Warum Buy-now-pay-later für Jugendliche gefährlich werden kann

Symbolbild BNPL-App auf Smartphone junger Nutzer:innen

Für die Fintech-Branche sind Zahlungen auf Pump ein wachsendes und lukratives Geschäft. Für manche junge Menschen kann das jedoch zur finanziellen Falle werden.  

Buy-now-pay-later (BNPL) hat sich für die Finanzindustrie zu einem riesigen Geschäft entwickelt. Laut dem Branchenmedium The Paypers wird der Markt 2025 einen Umsatz von ungefähr 560 Milliarden US-Dollar erreichen, bei starkem Wachstum. Auch in Deutschland soll dieses Geschäftsfeld in diesem Jahr zwischen 12 und 13 Prozent wachsen. Hierzulande wurde laut dem World Payments Report 2025 BNPL bei 20 Prozent aller Online-Käufe genutzt, was bedeutet, dass es inzwischen häufiger als die Kreditkarte beim Online-Shopping eingesetzt wird. 

Kein Wunder, dass Fintechs das vor allem als Chance sehen und mit neuen BNPL-Angeboten auf den Markt gehen und mit Embedded Finance-Lösungen mehr Endverbraucher:innen ermöglichen, ihre Käufe später zu bezahlen. Gerade erst hat PayPal die Möglichkeit, bei Einkäufen in Geschäften Ratenkäufe abzuschließen. Start-ups wie die Green Banana Group ermöglichen es Händlern, BNPL-Lösungen ganz einfach in ihre Zahlungsprozesse zu integrieren. 

Junge Menschen besonders gefährdet

Doch genau das kann richtig gefährlich werden. Denn während immer mehr Menschen diese Angebote nutzen, verschulden sich zugleich immer mehr Menschen damit. Laut dem Schuldneratlas 2024 von Creditreform ist die Zahl der Konsum-Überschuldeten um 6,2 Prozentpunkte im vergangenen Jahr gestiegen und damit die am stärksten wachsende Schuldnergruppe. Das liege nicht zuletzt an BNPL-Angeboten und Ratenkrediten, die immer stärker nachgefragt werden. Auch die Bafin warnt vor der Verschuldung mit BNPL-Produkten.

Gerade bei jungen Menschen ist das ein Problem. 31 Prozent der 16 bis 25 Jährigen nutzen BNPL-Angebote, zeigt der Jugend-Finanzmonitor der Schufa 2023. 23 Prozent nutzen BNPL sogar bei jedem zweiten Kauf. Der repräsentativen Umfrage zufolge wurde jeder Zehnte schonmal von einer Ratenzahlung überrascht und fast die Hälfte Prozent haben schon mal eine Zahlungsfrist vergessen. Und auf TikTok ist der Begriff „Klarnaschulden” schon länger ein geflügeltes Wort geworden. 

Aber wie kommt es dazu? Und wer trägt daran die Schuld? Die Eltern, die Anbieter von BNPL-Angeboten oder die Jugendlichen selbst?

Hohe Nachfrage nach BNPL-Angeboten 

BNPL-Angebote wie die von Klarna erleichterten es jungen Leuten, Verschuldung als Möglichkeit zur Bewältigung des finanziellen Alltags zu nutzen, sagt Heiner Gutbrod. Der Pädagoge berät bei der Schuldnerberatung Tübingen, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Laut Gutbrod habe die Verschuldung neben dem sozialen Hintergrund auch mit einer Kommerzialisierung von Jugendkulturen zu tun. 

Die Angebote seien oft niedrigschwellig und deshalb für junge Menschen auch potenziell gefährlich. Dass BNPL-Angebote bei dieser Zielgruppe so beliebt sind, wundert ihn nicht. Schließlich seien solche Angebote für Händler und Zahlungsdienstleister erfolgreich darin, Umsätze zu erhöhen und für potentielle Kunden eine Möglichkeit mehr zu konsumieren – Angebot trifft schließlich Nachfrage.

Doch der Konsum muss auch bezahlt werden und gerade Jugendliche haben oft nur wenig liquide Mittel. Wollen sie sich doch etwas leisten, ist der Weg zu BNPL-Angeboten nicht weit. Das kann der Einstieg in die Schuldenfalle sein: In der Trendstudie „Jugend in Deutschland 2025“ kam heraus, dass jeder fünfte Deutsche zwischen 14 und 29 Jahren bereits verschuldet ist. Der Studie zufolge ist dieser Anstieg nicht mit Studienkrediten oder Immobilienfinanzierungen zu erklären, sondern eher mit wachsenden Konsumschulden der jungen Generation. 

