Security Token Offerings tragen zur Demokratisierung des Finanzierungsmarkts bei

Als das Berliner Unternehmen Bitbond 2019 als erstes seiner Art digitalisierte Wertpapiere – sogenannte tokenisierte Schuldverschreibungen (kurz: STOs) – auf den Markt bringen durfte, betrat es seinerzeit Neuland. Weitere Fintechs zogen nach nach. Eines davon ist das Frankfurter portagon (vormals: CrowDesk). Es bietet ihren Kunden als digitale Finanzierungsplattform seit Kurzem Finanzierungsrunden mittels Security Token Offerings (STO) über die Blockchain an. Insbesondere Start-ups sowie der Mittelstand werden hiervon profitieren.

Im Interview mit Payment and Banking spricht Gründer Jamal El Mallouki unter anderem darüber, warum STOs seiner Meinung nach dazu beitragen werden, den Finanzierungsmarkt weiter zu demokratisieren.

Jamal, was sind STO und wie funktionieren virtuelle Finanzierungsrunden?

STO steht für Security Token Offering und beschreibt den Vorgang ein Finanzinstrument, also einen Vertrag zur Überlassung von Kapital, auf eine Blockchain zu bringen und an Investor:innen zu veräußern. Jeder erwerbbare Token, oder anders gesagt jedes Einzelteil, verfügt dabei über einen fest definierten Wert und kann mit Rechten und Pflichten ausgestattet werden. So könnten Investor:innen mit dem Token das Recht an der Unternehmenswertentwicklung oder der Zahlung von Zinsen erwerben. Dem Token liegt wiederum ein Smart Contract zu Grunde, der diese verwaltet und sich mit Erfüllung oder Änderung von vertraglichen Leistungen automatisch anpasst.

Schlussendlich wird die gesamte schuldrechtliche Beziehung zwischen Kapitalnehmer:innen und -geber:innen digitalisiert, automatisiert und in beliebige Tokens zerstückelt. Der Prozess der Tokenisierung verursacht dabei vergleichsweise geringe Kosten, womit kleine Stückelungen realisierbar werden und Investor:innen sich bereits mit geringen Beträgen beteiligen können.

Wodurch unterscheiden sich virtuelle Finanzierungsrunden von bisherigen Finanzierungsmodellen?

Nun, der Einsatz der Technologie und die damit einhergehende Tokenisierung der Finanzinstrumente führt zu einer einfachen Übertragbarkeit bei gleichzeitig niedrigen Transaktionskosten. Dies ist vor allem bei Finanzinstrumenten, die originär keine Wertpapiere sind, wie z. B. Nachrangdarlehen oder Genussrechten, ein absolutes Novum.

In welchem Rechtsrahmen befinden wir uns aktuell?

Man muss ganz klar sagen: Die Technologie ist für das Finanz- und Kapitalmarktrecht auch neu. Doch der Gesetzgeber und die Finanzaufsicht BaFin haben in Deutschland verstanden mit der neuen Technologie umzugehen. Dennoch sehe ich an vielen Stellen noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

STOs unterliegen in Deutschland aufsichtsrechtlich dem Wertpapierrecht, sofern sie grundsätzlich übertragbar, handelbar und mit wertpapierähnlichen Rechten ausgestattet sind. Der springende Punkt: Selbst, wenn die Finanzaufsicht der Meinung ist, dass es sich aufsichtsrechtlich um ein Wertpapier handelt, kann zivilrechtlich ein anderer Rechtsrahmen zutreffend sein. Dies bedeutet für Emittent:innen, dass sie sich rechtlich vor einem STO in Deutschland von Expertinnen und Experten beraten lassen sollten.

Was bedeuten STO hinsichtlich der aktuellen Basel III Diskussion?

STOs können für Unternehmen den Zugang zu einem neuen Investor:innenkreis öffnen und damit den Zugang zu Kapital vereinfachen. Im Hinblick auf die steigenden Eigenkapitalanforderungen der Banken, ermöglicht dies eine neue Finanzierungsalternative.

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Wo liegen die Unterschiede bei der Ausgestaltung für die Anleger:innen sowie für das jeweilige Unternehmen bei den verschiedenen Ausgestaltungsformen?

Die Ausgestaltungsformen können je Emission sehr individuell ausfallen, weshalb man dies für Anleger:innen und Unternehmen nicht pauschal sagen kann. Für Investor:innen ergibt sich jedoch die Notwendigkeit eines Wallets, also eines digitalen Kontos vergleichbar mit einem Wertpapier-Depotkonto, in dem erworbene Token aufbewahrt werden. Dies stellen Emittent:innen der Emission Anleger:innen in der Regel kostenfrei unter Zuhilfenahme von Serviceanbieter:innen zur Verfügung.

Für welche Unternehmen macht ein STO Sinn?

Das Unternehmen sollte innovativen Ideen und Technologien offen gegenüberstehen. Ansonsten erfüllt der STO vor allem den Zweck der Finanzierung.

Welchen Beitrag leisten STOs zur Demokratisierung des Finanzmarktes?

Anleger:innen können über STOs erstmals Zugang zu neuen Assetklassen erhalten, bei denen zuvor die Vielzahl von Investor:innen zu einer hohen administrativen Komplexität geführt hat. Denn die papierbasierten Prozesse bei einer Beteiligung von vielen Anleger:innen verursachte bisher einen enormen Verwaltungsaufwand für Emittent:innen. Aus diesem Grund wurde bei Emissionen mit kleinem Volumen stets versucht eine entsprechend kleine Anzahl von Anleger:innen anzusprechen. Auf der anderen Seite gewinnen Unternehmen eine weitere Möglichkeit der bankenunabhängigen Finanzierung. Deshalb haben STOs das Potenzial den privaten Kapitalmarkt zu digitalisieren und so den Austausch zwischen Investor:innen, Emittent:innen und Intermediären nachhaltig zu fördern.

Über Jamal El Maalouki:

Jamal El Mallouki ist Gründer von portagon, einem Softwaredienstleister für digitale Finanzierungen. Mit der Lösung können Kund:innen einfach und verlässlich online Geld einwerben, vermitteln und Transaktionen sicher abwickeln. Neben LeihDeinerStadtGeld.de gründete er mit Johannes Laub auch LeihDeinerUmweltGeld.de, einen der ersten Anbieter für Schwarmfinanzierungen im Bereich der erneuerbaren Energien. Seit 2015 ist er Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Crowdfunding e.V.. Dort vertritt er die Interessen der Crowdfunding-Branche bundesweit und international.

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Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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