Am 12. November 1980 startete die Deutsche Bundespost in Bonn einen Bildschirmtext-Feldversuch. Das Angebot von “Online” Diensten war überschaubar. Neben Versandhäusern wie Otto, Quelle oder Neckermann war nur TUI und die Verbraucherbank (heute Norisbank) am Start. Letztere bot auf der BTX-Seite #300 insgesamt 200 Kunden aus der Testregion Neuss/Düsseldorf die Möglichkeit Überweisungen auszuführen. Damals waren Banken, insbesondere die Verbraucherbank, weit ihrer Zeit weit voraus.
Bereits 1976 erfand der technische Leiter der Verbraucherbank, Alfred Richter das PIN/TAN-Verfahren. Und nur ein Jahr später führte Richter das SB-Banking ein, in dem er einfach die Sachbearbeiter-Terminals nach Schalterschluss mit einem Hubwagen in die Vorräume rollen ließ. Auch einer der weltweit ersten Geldautomaten, bei dem alle Kunden mit Kundenkarte und PIN, Geld abheben konnten, kam von der Verbraucherbank. Ebenfalls im Jahr 1976.
1983, der offizielle Start des Online-Banking
1983 wurde BTX offiziell eingeführt und andere Banken boten die Möglichkeit des Online-Bankings über BTX. Das anfänglich starke Wachstum im Online-Banking über BTX führte zu einer Fehleinschätzung und prognostizierten Nutzerzahlen, die schlussendlich nicht erreicht wurden. Trotzdem war das Online-Banking über BTX so erfolgreich, dass erst 2005 die BTX Schnittstelle in Ruhestand geschickt wurde, 6 Jahre später nach dem offiziellen Ende von BTX. Online-Banking war die ganze Zeit die führende Anwendung im BTX.
Seit fast 40 Jahren gehört in Deutschland das Online-Banking zu den altagsrelevanten Anwendungen, denn mmerhin nutzen inzwischen über 38 Millionen Deutsche die Online-Banking Angebote der Banken. Trotz der Tatsache hat sich Online-Banking als Anwendung nur unwesentlich weiter entwickelt. Natürlich gibt es inzwischen von jeder Bank eine mobile App und mobile Webseite. Aber der Pionier bei den Banking-Apps war nicht etwa eine Bank, sondern mit Outbank kam 2009 die Lösung eines Drittanbieters in den Appstore.
Und während heute im responsive Webseiten zum Standard gehören gibt es seitens der Banken zwar inzwischen mobil optimierte Lösungen, aber noch lange nicht bei allen responsiv. Was den Funktionsumfang aber auch die Darstellung der Funktionen betrifft, scheint die Zeit still gestanden zu haben zwischen den Anfängen im BTX Banking und heute.
Online-Banking: Über 30 Jahre kaum Veränderung
Die Entwicklungen im Online-Banking der letzten 37 Jahre sind überschaubar und vor allem kamen die interessanten Entwicklungen nicht einmal von den Banken selbst.
Personal Finance Management (PFM): Die ersten Computerprogramme (aka Apps) kamen nicht von den Banken, sondern Produkte wie Microsoft Money, Quicken, Starfinanz oder WISO Mein Geld überschwemmten Ende der 90iger Jahre den Markt. Zwar gab es Kooperationen mit den oben genannten Anbietern, aber eigene Lösungen suchte man vergeblich. Bis die ersten Banken Funktionen, wie man sie von den Programmen her kannte, in das eigene Webbanking implementierte sollte mehr als ein Jahrzehnt vergehen. Erst im Jahr 2013 entdeckte die Comdirect das Thema für sich und führte PFM-Funktionen wie Auswertungen ein.
Autokategorisierung: Die Online-Banking Software WISO Mein Geld bot als erste Lösung in Deutschland die Möglichkeit eingehende Buchungen automatisch Kategorien zuzuordnen und das schon vor 10 Jahren. Nur wenige Kreditinstitute bieten heute eine vergleichbare Möglichkeit.
