und Frost lähmt. Beides sind jedoch gute Bilder für die Payment-Branche. Deren Mitglieder leiden aktuell durch die Gemengelage aus Covid, Ukrainekrieg, Inflation und knapper Energie unter einem unwirtlichen Umfeld für Investoren.

Das kann man wegen der zeitlichen Korrelation so sehen“, sagt Nikola Jelicic, Senior Manager bei der Strategie-, IT- und Managementberatung zeb. Er rät jedoch dazu, etwas genauer hinzusehen: Das Börsenumfeld sei von der Zinswende und der politischen Unsicherheit (Ukraine-Krieg, Disruption der globalen Supply Chains) betroffen, es gilt aber auch: Investoren nehmen skalierbare Geschäftsmodelle genauer unter die Lupe. „Der Hype einer Experimentierphase ist zu Ende“, sagt er.

Kontinuierlich sinkende Investitionen im Jahr 2022

Dafür sprechen auch die Zahlen des Jahres 2022. Über das vergangene Jahr sanken die Investitionen, die VC-Investoren in Fintechs steckten, von Quartal zu Quartal. Eine Erfahrung, die auch Solaris machte. „Aufgrund der Marktentwicklung im Jahr 2022 haben wir die IPO-Readiness noch nicht erreicht“, begründet das Unternehmen die gedrosselte Geschwindigkeit in manchen Entscheidungen. Nicht weniger als schnelles Wachstum, schwarze Zahlen und ein IPO standen auf der Agenda. Aus letzterem wird zunächst erst einmal nichts.

Auch SumUp setzt sich mit dem veränderten Umfeld auseinander. „Der Markt ist insgesamt rauer und umkämpfter geworden“, weiß Mitgründer Marc-Alexander Christ. Noch vor etwa fünf Jahren sei viel investiert worden, ohne tatsächlich darauf zu blicken, ob Start-ups oder Unternehmen profitabel sein würde. Es war einfach ziemlich viel Geld im Markt. „Mittlerweile schauen Investoren sehr genau auf die (mögliche) Profitabilität und die künftigen Wachstumsmöglichkeiten, bevor sie Geld freigeben“, sagt Christ.


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Anleger haben allerdings auch weiterhin ein Interesse daran, ihr Geld gewinnbringend anzulegen. Die Möglichkeit, großangelegte Investitionen zu erzielen, sind nach wie vor gegeben. An einigen aktuellen Finanzierungsrunden lässt sich das recht gut erkennen. So konnte etwa Moonfare zuletzt seine Serie-C-Finanzierung um weitere 15 Millionen Dollar erweitern. Diese Summe eingerechnet, hat das Unternehmen nun insgesamt rund 130 Millionen US-Dollar eingesammelt.

Auch SumUp ging nicht leer aus. Im Juni vergangenen Jahres schloss das Unternehmen eine Finanzierungsrunde in Höhe von über 590 Millionen Euro ab und erzielt nach einem Jahrzehnt des Wachstums und globaler Expansion eine Bewertung von 8 Milliarden Euro.

Fokus auf die Kunden ist der Schlüssel zum Erfolg

Die einen haben noch Zugang zum Geld, bei den anderen holpert es. Das führt zu geringerer technologischer Weiterentwicklung und mitunter einer unangenehmen Kündigungswelle. War es das? Nikola Jelicic dazu: „Es heißt nicht, dass immer die neuste Technologie gewinnt. Dem Kunden ist die eingesetzte Technologie im Zweifelsfall egal – ein smartes Einsetzen der technologischen Möglichkeiten in einer möglichst maßgeschneiderten Kundenreise gewinnt. Deswegen ist das tiefe Verstehen der Kundenbedürfnisse weiterhin der entscheidende Faktor, um bei Kunden zu punkten.“

Unternehmen tun sicher jetzt gut daran, ein breiteres und durchdachtes Ökosystem aufzubauen und sich daher nicht nur auf ein Produkt zu fokussieren. Es macht sie unabhängiger und stellt sie insgesamt nachhaltiger auf. Ferner sollten sie jetzt mehr denn je einen Break-even-Point anvisieren, um möglichst profitabel zu agieren. „Gerade in den momentan herausfordernden Zeiten, in denen es für Unternehmen schwierig ist, frisches Kapital einzusammeln, können sie nur so unabhängig, krisenfest und rentabel sein“, führt auch Christ aus.

Am Ende bedeutet das: Der Funding-Winter geht weiter. Aber manche Unternehmen haben dickere Wintermäntel als andere, was sie weniger anfällig für Erfrierungen macht.

Um dieses Thema geht es auch auf dem Panel auf der Payment Exchange 23: En época de crisis? Infektion, Invasion, Inflation – wie kommt die Payment-Branche durch die Krise?

Autoren

  • Arne Gottschalck arbeitet als Redakteur und Autor. Seine Schwerpunkte sind die Themenbereiche Wirtschaft, Finanzen und Technik. Er arbeitet seit 2017 als Redakteur bei der Corporate Publishing Agentur JDB.de. Zuvor war er über zehn Jahre als Journalist beim Manager Magazin angestellt.

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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