Wer ist eigentlich …LAMIE?

Auch in der Welt der Insurtechs gibt es viele Firmen, die eher selten von den Medien beachtet werden. Das wollen wir ändern und stellen in loser Reihenfolge Insurtechs vor, die mehr Aufmerksamkeit verdienen. Heute blicken wir auf LAMIE aus Österreich. 

Die Wahrscheinlichkeit, in unseren täglichen News aufzutauchen, steigt deutlich, wenn ein Insurtech ein großes Funding zu verkünden hat. Damit kann LAMIE aus Österreich nicht dienen, denn bisher finanziert sich der Aufbau der Firma aus eigenen Mitteln. Bootstrapping, wie das so schön heißt.

Wer oder was ist LAMIE?

Das im österreichischen Linz beheimatete Unternehmen gehört zur eher seltenen Kategorie der „Full-Stack-Insurtechs“, auch als Neo-Carrier bezeichnet. LAMIE vertreibt also in erster Linie eigene Produkte auf eigene Rechnung und Risiko. Es gibt aber auch (kleine) Teile des Produktportfolios, in denen mit Dritten als Erstversicherer und Risikoträger kooperiert wird. In dieser Konstellation übernimmt das Insurtech also die Rolle des Assekuradeurs. 

Und wer steckt hinter LAMIE?

LAMIE wurde 2015 von den beiden Brüdern Christian und Roland Pedak gegründet und erhielt im selben Jahr noch eine EU-weite Versicherungslizenz. Inzwischen zählt das junge Unternehmen 70 Beschäftigte. Zwei Jahre nach der Gründung expandierte LAMIE über Österreich hinaus und ist inzwischen in acht Ländern aktiv (u. a. Slowenien, Kroatien, Bulgarien). 

Nach eigenen Angaben hat das Insurtech inzwischen 500.000 Kund:innen und wickelt jährlich über 60.000 Schadensfälle ab. Damit erreiche LAMIE im Jahr 2020 ein Prämienvolumen (GWP) von 20 Mio. Euro. Für ein kleines Unternehmen eine beachtliche Größe. Doch in dieser Hinsicht gleicht unser Nachbarland dem deutschen Markt. Verglichen mit dem Gesamtvolumen des Marktes ist das eher verschwindend gering.

Den Begriff „Versicherer“ hört LAMIE indes nicht so gern. Der Name selbst bedeutet schließlich nichts anderes als „Freund:in“. So spricht Thomas Aumayr, beim Insurtech für Marketing und Produktmanagement zuständig, auch davon, dass LAMIE „im ‚Ent-täuschungs Business‘ tätig ist.“ „Durch die Verbindung von digitaler Technologie und innovativem Versicherungsdesign wollen wir die Kunden von der ‚Blackbox‘ Versicherungen befreien“.

Das Produktangebot von LAMIE

Zur Produktpalette von LAMIE gehören:

  • Haushaltsversicherung
  • Hochzeitsversicherung: Wenn der große Tag im Leben des Brautpaares wegen Unfall, Ausfall der Location oder des Fotografen, Verlust der Eheringe oder anderer widriger Umstände nicht stattfinden kann. Oder nicht so abläuft wie geplant.
  • Festwetterversicherung: Fällt eine Veranstaltung sprichwörtlich ins Wasser, wird vom Sturm aufgerieben oder von Schneemassen bedeckt, zahlt die Versicherung.
  • Cyberversicherung: Ebenfalls inzwischen ein Klassiker, dem sich auch andere Versicherer widmen.
  • Reiseversicherung: Erkrankungen, Unfall, Verlust des Gepäcks – es gibt viele Gründe, warum eine Reise alles andere als erholsam ist.
  • Handyversicherung

Einige der Produkte, wie etwa die Cyberversicherung, gibt es exklusiv über Mobilfunkprovider des Landes. Die Mehrzahl der angebotenen Versicherung schüttet im Schadensfall feste Beträge aus, etwa bei der Festwetterversicherung. Hier ist LAMIE also fast schon „klassisch“ unterwegs. Gut kalkulierbare und überschaubare Risiken lasse sich mit ebenfalls überschaubaren Beiträgen absichern. 

Warum ist das Insurtech interessant?

In den Produktbeschreibungen der angebotenen Versicherungen taucht ziemlich häufig der Begriff der „Automatisierung“ auf. Und tatsächlich setzt LAMIE stark auf Parametrik. Wohl auch einer der Gründe, warum das Insurtech in einem Report von Oliver Wyman ausdrücklich im Bereich „Neo-Carrier mit Produktinnovationen“ erwähnt wurde. 

Für die Festwetterversicherung müssen die Versicherten nicht erst eine Schadensmeldung schreiben, denn es liegen ja entsprechende Wetterdaten vor. Und beim Thema Reiseversicherung greift das Insurtech auf Roaming-Daten der Mobilfunkanbieter zurück. Das erleichtert die Sache für die Kunden, reduziert auf der anderen Seite natürlich die Aufwände beim Insurtech selbst.

Ebenfalls bemerkenswert ist die konsequente Umsetzung der Strategie der „Embedded Insurance“. Dadurch, dass sich das Insurtech in die Ökosysteme anderer Anbieter einklinkt, hat es deutlich geringere Kosten, was die Gewinnung neuer Kund:innen betrifft. So spart sich das Unternehmen Kosten für das Marketing, wie etwa dem Sportsponsoring. So verwundert es nicht, dass LAMIE nach eigenen Angaben profitabel arbeitet. 

Thomas Aumayr bei LAMIE u.a. fürs Marketing zuständig

Wo geht’s hin mit LAMIE?

Aktuell arbeitet LAMIE an neuen Produkten und dem Ausbau von Partnerschaften. Zielkunden sind hierbei u. a. auch Banken. Zudem ist auch der Markeintritt nach Deutschland geplant. Hierzulande sieht Aumayr sogar günstigere Voraussetzungen als in unserem Nachbarland: „In Deutschland sehe ich eine deutliche höhere digitale Versicherungsaffinität als in Österreich. Während es in Deutschland seit Jahrzehnten Direktversicherungsangebote gibt und Online-Angebote schon sehr früh starteten, wurden die in Österreich eher verhindert.“ 

An die Disruption der Versicherungswelt durch einen einzelnen großen Player, der alle tradierten Anbieter das Fürchten lehrt, glaubt bei LAMIE niemand.

Was sich aber ändert wird, sei die Art und Weise, wie wir uns versichern. „Die größten Versicherungsanbieter werden keine Versicherer mehr sein, sondern versicherungsfremde Anbieter, in deren Ökosysteme innovative Versicherungslösungen intuitiv eingebunden sind“, so Aumayr. 

Und dafür wäre LAMIE mit der gewählten Strategie tatsächlich gut aufgestellt. 

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Autor

  • Stephan ist seit Anfang der 90er Jahre online und hat eine ausgeprägte Fintech-Vergangenheit (Star Finanz, Hypoport). Bei der Hypoport-Tochter Dr. Klein war er u.a. für das Produktmanagement und den Bereich Business Development verantwortlich. Seit über 10 Jahren schreibt er über ausschließlich über Tech, Retail, E-Commerce und Insurance.

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