Holvi Gründer kauft sein eigenes FinTech zurück

Einer der Gründer kauft das finnische Business-Banking-Fintech Holvi, das hierzulande angeblich 90.000 Kunden haben soll, von der spanischen Großbank BBVA zurück. Das geht aus einer E-Mail hervor, die Kunden letzte Woche erhalten haben. 

Wörtlich heißt es dort:
„Wir haben aufregende Neuigkeiten über unser Unternehmen, die wir gerne mit dir teilen möchten. Heute haben wir bekannt gegeben, dass Holvi zu einem neuen Eigentümer, Keru Fintech Investments Oy, gewechselt ist. Der Besitzer von Keru ist Tuomas Toivonen, einer der Gründer von Holvi. Der Wechsel wurde bereits von der Finnischen Finanzaufsichtsbehörde (FIN-FSA) genehmigt.“

Holvi wurde 2011 gegründet und 2016 von der BBVA übernommen. BBVA hatte in den Jahren zuvor eine Reihe von Investitionen im Fintech-Bereich getätigt, teilweise für viel Geld. 2014 kaufte das Unternehmen die US-Banking-App Simple für 117 Millionen Dollar. Ende 2015 folgte eine Investition von 68 Millionen Dollar in das britische Fintech Atom – für 29,5 Prozent.

Bereits am 7. Januar machte folgende Meldung die Runde:
Die BBVA schaltete die Mobile- und Online-Banking-App Simple, die sie 2014 für 117 Mio. USD erworben hatte ab. Die Konten werden in das USA-Geschäft der BBVA verlagert.

„Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die für die Zukunft des Unternehmens am sinnvollsten sind, sei es auf einer eigenständigen Basis oder einer potenziell kombinierten Basis mit PNC“, sagte BBVA in einer Erklärung. „Infolgedessen beschleunigen wir heute einige Veränderungen und stoppen die Arbeit an anderen, einschließlich der Schließung von Simple.“

Was ist los bei den Spaniern? Strategische Neuausrichtung, in welche Richtung? 
Was haben Simple und Holvi miteinander zu tun?

Und das sagt das Payment & Banking Team

André M. Bajorat

Ich denke, das Ganze ist eine Konzentration aufs Kerngeschäft. BBVA zeigt schon seit einiger Zeit, dass Spanien und Südamerika im Fokus stehen. Die USA – Simples Homebase – sowie Holvi – Nord und Mitteleuropa – passen da scheinbar nicht mehr ins Portfolio.

Zum Zeitpunkt der Übernahme der beiden Vorzeige-Fintechs war die BBVA in ihrer Transformation zum Tech-Player. In solchen Momenten können Acquisitionen ein super Signal sein, um auch intern mehr Speed und einen Wandel im Kopf zu erzeugen.

Was geht, BBVA?

 So scheint es mir nicht abwegig, dass der Mohr seine Schuldigkeit getan hat und kein Platz mehr für diese Art der “Spielerei” ist. Warum es nicht zu mehr als einer Spielerei gereicht hat, ist die andere Frage. Bei Holvi hatte ich immer das Gefühl, dass es keinen klaren Fokus im Produkt gab, sondern das die Vielfalt fast schon Programm war. In einem Markt der mehr und mehr vertikalisiert und spezialisiert ist, wohl keine passende Antwort. 

Jochen Siegert

BBVA hatte damals sowohl bei Simple als auch Holvi zeitlich ein frühes, gutes Händchen. Simple war DAS Vorbild für die vielen erfolgreichen Neobanken, wurde aber nach etwas mehr als 6 Jahren in den Händen der BBVA kürzlich geschlossen. Holvi ging an den Markt mit der KMU-Banking-Value Proposition, die von vielen später, aber erfolgreicher kopiert wurde. Ich denke da Qonto aus Frankreich, Kontist und Penta aus Deutschland oder auch Revolut und N26 mit KMU Angeboten. Den ehemaligen CEO Holvi hatten wir erst im April letzten Jahres im Podcast als er über die Holvi-Expansion nach UK sprach. Während N26 sich gerade zurückzog, glaubte er und Holvi stark an das Potential des britischen Marktes, nur um sich knapp 6 Monate später wieder zu verabschieden.

Was geht, BBVA?

Offensichtlich waren beide Ventures frühe Innovatoren und klare Vorbilder. Timing ist auch im FinTech-Segment alles und vielleicht waren beide schlicht zu früh unterwegs. Wer weiß wie sich beide Modelle außerhalb der BBVA entwickelt hätten, wäre damals die Funding-Situation mit der heutigen vergleichbar gewesen. Vielleicht hat die BBVA nun auch genug vom Know-How und Technologietransfer ins Kerngeschäft profitiert und kann sich von den “Speed”-Boats trennen, wer weiß. Holvi, wieder geführt vom Gründer, kann sich selbständig sicher anders weiter entwickeln als im BBVA-Konzern. Ob Holvi aber gegen die anderen KMU Fintechs in Europa jetzt noch aufschließen kann, da bin ich mir nicht sicher. Ich denke sie werden ein lokaler Player in Skandinavien bleiben.

Kilian Thalhammer

Irgendwie Schade, haben wir doch in alter deutscher Manier immer auf die BBVA geschaut – die macht es richtig, wir machen es falsch und dachten dabei, wir werden abgehängt. Und nun sang und klanglos eingestellt. Man kann viel mutmaßen, über fehlende Integration, über Mindset, über technologische Hürden, Managementwechsel, Strategiewechsel oder vielleicht haben sie einfach “genug gelernt“? Von Learning sieht man von außen nicht viel, von innen mag ich es nicht beurteilen.
Warum “lässt” man beides nicht parallel laufen in Richtung Profitabilität? Man muss nicht zwangsweise integrieren, auch eine Comdirect lief stand alone sehr gut. Heißt das etwa, dass Modell funktioniert generell nicht, weder Holvi noch Simple? Wäre aber für mich zu einfach gedacht.
Ist vielleicht der Mut verloren gegangen? Haben Holvi und Simple “einfach genervt”? – Wareb sie ein Klotz am Bein? Nicht selten werden solche Entscheidungen aus der Emotionalität heraus getroffen.. Ich weiß es nicht, ich hoffe aber weiter auf das Thema – und vermutlich haben nun Penta und Kontist nun einen “alten” Konkurrenten wieder.

Viel Glück den Holvi “Wiederkäufern” und eine gute nächste Reise – vielleicht war es einfach die falsche Zeit

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