Vision vs. Produkt

Vision vs. Produkt – was zählt eigentlich am Ende?

– was zählt eigentlich am Ende? Von der Vision zum Produkt…wenn aus einer Idee was Großes wird oder eben nichts…

“Wer Visionen hat soll zum Arzt gehen”, sagte Helmut Schmidt vor über 40 Jahren in einem Interview auf die Frage nach der “großen Vision”. Zweifelsohne braucht es Visionen und ein großes Ziel, will man innovative Produkte und Lösungen entwickeln. Aber reicht eine Vision aus? In den letzten Wochen hat das FinTech Savedroid mit Hilfe eines ICOs einige Millionen Euro eingesammelt. Als Grundlage für diesen ICO diente ein Whitepaper mit der grob Zusammengefassten Idee des Kryptopsparen. Am Ende kam einiges an Geld zusammen und ein solcher ICO unterscheidet sich im Prinzip von keiner Startup-Finanzierung. Als 2013 der 22-jährigen Lucas Duplan mit seinem Start-Up “Clinkle” die bis zu dem Zeitpunkt höchste Seed-Finanzierung im Silicon Valley bekam, sorgte das für Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Höhe der Finanzierung, auch die Liste der Investoren sorgte für staunen . Neben Investmentfirmen Accel Partners und Andreessen Horowitz, war auch Qualcomm-Mitgründer Andrew Viterbi und Salesforce-Gründer Marc Benioff auf der Liste der Geldgeber. Am Ende war die Idee nichts wert und entwickelte sich zum teuren Flop. Auch hier gab es nur eine grobe Idee. Aber reicht das? Braucht es nicht viel mehr Produkt-Denke und weniger Vision? Wir diskutieren…
Vision vs. Produkt – was zählt eigentlich am Ende?
Photo credit: rachaelvoorhees on Visual Hunt / CC BY-ND
Andre
  • Ich glaube das der Begriff der VISION einer der meist strapaziertesten und falsch genutztenen Begriffe in der StartUp Welt sind. Natürlich braucht es ein Ziel. Und ja natürlich steht am Anfang eine Idee. Aber das Wichtigste ist aus meiner Sicht die dauerhafte agile Entwicklung des Produktes mit den richtigen Menschen. Von daher: am Ende zählt der nutzende Kunde und damit das Produkt.Nur in wenigen Fällen ist es wohl die Idee, die gleich Vision und damit Produkt wird. Die Auswahl der Marke ‚Amazon‘ zum Beispiel soll ja am Anfang der Vision geschuldet sein, den größten Warenstrom aus unendlich vielen Zuflüssen zu kanalisieren. Für einen Büchershop, der Amazon die ersten jahre war, eine vielleicht verrückte Vorstellung.Der Wunsch die große Vision immer zu haben ist verständlich, in der Realität ist es aber eher die am Kunden orientierte agile Produktentwicklung.
Rafael
  • Ohne Vision wird keine Idee irgendwas und mit Vision muss es etwas mehr sein als “Weltherrschaft in Bereich X” oder “das Uber für Y”. Aber Ideen gibt es wie Sand am Meer und gute Visionen leider auch. Am Ende des Tages entscheidet die Umsetzung über die Erreichbarkeit der Vision. In diesem Thema gibt es leider den klassischen survivor bias – wir hören nur von den erfolgreichen Firmen die “irgendwas” hinbekommen haben und verbinden das mit der tollen Vision. Von den hunderten von Start-ups mit besseren Visionen die scheitern, hört man nix.Im initialen Fundraising hilft eine große Vision sicherlich (solange sie realistisch erreichbar klingt mit dem Team und den ersten Zahlen). Das hat aber weniger mit der Vision zu tun als mit der simplen Mathematik von VCs. Wenn die Idee / Vision nicht eine 500m oder höher Bewertung in 7-10 Jahren rechtfertigt, ist es die Zeit und das Investment nicht wert. Die Zahl variiert leicht je nach Phase in der der VC investiert aber in Summe sollte jedes Investment die Möglichkeit bieten den kompletten Fund zurück zu zahlen, wenn das nicht realistisch ist, dann macht es keinen Sinn (die Rate der Überlebenden Startups liegt ja bei miesen 10-15%).Eine Vision braucht aber jedes Startup nicht nur für die Aussendarstellung sondern noch elementarer ist dies für die “innere Führung”. Ein Startup wird per Definition schnell wachsen und damit wird es zu wenig Zeit haben die klassische “Personal-Entwicklung” zu betreiben. Je besser und plastischer hier die Vision ist, desto einfacher ist es für alle Beteiligten einen Kompass zu haben ob man gerade das Richtige macht. Aber auch die beste Vision hilft nix, wenn das Produkt am Markt und am Kunden vorbei entwickelt wird. Vision ist nur ein Bruchteil – wen auch ein nicht unbedeutender.
Vision vs. Produkt – was zählt eigentlich am Ende?
Photo credit: Frank Lindecke on Visualhunt.com / CC BY-ND
Kilian
