Bei einer außerordentlichen Hauptversammlung stimmten die Investoren am Montag über die Zukunft von Solaris ab – und entschieden sich gegen eine Abwicklung. Doch damit ist das Krisen-Fintech noch längst nicht gerettet.
Für Solaris stand an diesem Montag nichts weniger als die eigene Existenz auf dem Spiel. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung entschieden Investoren darüber, ob die Neobank abgewickelt wird oder eine weitere Chance bekommt. Das Fintech steckt in der tiefsten Krise seiner Geschichte, meldete für 2023 einen Verlust von fast 180 Millionen Euro nachdem wichtige Kunden wie Binance und Trade Republic die Bank verlassen hatten und die Bank das E-Geld-Geschäft in Höhe von 123 Millionen Euro abschreiben musste. Die Zahl der von Solaris verwalteten Konten sank von 7,5 auf fast zwei Millionen.
Um sich wieder nach oben zu kämpfen, übernahm die Bank Anfang des Jahres das Kreditkartengeschäft des ADAC von der Landesbank Berlin (LBB). Doch um den Befreiungsschlag finanziell abzusichern, mussten Investoren weitere 96 Millionen Euro an Geldern locker machen. Und das nachdem die Neobank seit 2017 zusammengerechnet schon über 500 Millionen Euro eingesammelt hatte. Als wäre das nicht schon genug, gab es dann noch Ärger mit der Bafin, die der Bank eine Strafe in Höhe von 6,5 Millionen aufdrückte und das Mandat des Sonderbeauftragten verlängerte.
Zahlungsvereinbarungen noch nicht unterschrieben
Vor einigen Wochen dann der erneute Hammer für die Investoren: Die Bank benötigt bis zu 150 Millionen Euro an Kapital, um sich über Wasser halten zu können. Falls keine erneute Kapitalspritze käme, drohe die Zahlungsunfähigkeit. Eine folgenschwere Entscheidung für die Investoren, die bei einer außerordentlichen Hauptversammlung für den 2. Dezember geklärt werden sollte.
Am späten Nachmittag kam die Entscheidung: Die Investoren sprechen sich gegen eine Abwicklung aus. Das Ende der Neobank ist damit vorerst abgewendet. „Wir haben heute einen wichtigen Schritt in Richtung einer langfristigen und nachhaltigen Finanzierungslösung für Solaris gemacht”, teilt ein Unternehmenssprecher mit. Und weiter: „Gemeinsam mit unseren Investoren werden wir die Vereinbarungen in den kommenden Tagen finalisieren.” Hierbei geht es konkret um Zahlungsvereinbarungen über die neue Finanzierung. Sind sie unterschrieben, ist Solaris fürs erste gerettet. Doch wie eine solche Vereinbarung aussieht, ist bisher unklar.
Solaris: Zukunft ungewiss
Fragt sich, wie nachhaltig sich die Rettung für Solaris herausstellen wird. Zwar konnte die Neobank zuletzt die Kosten senken, weil sie vor zwei Monaten rund ein Drittel ihrer Belegschaft entlassen hat. Damit könnte die Bank etwa 30 Millionen Euro sparen, heißt es vom Unternehmen. Lässt man die Verluste aus der Abschreibung des E-Geld Geschäfts außen vor, bleibt ein Minus von weiteren ungefähr 30 Millionen Euro übrig. Doch für einen Befreiungsschlag braucht es auch neue Kunden, neue Einnahmen und mehr Umsatz.
Das wissen sie auch bei Solaris und schreiben im Geschäftsbericht: „Für 2024 geht die Solaris SE von einem gegenüber 2023 deutlich gestiegenen Gesamtertrag, verbunden mit einer stabilen Entwicklung der Bruttomarge aus. Die Erwartung beruht im Wesentlichen auf der geplanten Übernahme des ADAC Portfolios und dem Ausbau bestehender Partnerschaften.“ Die Einnahmen aus dem Geschäft mit den ADAC-Kreditkarten werden sich erst 2025 voll auf das Ergebnis auswirken, könnten aber tatsächlich ein ordentliches Umsatzplus bedeuten. Sollte das Volumen ausreichend steigen, könnte das sinkende Einnahmen aus anderen Bereichen ausgleichen.
Doch reicht das? An einen Ausbau des Geschäfts ist bei Solaris derzeit noch nicht zu denken. Vielmehr ist man noch damit beschäftigt, die Bestandskunden der ADAC-Kreditkarten zu migrieren und setzt deshalb die Ausgabe neuer Kreditkarten bis zum nächsten Jahr aus. Das ist kein gutes Zeichen: Ob Solaris nach diesen Nachrichten neue Kunden überzeugen kann, bleibt offen.