Als Team von Payment & Banking versuchen wir, einen kontinuierlichen Überblick über die Branche zu behalten und berichten über kleine wie große Fintechs und Insurtechs, über etablierten Banken ebenso wie über Neo-Banken, über digitale Strategien, über große Investitionen nationaler und internationaler Geldgeber, schreiben über Exits und liefern Analysen zu aktuellen Themen.
Manche Unternehmen erscheinen dabei häufiger in der Berichterstattung als andere. Das wollen wir ändern und starten mit „was macht eigentlich …“ eine neue Rubrik, in der wir den vielen tollen Unternehmen der Branche Aufmerksamkeit schenken werden, die einen hervorragenden Job machen, im täglichen Business aber manchmal ein wenig unter dem Radar bleiben. Wir wollen wissen, was die Gründer gerade umtreibt, was Stand der Stunde ist, welche Pläne aktuell verfolgt werden und womit uns das Unternehmen sogar bald überraschen wird.
In der aktuellen Ausgabe sprechen wir mit Max Nedjelik vom Wiener Softwareentwickler baningo. Freie Beraterwahl, Bankunabhängigkeit und moderne digitale Konzepte – darauf baut baningo. Das Unternehmen wurde 2015 gegründet und definiert sich als „bankübergreifende Online-Filiale“. Co-Gründer Max blickt mit uns zurück zu den Anfängen des Unternehmens, erklärt, was er heute anders machen würde und welche Investoren hinter dem erfolgreichen baningo-Angebot stehen.
Hallo Max, Lange nichts voneinander gehört ….
Ja stimmt, wir sind medienscheu, schüchtern und eher introvertiert. Aber es wird besser – wir schauen in Gesprächen nicht mehr auf die eigenen Schuhe, sondern schon auf die Schuhe unseres Gegenübers. Außerdem haben wir uns mehr auf Produkt, die Weiterentwicklung und die Kunden fokussiert. Mit unserer b2b Lösung baningo-select konnten wir mit der Hamburger Sparkasse beispielsweise auch gleich einen prominenten Kunden gewinnen und das Thema Wunsch-beratung“, bzw. der „Beraterfinder“, hat damals auch einige Medien-Aufmerksamkeit bekommen. Wir haben unseren Hauptsitz ja in Österreich und sind erst Mitte 2018 in Deutschland gestartet. Vor allem in Sachen PR und Medien sind wir noch nicht so gut vernetzt.
Fünf Jahre baningo – herzlichen Glückwunsch dazu. Welches Problem hattet ihr seinerzeit identifiziert?
Danke! Ja, die letzten fünf Jahre sind tatsächlich wie im Flug vergangen. Während meiner Zeit bei der Bank, fragten mich Freunde immer, warum Banking denn so mühsam sei. Hinzu kamen Fragen, wieso es so schwierig sei gute Bankberater zu finden und/oder warum diese nie erreichbar wären usw.
Für mich war klar, dass Kontakt zur Bank und zum Berater ein echter Pain für Kunden ist. Unsere Grundidee bei baningo war, dieses Problem zu lösen und Bankkunden das Zepter in die Hand zu geben, um selbst entscheiden zu können „wann“ mit „wem“ „wie“ – über welchen Kanal – sie über ihre Finanzthemen sprechen möchten. Das haben wir zu Beginn mit einer B2B2C-Plattform umgesetzt – mit allen Herausforderungen, die damit verbunden sind.
Vielleicht waren wir damals auch einfach noch zu früh, denn in Österreich sind wir ja bekanntlich immer ein paar Jahre hinter den großen Nachbarländern und bestimmt auch etwas blauäugig. Oftmals waren die Banken, bzw. deren Berater, in unserer „bankübergreifenden Online-Filiale“ jedenfalls noch nicht fit. Beispielsweise im Umgang mit Online-Leads, die über unsere Plattform gekommen sind. Viele haben einfach nicht rasch genug auf Anfragen reagiert. Das funktioniert heute schon deutlich besser!