  • Die Innovation ist das einfachere Thema – die Excecution ist das was langfristig eine Firma voran bringt und den Wert sowohl schafft als auch erhält. Die Schwierigkeit ist, zur richtigen Zeit die richtigen Leute mit dem richtigen Mindset und KnowHow an Board zu haben. Wir versuchen oft einfach zu denken – und einfache Erklärungen zu haben – eine Firma wird erfolgreich, wenn Sie ein innovatives Produkt hat. Einfach Schwarz – Weiß Denke – die leider in der Realität gar nichts aussagt. Denn die Welt ist grau – und komplex – die Zutaten für den Erfolg sind mannigfaltig. Und die Mischung ist die Kunst. Innovation ist nicht immer das “große Ganze” – Innovation kann im kleinen sehr viel bewirken – sei es im Produkt oder in der Umsetzung. Oder auch im Aufbau der Firma. Viele Innovation treten gar nicht aktiv nach außen in Erscheinung. Oder nur in sehr geringem Maße. Innovation manifestiert sich nicht nur in Produkten oder Produktfeatures. Es ist eine Art zu denken – und an Themen heran zu gehen – auch wenn ggf. am Ende gar nichts “Innovatives” im klassischen SInne herauskommt. Der Weg war innovativ – das Ergebnis vielleicht nicht. Innovation <> Vision <> Produktdenke – alle Ebenen braucht man – zu ihrer Zeit und in der richtigen Dosierung und ich würde noch Exceution ergänzen – die liegt drunter und bildet das Fundament. Am Ende bin ich beim Schmidt – und zum Arzt möchte ich nicht.
Nicole
  • Vision ist für mich die Vorstellung in der Zukunft, die angestrebt wird, ein übergeordnetes Ziel, nach dem man sich ausrichtet, das als motivierend und erstrebenswert wahrgenommen wird und das als erreichbar gilt, zu fokussieren. Am Anfang einer jeden Veränderung oder eines Produktes welches einen aktuellen Zustand verbessern oder ein Bedürfnis stillen soll, sollte deshalb eine Vision stehen (Innovation, Phantasie, Kreativität).Und ein Motor, der Antrieb – Es muss einen besseren Weg geben: Wann immer es ein Problem oder einen Konflikt gibt, muss es einen besseren Weg geben. Auch in den schwierigsten Situationen gibt es immer eine Lösung, die jedem erlaubt zu gewinnen. Kommunikation, Zusammenarbeit und bewusste Entscheidung die besten Ressourcen zu finden (technologisch wie personell) führen uns dann letztlich zum Ziel/Produkt.Um eine strategische Produktvision zu schreiben und zu teilen, müssen man mit dem Nutzer beginnen. Eine starke Produktvision wird unterstützt durch Details darüber, wer die Kunden sind, was sie brauchen und ihren Markteinführungsplan. Es erfasst die Essenz dessen, was man erreichen möchten, die Möglichkeiten, die man hat, und die Widrigkeiten.Stolpersteine auf diesem Weg mag es dann viele geben: Bezeichnet man im Volksmund als Regression, das heißt, als Rückfall in eine frühere Entwicklungsstufe. Denn der rückwärts gerichtete Traum blockiert, wenn er sich einmal verfestigt hat, jede Veränderung zum Positiven; er steht Innovationen ebenso im Weg wie der Anpassung an veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Was es dann gilt, ist zu begreifen…sich Missstände bewusst machen, offen bleiben, keine Scheuklappen, nicht bequem werden…und vermutlich das wichtigste – Mut.Dabei nie vergessen strategisch und ganz wichtig realistisch zu bleiben. Ist es immer noch das, was ich mit meiner ursprünglichen Vision gedacht habe? Die Vision ist schließlich der Hauptgrund für das Produkt. Wen will ich damit erreichen? Kenn ich die Person und deren Bedürfnisse überhaupt, die ich mit meinem Produkt erreichen will?Es ist entscheidend, dass Ziele und Initiativen einer Produktvision folgen, die von Kunden bestätigt und mit Stakeholdern geteilt werden. Viele Produkte scheitern, bevor Entwickler ihre erste Codezeile geschrieben haben. Dies ist nicht auf einen Mangel an Talent oder Ehrgeiz zurückzuführen. Am häufigsten gibt es eine zu starke Entfremdung zwischen den Produktmanagern und den Endbenutzern ihrer Produkte.Fehlgeleitete Ziele und Initiativen sind dann meistens das Ergebnis einer unklaren oder gescheiterten Produktvision. Schade dann vor allem um die Zeit!
Vision vs. Produkt – was zählt eigentlich am Ende?
Photo credit: Tanja FÖHR on Visual Hunt / CC BY-NC-SA
Miriam
  • Echte Innovationen entstehen in der Regel aus dem Sehen der Dinge die noch nicht sichtbar sind. Diese Fähigkeit das noch Verborgene zu erkennen haben nicht viele Menschen. Diejenigen die es haben, sind für mich Visionäre. Sie erschaffen Visionen, sind aber selten diejenigen, die die Idee selbst in ein funktionierendes Produkt oder eine Struktur verwandeln können.

