Was der Börsengang für Klarna und andere Fintechs bedeutet

Klarna-Logo mit Börsengrafik – Was der IPO für Fintechs bedeutet

Während die Märkte unter Zollen und Rezessionsängsten zurückschrecken, träumt das schwedische Fintech vom großen Wurf an der US-Börse. Trotz der Krisen könnte der Plan aufgehen und zum Vorbild für andere werden.

Als die ersten Gerüchte über einen bevorstehenden Börsengang des schwedischen Fintechs Klarna im vergangenen Jahr aufkamen, war die Welt noch eine andere. Joe Biden war US-Präsident und an der Börse ging es steil nach oben. 

Ein paar Monate später, genauer am vergangenen Freitag, reichte Klarna dann seinen Börsenprospekt bei der amerikanischen Börsenaufsicht, der Securities and Exchange Commission (SEC) ein. Die Klarna-Aktie soll bald unter dem Kürzel “KLAR” an den Start gehen und mit einer Bewertung von 15 Milliarden Dollar mehr als eine Milliarde US-Dollar für das Unternehmen einbringen. Inzwischen ist aber viel passiert: Donald Trump ist US-Präsident, er brach einen Zollkrieg vom Zaun, es folgte eine ordentliche Kurskorrektur an den Märkten. 

Warum jetzt?

Ganz so schlecht, wie es die allgemeine Marktlage vermuten lässt, ist der Zeitpunkt für Klarnas IPO aber trotzdem nicht. Im Gegenteil: Viel spricht dafür, dass der Börsengang ein Erfolg werden könnte. 

Zum einen liegt das an den Zahlen, die Klarna vorlegen kann: Denn zusammen mit der Veröffentlichung des Prospekts verkündete das Fintech am Freitag, dass sein Umsatz 2024 im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel auf 2,81 Milliarden US-Dollar stieg. Und erstmals konnte das Unternehmen einen Gewinn von 21 Millionen US-Dollar melden. 

Schon 2021 hatte CEO Sebastian Siemiatkowski die Idee eines IPOs ins Spiel gebracht, als der Wert des Fintechs noch auf über 40 Milliarden geschätzt wurde. Im Raum stand eine Direktnotierung, die ohne die Ausgabe von neuen Anteilen ausgekommen wäre. Doch kurz darauf stürzte Klarna ab. 2023 machte das Start-up noch 244 Millionen Dollar Verlust. 

In der Folge kürzte Siemiatkowski an den Kosten. Er baute die Zahl der Mitarbeiter:innen von 5.000 im Jahr 2022 auf 3.400 Ende 2024 ab, kürzte das Budget für Marketing um 30 Prozent und ersetzte Aufgaben wie Kundenservice schrittweise durch KI. Rückblickend scheint sich Klarna in den vergangenen zwei Jahren auf den erneuten Versuch eines Börsengangs vorbereitet zu haben. Aus dem Prospekt geht hervor, dass man nicht erwartet, auf absehbare Zeit Dividenden zu zahlen. Stattdessen möchte das Fintech mögliche Gewinne erst einmal in das eigene Geschäft stecken. 

Die Chancen am Markt stehen gut

Zum anderen stehen die Chancen für Klarna an den Märkten gut, die anvisierte Bewertung beim Börsengang zu erreichen, sagt Maximilian Wienke, Analyst beim Online-Broker eToro: “Der Markt hat zwar deutlich nachgegeben”, sagt er. “Aber ich würde es eher als eine gesunde Korrektur bezeichnen.” Die Verluste seien eher bei den Technologieunternehmen zu spüren gewesen, während der Finanzsektor besser abschnitt. Von allen Sektoren, die im S&P 500, dem Aktienindex der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen, vertreten sind, hat der Finanzsektor mit 7,6 Prozent Plus im vergangenen halben Jahr am besten abgeschnitten.

 “Wir sehen, dass viele Anleger sich von vielen Tech-Werten verabschiedet und nach günstigeren Alternativen wie dem Finanz-Sektor gesucht haben”, so Wienke. Das liege auch daran, dass die Zinsen der Federal Reserve (Fed) zwar nicht mehr auf ihrem Höchststand lägen, sich aber langsamer nach unten bewegten als erwartet. “Das sind tolle Nachrichten für alle Unternehmen im Finanzsektor.” 