„Es braucht im ersten Schritt kein Office in Deutschland“
Du sagst es: Ihr seid seinerzeit in Österreich gestartet. Wann kommt das Office in Deutschland?
Das ist tatsächlich eine spannende Frage, mit der wir uns aktuell beschäftigen. Die Idee ist im ersten Schritt unseren Vertrieb mit Personen zu verstärken, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben – da braucht es nicht unbedingt ein Office. Darüber hinaus sind wir kürzlich in der Sparkassen-Finanzgruppe eine sehr spannende Kooperation mit der S-Markt & Mehrwert GmbH & Co.KG eingegangen. Dieses Tochterunternehmen des Sparkassen Verlags macht Marketing und Vertrieb für unseren „Beraterfinder“ für die knapp 380 deutschen Sparkassen. Das ist für uns eine großartige Sache.
Ihr seid als B2C-Plattform gestartet. Jetzt B2B – wie ist es zu dieser „Neuausrichtung“ gekommen?
Nach zwei Jahren haben wir uns entschlossen, unsere Lösung als white-label auch B2B anzubieten und direkt in den Web-Auftritt von Finanzdienstleistern zu integrieren. Das Feedback aus der Branche zu dieser Idee war sehr gut, es gab rasch erste Interessenten. So haben wir mal ein MVP entwickelt und dafür auch eine schöne Förderung für diesen innovativen Ansatz bekommen. Aus dem wurde rasch ein „MSP“ (minimum sellable product), denn wir konnten mit dieser SaaS-Lösung gleich erste namhafte Kunden, wie z.B. die Hamburger Sparkasse, gewinnen.
Diese neuen B2B-Kunden, allen voran die Haspa, haben uns mit ihrem Feedback sehr dabei geholfen das Produkt in die richtige Richtung weiter zu entwickeln und bald war klar, dass wir in diesem Geschäftsfeld schneller wachsen können. Heute legen wir den Fokus voll auf diese Lösung, konnten weitere namhafte Kunden in allen drei DACH-Ländern gewinnen und uns als professioneller Software-Anbieter etablieren.
„Die Kombination aus digitaler Sichtbarkeit und einfacher Zugänglichkeit zum Menschen wird ein wachsendes Serviceangebot sein.“
Immer weniger Menschen suchen einen Bankberater auf – ist baningo nicht ein „aussterbendes“ Serviceangebot?
Studien zeigen, dass zwar neun von zehn Kunden online zu ihren Finanzthemen recherchieren, doch über zwei Drittel wollen oder brauchen persönliche Beratung. Speziell bei komplexeren Themen bzw. in den gehobenen Segmenten, in welchen Banken noch Geld verdienen. Das Problem ist jedoch, dass es Banken den Kunden meist wirklich schwer machen, diesen persönlichen Kontakt herzustellen – vor allem aus dem Online-Bereich heraus, in welchem die (Neu-)Kunden sich heute vorrangig bewegen. Diese Interaktion mit Menschen muss auch nicht mehr unbedingt in der Filiale stattfinden. Die Corona-Pandemie hat hier einen richtigen Digitalisierungsschub erzwungen und plötzlich ist das Thema Video-Beratung für Banken und Kunden nicht mehr wegzudenken!
Gerade die Kombination aus digitaler Sichtbarkeit und einfacher Zugänglichkeit zum Menschen wird ein wachsendes Serviceangebot sein. Es gibt viele Anliegen, für die es nicht unbedingt die Interaktion mit Menschen braucht und wo entsprechende Ressourcen nicht ideal eingesetzt wären. Das lässt sich heute gut filtern, differenzieren und entsprechend anders routen. Mit unseren kurzen Klickstrecken können wir individuell routen und die Lösung auf die Segmentierung und Betreuungssystematik anpassen.
„Es gibt viele Anliegen, für die es nicht unbedingt die Interaktion mit Menschen braucht.“
Wie ist eure Einschätzung hinsichtlich der Hausbanken?