Steve Jobs war hier wohl die große Ausnahme.

Die Realität zeigt oft, dass bei der Vision nicht an alle Widrigkeiten gedacht wurde.

Hier fehlt es in der Regel an Detailtiefe und Genauigkeit. Je nach Produkt reicht das für einen ersten Wurf. Im Finanzbereich oder im Zahlungsverkehr ist aber die Fehlertoleranz gleich Null.

Visionen sind aber extrem wichtig etwas Neues anzustoßen. Sonst würde unsere Gesellschaft im Stillstand verharren.

Ich finde es äußerst bemerkenswert und aus vertrieblicher Brille fast genial wenn man es schafft mit einer simplen Idee ohne konkreten Umsetzungsplan so viel Kapital einzusammeln.

Dumm sind hier vor allem die Investoren, die nicht weiter hinterfragt haben.

Um ein Unternehmen zu gründen oder eine Produktidee durchzusetzen braucht es Kapital ! .. Daher ist die Vision und damit verbunden oft auch das Talent Menschen zu begeistern eine der wichtigsten Voraussetzungen überhaupt etwas zu starten.

Um ein Unternehmen oder ein neues Produkt weiter aufzubauen und es nachhaltig erfolgreich zu machen, sind neben den Visionen ganz andere Kompetenzen erforderlich.

Nur das Zusammenspiel verschiedener Kernkopentenzen kann meiner Meinung nach für den Aufbau von Produkten oder Unternehmen langfristig erfolgreich sein.

Als Investor würde ich daher nur in ein Team mit sehr verschiedenen Skills investieren.

Maik
  • Am Anfang steht natürlich immer eine Idee und die gilt es zu verkaufen. Aber eine Idee muss sich auch challengen lassen und kritischen Fragen standhalten können. Ich glaube es würde manchmal reichen eine Vision oder Idee im Freudeskreis zu diskutieren. Mit Menschen die vielleicht nicht vom Fach sind. Ich bin immer wieder überrascht welche Grundannahmen getroffen werden, als ob man selbst die Zielgruppe ist. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Nutzer findet viel zu spät statt. Dabei kostet das in der Regel keinen Cent. Die Vision zu skizzieren auf einem Blatt Papier und dann einfach mit Menschen dort draußen zu testen ist einfach. Auf der anderen Seite kann man nicht erwarten, dass Gründer mit einem fertigen Produkt um die Ecke kommen. Was man aber erwarten kann, ist das sie dafür einstehen, das beste Produkt zu liefern. Von Investoren würde ich mir wünschen, sich mehr auf Produktebene zu bewegen und ganz vielleicht sogar sich die Sachen anschauen die umgesetzt werden. Nach dem Motto “eat your own dogfood”. Auch gibt es meiner Meinung nach keinen Welpenschutz. Ab dem Moment wo Investitionen geflossen sind, egal ob Seed oder ICO, muss daran gearbeitet werden zu liefern. FinTech-Startup oder großer Konzern, am Ende kochen alle nur mit Wasser und am Ende muss irgendjemand die Suppe auslöffeln. Also muss Kritik am Anspruch mancher Visionäre erlaubt sein, egal ob sie im Konzern oder Startup-Büro sitzen.

Fazit

Von der Idee zur Vision uns dann zur Umsetzung ist ein langer Weg mit vielen Unwägbarkeiten. Und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen ohne sich weh zu tun. Vielleicht tut man all denen unrecht, die an Ihrer Idee und Vision jeden Tag hart arbeiten, wenn man unterstellt es gibt zu wenig “Produkt-Denke”. Wie seht Ihr das? Braucht es mehr Vision oder mehr Produkt? Oder ist alles genau so richtig? Frage: Produkt vs. Vision: sind FinTechs auf dem richtigen Weg?

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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