Dank des eWpG kommen mehr und mehr Blockchain-basierte Anleihen auf den Markt. Finanzakteure sehen viele Vorteile, aber auch noch einige Hindernisse.
In der Spätphase der letzten Bundestagslegislaturperiode gelang der allgemein als ausgelaugt wahrgenommenen Großen Koalition tatsächlich noch eine kleine Revolution. Am 10. Juni 2021 trat das Gesetz über elektronisch Wertpapiere (eWpG) in Kraft. Es beendete eine Praxis, die im digitalen Zeitalter längst reichlich anachronistisch wirkte: Wertpapiere mussten nicht mehr länger in einer Urkunde schriftlich verbrieft werden. Es reicht viel mehr, wenn diese in einem elektronischen Register eingetragen werden. Der allgemeine Tenor damals: Überfällig, endlich kommt man im 21. Jahrhundert an.
Ein weiterer Strang des eWpG bekam allerdings nicht so viel Aufmerksamkeit, wird aber immer spannender. Denn das neue Gesetzermöglicht die Emission und den Handel von Wertpapieren über neue technologische Plattformen, etwa über die Blockchain. Gerade einige Anleihe-Emittenten haben sich dieses Konzept in den vergangenen Monaten vorgenommen und erste Testläufe gestartet. Auf Unternehmensseite begab etwa Siemens erstmals eine Blockchain-basierte Anleihe, auch etablierte Förderbanken wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und jüngst die KfW zogen nach.
Blockchain-Anleihen klammern Vermittler aus
Für die Emittenten bringt das einige Vorteile mit sich. So kann die Anleihe direkt auf der Blockchain gespeichert werden, eine Globalurkunde ist also nicht mehr nötig. Auch ist stets nachvollziehbar, wer die Anleihe zeichnet und welche Transaktionen später auf dem Sekundärmarkt folgen. „Mit dem Schritt weg vom Papier hin zu einer Abwicklung des Wertpapiers auf einer öffentlichen Blockchain können wir Transaktionen bedeutend schneller und effizienter als bisherige Anleiheemissionen abwickeln“, erklärte Peter Rathgeb, Corporate Treasurer bei Siemens, anlässlich der Emission der Siemens-Anleihe im Februar vergangenen Jahres in einer Mitteilung..
Zudem fallen eine Reihe von Vermittlerrollen weg. Ein zentrales Clearing ist auf der Blockchain nicht mehr nötig. Auch die Rolle von Banken als Mittler zwischen dem Herausgeber und möglichen Investoren kann entfallen. Richard Teichmeister, Leiter der Mittelbeschaffung bei der EIB, betonte bei der Verkündung der Anleihe, dass die Abwicklung über die Blockchain künftig statt Tagen nur noch Stunden dauern könne.
EZB plant Erprobungsphase
Bei so viel Lob stellt sich die Frage, warum die Blockchain nicht längst zum Standard geworden ist bei Anleihen. Vor allem dürfte das aktuell noch am mangelnden Verständnis vieler Investoren für die Blockchain-Technologie liegen. Auch gewisse Zugangshürden gibt es, so müssen sich Investoren oft erstmal eine digitale Wallet anlegen, um einsteigen zu können. All das kann dazu führen, dass Emittenten von Blockchain-basierten Anleihen aktuell noch einen Zinsaufschlag zahlen müssen. So etwa geschehen bei der KfW, die für ihre erste Blockchain-Anleihe einen relativ hohen Kupon von 3,125 Prozent versprach.
Dass das Konzept aber eine Zukunft hat, glauben auch wichtige Finanzinstitutionen, etwa die Europäische Zentralbank (EZB). Dort macht man sich Gedanken, wie auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierende Finanztransaktionen in Zentralbankgeld abgewickelt werden können. Eine entsprechende Erprobungsphase startete vergangenes Jahr. Die Bundesbank nimmt auch daran teil, sie hat eine sogenannte Triggerlösung im Angebot, die DLT-Plattformen mit dem traditionellen Zahlungssystem verknüpfen soll und so die Abwicklung der Zahlung in Zentralbankgeld ermöglichen würde.
Es ist ein Konzept, dass sie auch bei der KfW ausprobieren möchten. Die nächste Blockchain-Anleihe sei schon geplant, heißt es bei den Frankfurtern. Es dürfte nicht die letzte bleiben.