Heute wird es immer leichter die Bank zu wechseln. Die Angebote werden transparenter und die Kunden sind besser informiert. Damit wird es wohl auch schwieriger Alleinbank oder Hausbank für Kunden zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Tech-Giganten mit ihren (Bezahl-)Lösungen zunehmend wichtige Kundenschnittstellen besetzen. Was können Banken also tun?
In einer immer digitaleren Welt, wird es in Zukunft verstärkt auf die emotionale Beziehung zu Kunden ankommen. Leidenschaft, Empathie, Kreativität – das sind Fähigkeiten, die uns Menschen vorbehalten sind und über welche es Berater schaffen, eine echte Beziehung zu Kunden aufzubauen bzw. über welche es gelingen kann „Hausbank“ zu sein oder noch besser: „Partner im Finanzleben“ der Kunden zu werden.
Baningo: Am Anfang kein Hockey Stick Wachstum
Was waren die größten Fehlschläge/Fehlentscheidungen? Was würdet ihr heute anders machen?
Wir haben bei baningo am Anfang vielleicht nicht das heißersehnte „hockey-stick Wachstum“ hingelegt, von dem alle Start-Up Gründer träumen. Doch wir haben im Management-Team sehr viele gute Entscheidungen getroffen, die dazu geführt haben, dass es uns heute noch gibt und wir so gut aufgestellt sind wie noch nie.
Würden wir heute nochmal gründen, dann wohl eher nicht in Österreich. Natürlich würden wir ein paar Anfängerfehler nicht mehr machen und wir würden wohl ein Produkt bauen, das auch von KMUs leichter eingesetzt werden kann. Mit Corporates zu arbeiten ist nicht immer einfach. Es gibt so viele die mitreden wollen, Entscheidungen dauern lange und Kundenfokus ist nicht durchgängig das große Ziel. Jetzt haben wir zwar selbst den Schritt aus der Corporate-Anstellung getan, und das auch nicht bereut, doch wir sind schon wieder mitten in dieser Welt – mit dem Unterschied, dass das Schmerzensgeld heute nicht so hoch ist.
Warum habt ihr euch für eine White-Label-Lösung entschieden?
Die White-Label Lösung baningo-select, in Kombination mit dem SaaS.-Geschäftsmodell, ist eine Möglichkeit einerseits unser Produkt zu skalieren und andererseits eine gewisse Flexibilität bezüglich Individualisierungsmöglichkeiten anzubieten. Das ist kein einfacher Spagat, denn oft wünschen sich Kunden sehr viel Customizing und haben sehr genaue Vorstellungen und viele zusätzliche Idee. Da muss man dann halt auch mal „Nein“ sagen und riskieren, einen Auftrag nicht zu bekommen, bevor man sich in einem langwierigen Software-Projekt wiederfindet und zu viele Ressourcen bindet.
Wie sehr hat baningo select durch Corona einen Push bekommen?
2020 war auch für uns nicht einfach, denn wir hatten Anfang des Jahres gut Schwung aufgenommen und eine volle Pipeline. Dann plötzlich waren Banken mit ganz anderen Themen beschäftigt und haben alles zeitlich nach hinten geschoben. Das spüren wir auch jetzt noch! Für 2021 bin ich sehr optimistisch.
Welche Investoren stehen bei euch im Hintergrund?
Ich bin sehr froh, dass wir bis heute im Gründer- bzw. Management-Team mehr als 75 Prozent der Anteile an der baningo GmbH halten. Als ich noch im Corporate Banking der Erste Bank gearbeitet habe, war einer meiner Kunden ein etabliertes Start-Up, welches gerade einen tollen Exit hingelegt hatte. Die Gründer blieben dort vorerst noch an Bord und sind unsere ersten und größten Investoren. In der Seed-Runde mit der B2B-Lösung ist dieser Investor mitgezogen und es sind weitere Business-Angels dazu gekommen, die wirklich gut zu uns passen. Ich bin stolz, dass wir mit Byron Haynes, den ehemaligen CEO der Bawag P.S.K., einer der Top 5 Banken Österreichs, als Investor und Advisor an Bord haben. Generell ist auch unser advisory board prominent besetzt und unterstützt uns auf großartige Art und Weise.