Der Paypal-Ausfall im November zeigte einmal mehr, wie zentral das Zahlungsmittel geworden ist. Obwohl Kunden nur kurze Zeit nicht auf ihre Konten zugreifen konnten, hat er Spuren in der Welt des Payments und Onlineshoppings hinterlassen.
Als Paypal Ende November, wenige Tage vor dem Black Friday, kurzzeitig in die Knie ging, war der Aufschrei groß. Zwei Stunden lang konnten sich gut 13.000 Menschen nicht in ihr Paypal-Konto einloggen, berichtete unter anderem die BBC. Dann war der Spuk zwar wieder vorbei, doch das Image vom unkomplizierten und verlässlichen Anbieter hat einen zarten Riss bekommen – und die Konkurrenz hofft, davon profitieren zu können.
Zurzeit nämlich gehört Paypal zu den größten Anbietern im digitalen Zahlungsgeschehen. Weltweit nutzen 429 Millionen Menschen und 35 Millionen Händler Paypal. Es ist eine der am meisten verbreiteten Zahlungsmethoden. Alleine in Deutschland gibt es 32 Millionen aktive Konten. Für Nutzerinnen und Nutzer gibt es erstmals einen kleinen Anlass, sich auch mit Alternativen zu beschäftigen.
Einer, der das schon gespürt haben will, ist Ferdinand Dabitz, Mitgründer von Ivy. Bei dem Fintech riefen laut ihm kurz danach potenzielle Neukunden an, die dessen Instant-Banküberweisungen als Zahlungsmittel auf ihrer Webseite integrieren wollen. Das Unternehmen bietet Bank-to-Bank-Bezahlungen an, also einfach gesagt: Sofortüberweisungen. Kundinnen und Kunden können, ähnlich wie bei Paypal auch, ihre Bank als Zahlungsoption hinterlegen. Bei einem Kauf zahlen sie mit wenigen Klicks in Echtzeit, also fast wie bei Paypal, nur eben ohne zusätzliches Konto bei einem dritten Anbieter. Und genau wie bei Paypal kann Geld auch an Freunde gesendet werden, nur eben direkt vom Bankkonto aus.
Solche ebenso einfachen Zahlungsmethoden seien seit dem Paypal-Ausfall, zumindest wenn man dem Ivy-Gründer glaubt, gefragter. „Es war für viele ein Denkanstoss, dass eine Diversifizierung der Payment-Flows sinnvoll ist”, sagt Dabitz. „Dass es gut ist, sich nicht nur von einer einzigen, US-amerikanischen Infrastruktur abhängig zu machen.”
So sieht das auch Barbara Engels vom Institut der Deutschen Wirtschaft: „Ich finde es zunehmend bedenklich, dass man sich so stark von einer Plattform abhängig macht.” So kurz der Ausfall auch war, „er war ein Warnsignal, sowohl für die Händler als auch für die Verbraucher.”.
Alternativen bieten Händler logischerweise schon an, und wenn es die Zahlung mit der Visa-Karte ist. Sich aber von Paypal verabschieden, dürften gerade die wenigsten. Denn Laut einer IPSOS-Studie steigt die Kaufbereitschaft um 54 Prozent, wenn Paypal als Bezahlmethode angeboten wird. 59 Prozent haben einen Bestellvorgang schon einmal abgebrochen, weil sie nicht mit Paypal zahlen konnten. Darauf dürfte kaum ein Händler verzichten wollen.
Es gibt eine ganze Reihe von Eigenschaften, die andere Zahlungsmittel erfüllen müssen, damit sie von vielen genutzt werden. Da wäre zunächst der Aspekt Sicherheit: „Paypal gilt als wahnsinnig unkompliziert und sehr sicher“, sagt Engels. Paypal vermittelt zwischen Käufern und Verkäufern. Die Zahlungsdaten der Kunden werden nicht an die Händler weitergegeben, sie sind streng verschlüsselt. Die einzelnen Konten sind verifiziert. Bei Zahlungen gibt es die Zwei-Faktoren-Authentifizierung, wodurch Betrüger es schwer haben, auf das Konto zuzugreifen. Und zu guter Letzt gibt es den Käuferschutz durch den, falls doch mal etwas schiefgeht, das Geld nicht weg ist. Zudem wäre da das Thema Benutzerfreundlichkeit: Mit Paypal lassen sich Online-Käufe bequem und mit möglichst wenigen Klicks von zu Hause abwickeln. Zudem kann Paypal ja noch mehr, bietet etwa die Möglichkeit, sich im Freundeskreis schnell Geld zuzuschicken. So mauserte sich Paypal zum liebsten Online-Zahlungsmittel der Deutschen.
Fehlende Transparenz schadet Paypal
Und so steigt mit dem Ausfall die Chance der Konkurrenten – wenn sie ihre Hausaufgaben machen. Denn auf die Bequemlichkeit von Paypal wollen Kundinnen und Kunden auch bei alternativen Zahlmethoden nicht verzichten. Die aktuell wohl vielversprechendste Alternative aus diesem niedrigschwelligen Bereich sind die Wallets, also Kreditkartenbasierte Zahlungsmethoden wie ApplePay oder AmazonPay, die viele Händler schon als Button auf ihrer Webseite installiert haben – genau wie viele User hier schon Konten besitzen, bislang aber weniger genutzt haben. Die Funktionsweise für die Kunden ist ähnlich: Klicken, zahlen, fertig. Das ist ebenso niedrigschwellig wie Paypal, was die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs erhöht, sagt Engels. Eine andere Möglichkeit sind bankbasierte Lösungen wie Ivy.
„Es wachsen gerade viele spannende Alternativen”, sagt Dabitz. „Trotzdem wünsche ich mir, dass die Veränderungen mit Ruhe stattfinden und nicht aus Zwang oder Panik passieren.” Nur so könnte es überhaupt ein Konkurrent schaffen, eine neue vernünftige Alternative zu etablieren.
Apropos Panik: Als der Ausfall publik wurde, hatten viele Betroffene Angst, Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein und ihr Konto leergeräumt wird. Doch was die genaue Ursache für den Ausfall war, veriet Paypal lange nicht. War es ein technischer Fehler, war es ein Hackerangriff, das wissen die Kunden nicht. Dafür dürfte Paypal durchaus bezahlen – nämlich mit einem kleinen bisschen von seinem makellosen Ruf. Auf Anfrage teilte Paypal nun mit, dass es sich um ein technisches Problem gehandelt habe, das behoben worden sei.