Auch wenn wir immer den guten alten Wolfgang Ambros bemühen (“Skifoan is das leiwandste”), kennt es jeder: Man ist fertig um in den Lift zu steigen. Aber wo ist die Karte? Wer hat gerade Kohle? Die Kinder sind schon hibbelig und versuchen bereits, ohne Skipass in die Gondel einzusteigen (und dabei den kleinen Bruder mit dem Skistock zu malträtieren). Der Vati findet in der “zu kleinen Skijacke” mehrere alte Skipässe – Pfand und möglicherweise aufgeladenes Geld verfallen natürlich. Mutti meckert, warum man sich das nicht vorher überlegt hat. Denn nun heißt es: mit den klobigen und viel zu kleinen Skischuhen an der Schlange anstehen.
Und es geht noch weiter: „On the fly” wird herausgefunden, was, wie und wo nun in dem Skigebiet der beste Deal ist. Dann lässt man sich den 7-Tages-Pass aufschwätzen lassen. Am dritten Tag hat mindestens einer keine Lust mehr. Rückvergütung ist natürlich eher schwierig. Vergleichbar mit dem Pfandsystem in der Mongolei. Alles live “beobachtet” – beim letzten Skiurlaub in der Slowakei.
In der Hohen Tatra (nicht Tantra), im slowakischen Wintersportort Strbske Pleso. Übrigens sehr zu empfehlen. Ost-Charme und Ost-Preise, aber doch schon modern. Inklusive Skischanzen. Im Geiste fliegen Jens Weißflog und Matti Nykänen (RIP) über einen hinweg. Und Eddie the Eagle unter einem.
Nun meine Gedanken dazu, die in langen und windigen Sesselliftfahrten entstanden sind:
- Warum ist das Einsteigen in den Lift immer noch so “hakelig”? Drehkreuz, Skistecken verhakt, Handschuh verloren, dann mit den falschen Leuten im 6er-Sessellift. Wo bleibt hier die “Uber Experience”?
- Warum muss ich mir überhaupt noch einen Skipass kaufen? Ist die Infrastruktur nicht über das Smartphone abzuwickeln?
- Keiner dürfte Interesse an Kassenhäuschen und Schlangen haben? Keine wirkliche Wertschöpfung ? Klingt gut: Weniger an der Kasse stehen, mehr Skifahren und dann auch schneller auf die Hütte und konsumieren.
- Wenige Sportarten bieten so viel Möglichkeiten für “Content drumherum”: Wetter, Skigebiet, Equipment, Skikurs. Ein “Closed-/Open-Loop-Zahlungssystem” wäre ein perfekter Ankerpunkt. Bis hin zu Versicherungen: Kranken-, Haftpflicht-, Rechtsschutzversicherung.
- Die “kleine” Evolution von einem reinen “Skipass” zu einer “Closed-Loop-Prepaid”-Lösung, wie sie in manchen Gebieten schon möglich ist, ist ein erster Schritt. Aber ist da nicht sogar der Fußball schon weiter? Die Stadien gehen weg von den Closed-Loop-Systemen. Erste Beispiele in Rostock. Der Kunde will Offenheit? Knüpft nahtlos an unseren Fussballartikel an.
- War die letzte Innovation im Bereich “Skipass” das kontaktlose Zahlen am Eingangsdrehkreuz? Das erinnert mich an ein bekanntest Zitat aus der Bankenwelt: “Die letzte Innovation im Banking war der ATM.
„War die letzte Innovation das kontaktlos Zahlen am Drehkreuz?“
- Der nächste Peak: Es ist Mittag. Einkehren in der Hütte, alle auf einmal. Für den einen muss es ganz schnell gehen (er hat ja den teuren Skipass bezahlt und der muss ausgenutzt werden). Dem anderen reicht es schon wieder. Das Weißbier wartet. Dann alle gemeinsam Schlange stehen in der SB-Kantine. Skischuhgeklapper, Tablett, Schlange an der Kasse. Germknödel auf dem Boden. Das geht besser.
- Wo sind eigentlich die Kinder? Die waren mal wieder schneller. Geld haben sie natürlich keines dabei, aber die Smartphones. Aber: die nützen nur begrenzt. Und einen Treffpunkt an der Skihütten zu koordinieren, nur um 20 € zu übergeben, kostet wertvolle Skifahrzeit.