Doch nicht nur für Klarna selbst ist der IPO relevant. Andere Fintechs und Neobanken beobachten den Börsengang genau. Wird er ein Erfolg, dürfte das einigen ein gutes Argument geben, es Klarna gleich zu tun. “Dann wird es in diesem Jahr gerade im Fintech-Bereich mehr IPOs geben”, sagt Winke. In Europa stehen Raisin, Revolut und N26 in den Startlöchern, in den USA Stripe und Chime.

Klarna will zum US-Unternehmen werden

Dass Klarna als europäisches Unternehmen in den USA an die Börse geht, wundert Wienke nicht. “Andere europäische Unternehmen wie Birkenstock sind auch zuletzt in den USA an die Börse gegangen“, sagt er. “In den USA fließt mehr Geld an die Börse.” Vor allem die Expansion in die Vereinigten Staaten habe zu einem Anstieg des Umsatzes beigetragen, heißt es im Prospekt. Wegen der hohen Kosten führte sie jedoch unterm Strich bisher zu Verlusten. Nun möchte Klarna dieses Wachstum mit schlanker Kostenstruktur fortsetzen. 

Obwohl die meisten Mitarbeiter:innen in Schweden und Deutschland sitzen, wird das US-Geschäft für Klarna immer wichtiger. Wie viel von den 105 Milliarden Dollar an Umsätzen über Klarna in 2024 in den USA flossen, ist unklar. Sicher ist dagegen, dass Klarna dort ordentlich zulegt. Zuletzt verkündete es einen Exklusiv-Vertrag mit Walmart, wodurch Klarna zum alleinigen Anbieter von „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) für den größten Einzelhändler der Welt wurde und den bisherigen Partner Affirm ersetzte. Zudem kann Klarna Partnerschaften mit Uber, Macy’s oder Disney sowie JPMorgan Chase vorweisen, für deren Geschäftskunden es seine Dienste anbieten soll. Die USA sind für Klarna profitabler, weil die Gebühren, die die Firma für ihre Dienste von den Händlern erhebt, dort in der Regel höher sind, sagt Wesselin Kruschev von der Unternehmensberatung Capco. Dort seien zudem die Kosten von Regulierung und Bürokratie geringer. 

Klarna als Datenkrake

Dabei helfe die Einstellung der Konsumenten in den USA: “Die Amerikaner sind für den Kauf auf Pump deutlich empfänglicher”, sagt Wesselin Kruschev. “Europäer und besonders die vorsichtigen Deutschen sind schuldenaverser.” Im Prospekt von Klarna heißt es, man achte darauf, vor allem die Händler zur Kasse zu bitten und Konsumenten nur im Notfall zu belasten: So seien im vergangenen Jahr 99 Prozent der Transaktionen zinsfrei geblieben. Für Klarna wird BNPL immer wichtiger. So machte das Fintech 2024 fast 80 Prozent des Umsatzes mit solchen Angeboten, während es 2022 noch 70 Prozent waren. Mit Sofortzahlungen verdient Klarna hingegen eher weniger. Man schaffte es, deren Anteil im selben Zeitraum um zehn Prozentpunkte zu senken.

Bis 2032 soll der BNPL-Markt über 160 Milliarden US-Dollar schwer sein. “Für Klarna wird wichtig sein, schnell Marktanteile zu gewinnen”, sagt Kruschev. Dafür müsste sich das Fintech jedoch einem härteren Wettbewerb stellen. In den USA muss sich Klarna gegen Block und Affirm behaupten, die sie als Partner von Walmart ablösten. Es könnte also funktionieren. 

Mit den hochkarätigen Partnerschaften möchte das Fintech außerdem Datenunternehmen werden. Dafür will Klarna weiter die Integration in digitale Wallets wie Apple und Google Pay vorantreiben und neue Märkte erschließen. Nicht weniger als “Klarna at Every Checkout […] Klarna Card in Every Wallet” ist das Ziel, heißt es im Prospekt. Die Erkenntnisse aus den Daten über die Einkäufe ihrer Kunden verkauft Klarna an Händler, damit diese personalisierte Werbung schalten können. “Banken nutzen diese Möglichkeiten gerade im Kreditbereich noch zu wenig“, sagt Kruschev. Diese Daten mit Hilfe von Partnern und KI auszuwerten und zu monetarisieren sei ein lukratives Geschäft. Tatsächlich haben sich die Einnahmen von Klarna aus diesem Geschäft seit 2020 auf 180 Millionen Dollar verzwölffacht. 

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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