Erst N26, bald Revolut, nun Klarna. Die Welt der Neobanken und Zahlungsanbieter entdeckt den Mobilfunkmarkt gerade für sich. Auf dem Papier gibt es für sie wenig zu verlieren – aber viel zu gewinnen.
Die Älteren mögen sich vielleicht noch erinnern: Rund um die Fachmesse Cebit im Jahre 2004 konnte man in seine Postbank-Filiale gehen und zusätzlich zu seinem Girokonto auch einen Vertrag bei T-Mobile abschließen. Auf dem Papier klang das damals ganz nett. Die beiden Bonner Unternehmen Hand in Hand und für Kund:innen ein Gang weniger, um einen Vertrag abzuschließen. Hoch geflogen ist das Projekt offenbar nicht, die große Symbiose blieb aus. Schade eigentlich.
In der Finanzwelt gestorben ist die Idee aber nicht. Bereits im Mai wurde bekannt, dass Revolut nach einer eSim nun auch ein Mobilfunkangebot anbieten möchte. N26 hatte das da kurzerhand schon eingeführt und das britische Fintech ausgestochen. Vergangene Woche nun legte das schwedische Fintech Klarna verbal los. In den kommenden Wochen sollen Nutzer:innen in den USA bei Klarna einen Handytarif mit unbegrenztem Datenvolumen und Telefonaten sowie SMS abschließen können. Kostenpunkt: 40 US-Dollar pro Monat. Auch in Großbritannien und Deutschland will der schwedische Zahlungsanbieter solch einen Tarif anbieten. Klarna-CEO Sebastian Siemiatkowski klingt da schon ganz euphorisch: „Verbraucher:innen kennen und lieben bereits den reibungslosen Klarna-Service – und jetzt können sie mit nur einem Klick in der App ihren neuen Handytarif starten: ohne Aufwand, ohne versteckte Gebühren, mit echtem Mehrwert“, sagt er. Das neue Mobilfunk-Angebot sei nur konsequent.
Das richtige Angebot zur richtigen Zeit
Tatsächlich sind es heute andere Zeiten als noch 2004. „Kund:innen von Neobanken sind sehr digital-affin und sie mögen es, möglichst viel aus einem Hub heraus zu erledigen“, sagt Ulrich Hoyer, Partner der Unternehmensberatung Zeb. Die Wahrscheinlichkeit, dass solch ein Angebot angenommen wird, ist also deutlich größer als noch vor 20 Jahren.
Für die Anbieter ist es ein weiterer Weg der Ökonomisierung. Wenn eine Neobank Handyverträge vermittelt, erhält sie eine Provision. Und wenn sie keinen vermittelt, hat sie auch erstmal kaum Kosten – die anfängliche technische Implementierung und Werbemaßnahmen mal außen vor gelassen. „Das ganze große Geld lässt sich damit vermutlich nicht machen. Muss aber auch nicht. Das Handy-Vertrags-Business wird damit eines von vielen weiteren. Und so lassen sich womöglich neue Kund:innen gewinnen und Bestandskund:innen besser halten.
Wer gewinnt das Rennen um die Super-App?
Doch es gibt da noch einen größeren potenziellen Gewinn für die Anbieter. „Im Grunde ist die Frage: Wer schafft es in Europa, die Super-App auf den Markt zu bringen?“, findet Hoyer. Dass Europa, oder zumindest Deutschland, sein Wechat bekommt, ist zwar unwahrscheinlich, dass es aber irgendwann eine App geben wird, über die sich diverse Verträge buchen sowie managen lassen und auch die üblichen Funktionen einer Neobank integriert sind, ist schon realistischer. „Neobroker werden bereits zu Neobanken, Vergleichsportale haben inzwischen eigene Banking-Apps und Neobanken oder andere Zahlungsanbieter gehen nun auf Mobilfunktarife, das alles sind Schritte in diese Richtung“, sagt Hoyer.
Eine Reihe von leichter zu integrierenden Angeboten gibt es da laut dem Experten noch. „Versicherungen, Mietwagenbuchungen, Stromtarife, Internetangebote – all das sind einfach zu vermittelnde Angebote“, so Hoyer. Teilweise haben Banken diese schon integriert. Bei N26 gibt es etwa eine Handyversicherung, Revolut bietet in einigen Paketen auch Zugang zur Financial Times oder NordVPN an und auch in der Sparkassen-App lassen sich verschiedene Versicherungen abschließen.
Und vielleicht sind eines Tages ja auch in Deutschland vermehrt behördennahe Dienstleistungen über private Anbieter möglich, etwa Identifikationsverfahren (sowie wie es hierzulande zum Beispiel schon Verimi macht) oder eine Anmeldung beim Einwohnermeldeamt. „Osteuropäische Länder sind da schon weiter“, sagt Hoyer. Die Eudi-Wallet der EU, die bis Ende 2026 jedes EU-Land seinen Bürgern anbieten muss, dürfte all dem einen weiteren Schub bringen. Und wenn es mit einzelnen Angeboten doch nicht klappt, dann kann sich 20 Jahre später eh keiner mehr daran erinnern. Oder gibt es hier jemanden, der damals bei der Postbank seinen T-Mobile-Tarif abgeschlossen hat?