- Am nächsten Tag doch lieber mal Langlauf. Oder Schlittschuhlaufen. Nun alles wieder von vorn.
- Apres-Ski, derselbe Spaß: Keiner hat mehr Bargeld, aber aber die Runde “Flügerl” muss her. Der Mooserwirt dankt. Nur wer geht jetzt den Geldautomat suchen? Dann doch lieber heimlich unter der Bar einen Schluck aus dem mitgebrachten Flachmann – wenn der noch nicht leer ist.
- Internationalität: Rubel, Yuan, Britische Pfund, Norwegische Kronen. Das Geld der Exoten ist auch Geld. Allerdings sind Wechselstuben im Skigebiet schwer vorstellbar. Da bleibt Potenzial zahlungswilliger Kunden auf der Straße (bzw. Skipiste) liegen.
„Wechselstuben im Skigebiet sind schwer vorstellbar“
- After-Ski: Abreise
- Wo sind eigentlich die Skipässe mit 5 € Pfand? Auch egal, Abreisestress. Und wer weiß, vielleicht kommen wir ja in den nächsten paar Monaten noch mal her (ja sicher).
- War da nicht eigentlich noch Geld drauf?
- Und wer hat den Kratzer ins Auto gemacht mit seinen Skistecken?
- Zu Hause angekommen
- Wo fahren wir denn nächstes Jahr hin? Wie war das noch mal dieses Jahr?
Wie bei jedem Event: Am einfachsten verkauft man die Tickets fürs nächste Jahr, wenn man die Emotionswelle des aktuellen Events mitnimmt. Also, warum nicht schon die Skipässe (inkl. Hotel etc.) anbieten? Auf der Heimfahrt steht man eh im Stau im Tauerntunnel. Da hat man Zeit, zu buchen.
- Wo fahren wir denn nächstes Jahr hin? Wie war das noch mal dieses Jahr?
- Der nächste Winter
- Zu spät dran mit der Buchung. Alles viel zu teuer. Und nein, wir wollen nicht schon wieder in das gleiche Skigebiet, denn wir kennen es doch schon. Vor allem wissen wir, wo die Kasse ist.
- Eigentlich ein “El Dorado” für Kundenbindung- und Marketingexperten – wenn man die richtige Infrastruktur hat
- Skifahren bietet so viel. Allen voran positiv belegten emotionalen Content. Wenn man den Kontaktpunkt zum Kunden hat, ist der nächste Urlaub direkt gebucht.
Zugegebenermaßen alles eine Momentaufnahme (viele Gedanken, noch keine Lösung). Ich bin mir sicher, der ein oder andere “Player” hat solche Ideen schon im Hinterkopf. Skidata, wo bist du? Ich bin nur skeptisch, ob dies wirklich vom Kunden gedacht wird bzw. im Sinne eines Ökosystems ist.
Was wären Ansatzpunkte?
Der Dreh- und Angelpunkt sind das Smartphone und die Infrastruktur. Warum das nicht nutzen? Ist sowieso dabei und wird bei jeder Liftfahrt kontrolliert. Skigebiete der Welt vereinigt euch! Es ist euer Kunde. Nicht abgrenzen sondern gemeinsam binden. Viele Kunden kommen nicht direkt wieder, aber diesen Kunden nicht aufgeben sondern mit dem “Wettbewerb” teilen.
“Siegen” über die Customer Experience
Skifahrern (und alle anderen Wintersportler) werden dankbar sein, wenn die “Standard Experience” einfach und angenehmer wird. Also Dinge wie “in den Lift einsteigen“, „Weißbier kaufen” etc. Es musste ja kommen: Apple & Google, aber auch die Chinesen (“am schnellsten wachsende Gruppe von Skitouristen”), die können helfen. Die Reichweite ist da. Nicht blockieren, sondern kooperieren.
Und zum Abschluss eine “Lanze” für die Slowaken. Mit Go Pass gehen sie schon in die richtige Richtung. Ich bekomme z.B. täglich eine Auflistung meiner Liftfahrten und Skikilometer per eMail. Der erste Schritt in Richtung Kundenbindung. Doch da geht noch so viel mehr.
Wintersportler, eure Macht ist stärker als ihr denkt! Treibt den Markt. Denn: Ihr seid die Kunden, nicht das Produkt.