Mobile Banking Apps: Das Smartphone galt aus Sicht der Banken für lange sicht nur für eine Modeerscheinung und es dauerte Jahre bis die erste offizielle App einer Bank in den jeweiligen Appstores auftauchte. Lange nach dem der Banking-App Pinonier Outbank 2009 die gleichnamige App veröffentlichte. Heute bieten zwar alle Banken eine eigene Banking-App, aber auch hier zeigt sich die Trägheit der Banken was innovative Features wie Push oder Tanloses Online-Banking betrifft.
Push-Benachrichtungen bei Buchungen: Der Steganos Konto-Ticker war eines der ersten Tools, welche (am PC) automatisch über ein oder ausgehende Buchungen informierte – das war im Jahr 2012. Bei den Apps für das Smartphone kamen Push-Benachrichtungen etwas später – im Jahr 2013 brachte die Multibanking-App finanzblick dieses Feature bis dann andere Apps wie zB Kontoalarm ebenfalls diese Funktion boten. Es sollte noch bis zum Jahr 2014 dauern bis die Sparkasse eine ähnliche Funktion bot, allerdings nicht ohne Hürden für den Nutzer…
Tanloses Banking: Die TAN, 1976 bereits entwickelt, blieb bis in das Jahr 2016 mehr oder weniger unangetastet. Jede Transaktion musste von einem zweiten Gerät bestätigt werden. Device-Trennung nannte man das, was im Ergebnis mobiles Banking ad absurdum führte. Erst das FinTech N26 verzichtete gänzlich auf die TAN und führte stattdessen den persönlichen Überweisungscode ein ohne auf eine Zwei-Faktor-Authentifizierung zu verzichten.
Online-Kontoeröffnung: Eine Kontoeröffnung, die ohne Post-Ident auskam kam nicht etwa von einer der etablierten Banken, sondern das FinTech N26 boten zusammen mit IDNow als erste in Deutschland diese Möglichkeit der Konteneröffnung. Erst danach zogen die anderen Banken nach und noch immer ist es nicht bei allen Krediztionstituten möglich ein Konto ohne Filialbesuch oder Post-Ident zu eröffnen.
Finanzielle Gesundheit: Keine Bank liefert eine Antwort auf die wichtigste Frage: Wie steht es um die finanzielle Gesundheit des Kunden. Denn wenn man diese Antwort geben würde, könnte man weitergehende Produkte anbieten. Ist die finanzielle Lage schlecht, bietet man einen passenden Kredit an. Ist die finanzielle Lage gut, eine entsprechende Geldanlage. Die Daten die es dazu braucht um eine Aussage zu treffen wie gut es um die die finanzielle Gesundheit der Nutzer geht sind alle da. Bonify zeigt wie man die Umsätze analysiert um einen Finanzscore zu errechnen und auch Check24 möchte Zugriff auf die Umsätze – um intelligent Finanzprodukte anbieten zu können.
Diese Liste lässt sich vermutlich noch erweitern, aber die Aussage bleibt die Gleiche. Der Innovationstreiber von einst ist heute der Getriebene.
Fazit:
Das Online-Banking der Banken ist der Kundenkanal schlechthin. Kein Kanal wird von den Nutzern so oft frequentiert wie das Online-Banking. Die Nutzung in Deutschland liegt sogar über dem EU-Durchschnitt: Jeder zweite Bankkunde (53 Prozent) hierzulande erledigte 2016 seine Geldgeschäfte online. Deshalb ist diese Schnittstelle zum Kunden so essentiell und Banken täten sich gut daran den alten Pioniergeist für sich wieder zu entdecken.
Durch die Entwicklungen auf europäischer Ebene wie z.B. die PSD2 ist diese Kundenschnittstelle massiv in Gefahr. Künftig wird es ein einfaches sein für jeden Drittanbieter auf die Konten von Banken zuzugreifen um den Konsumenten eine bessere Kundenschnittstelle zu bieten. Wenn Banken in Zukunft diesen Kundenkanal vernünftig bedienen wollen, braucht es Lösungen die technologisch State of the art sind und die beste Kundenerfahrung bieten. Der Kampf um das Banking der Zukunft wird an der Kundenschnittstelle entschieden. Und die Kundenschnittstelle ist nicht alleine eine App.
Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io [mehr]