Kurzfristige Belohnung, langfristige Folgen

Der Konsum werde dabei durch soziale Medien angeheizt: „Wir erleben besonders in bildungsfernen Haushalten, dass der Social Media Konsum relativ ungebremst ist”, sagt Gutbrod. Er sieht bei den kommenden Generationen die Gefahr, dass diese in Phasen von Langeweile häufiger auf schnelle Belohnungen zurückgreifen würden. Dort treffen die Jugendlichen auf Zahlarten wie BNPL. Klarna beispielsweise arbeitet mit Sozialen Medien wie Instagram oder TikTok zusammen, um BNPL dort an der Kasse anzubieten. Ebenso ist PayPal hier vertreten. Gutbrod macht sich Sorgen, dass der Kauf auf Pump bei jungen Menschen als leichte Belohnung zu einer Gewohnheit werde. Vor allem für die, die nicht gelernt hätten, Bedürfnisse aufzuschieben. Grundlegend ist für Gutbrod, Kindern die Fähigkeit beizubringen, das Bedürfnis nach schnellen Belohnungen aufzuschieben zu können. So lernten Kinder schließlich auch, auf Konsum zu verzichten, der zu Schulden führen kann. 

Aber welche Rolle spielen dann überhaupt noch die Eltern? Eine große, meint Heiner Gutbrod. Trotz den Sozialen Medien und niedrigschwelligen Kaufangeboten hätten den größten Einfluss auf das Konsumverhalten ihrer Kinder: „Auch wenn wir digitale Medien nutzen, tickt unser Hirn analog”, sagt er. Er rät dazu, Kindern ein festes Taschengeld zu geben und diese damit experimentieren zu lassen. Denn Kinder müssten den Umgang mit Geld am besten praktisch und mit eigenen Erfahrungen lernen. Diese Erfahrungen mit festem Taschengeld erst gar nicht zu machen oder als Erziehungsberechtigter über Taschengeld zu verhandeln, sei der falsche Weg. „Beim Thema Geld sollten sie ihre eigenen Erfahrungen machen können”, sagt er. Dazu gehöre aber auch ein offenes Diskussionsklima bei dem Thema.

Was sich jetzt ändern könnte 

Die Verschuldung an sich sei auch auf fehlende Regulierung zurückzuführen. Die aktuelle Gesetzgebung, insbesondere das Schuldrecht, sei nicht auf Massenmärkte ausgelegt. Es sei unverhältnismäßig, dass Klarna und ähnliche Unternehmen jede noch so kleine Einzelforderung durch Inkassoverfahren eintreiben würden. BNPL zu verbieten hält er nicht für sinnvoll, da diese Angebote für viele hilfreich sei und es nur vergleichsweise wenige seien, die nicht damit zurechtkämen. 

Darauf beruft sich auch Klarna selbst auf Anfrage. Dass sich junge Menschen zunehmend verschuldeten, decke sich nicht mit den internen Daten von Klarna. Zum einen sei die durchschnittliche Kund:in 42 Jahre alt, die Ausfallquote sei mit 0,4 Prozent relativ gering und der durchschnittliche offene Betrag liege bei lediglich 250 Euro. „Verbraucherinnen und Verbraucher aller Altersgruppen nutzen Klarna verantwortungsbewusst”, sagt Klarna. Die anfänglich offene Kreditlinie von 100 Euro werde nur erhöht, wenn das Rückzahlungsverhalten auf einen verantwortungsvollen Gebrauch hindeute. „Wenn eine Zahlung ausbleibt, wird der Zugang sofort eingeschränkt”, heißt es. Zudem sehe man Zahlungsrückstände nicht als Chance für Profit, sondern als eigenes Versäumnis: „Inkassoverfahren sind stets das letzte Mittel und werden erst nach einer großzügigen Schonfrist sowie mehreren Lösungsversuchen eingeleitet”, schreibt das Unternehmen.

Mut kann ein anderer Befund der Schufa-Umfrage machen: 88 Prozent der jungen Menschen zwischen 16 und 24 Jahren sehen in BNPL-Angeboten ein großes Risiko, den Überblick über die Finanzen und Ausgaben zu verlieren. Viele sind sich der Gefahr also zumindest bewusst. Auch gesetzgeberisch tut sich Einiges: Eine neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie schreibt vor, auch bei Minikrediten unter 200 Euro eine Bonitätsprüfung vorzunehmen, darunter fallen viele BNPL-Kredite. Das würde einen besseren Schutz für Kinder, Jugendliche wie auch Erwachsene geben. Danach gefragt, heißt es, Klarna begrüße die Regulierung und bereite sich aktiv auf die Umsetzung der Richtlinie vor. Sie muss bis November auch in Deutschland in nationales Recht umgesetzt werden und tritt spätestens Ende 2026 in Kraft. 

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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