„Nur wer versteht, wie das System funktioniert, kann es auch für sich nutzen.” 

Porträt von Marvin Vortkamp, Ex-Banker, Berater und Gründer in spe

Zwischen Sparkassenschalter und Kilimanjaro-Gipfel liegen Welten – Marvin Vortkamp hat beide erlebt. Heute ist er Berater, Podcast-Host, Yogalehrer – und will nun sein eigenes Start-up gründen, wie er im Interview erzählt. Auf der Banking Exchange 2025 am 16. September moderiert er außerdem ein Panel zu Open Finance.

Wer bist Du und was machst Du?

Moin, ich bin Marvin Vortkamp – Berater, Podcast-Host, Yogalehrer und aktuell mitten im Abenteuer „eigene Gründung“. Über zwölf Jahre habe ich in der Finanz-und Sparkassenwelt verbracht, bevor ich entschieden habe, dass ich noch mehr bewegen will. Mein Motto: Innovation klappt nur, wenn wir zusammenarbeiten – egal ob im Job oder privat. Ich bin jemand, der gern Brücken baut und mit Empathie arbeitet. Neben der Arbeit liebe ich es, mich selbst herauszufordern: Vergangenes Jahr stand ich auf dem Gipfel des Kilimanjaro, dieses Jahr habe ich in Indien meine Yogalehrer-Ausbildung gemacht. Beides hat mich gelehrt, wie wertvoll Ausdauer, Neugier und Offenheit sind – und genau das bringe ich auch in meine Projekte mit.

Wie viel Kohle hast Du gerade im Portemonnaie?

118,40 Euro

Wie bist Du im Payment- und Banking-Sektor gelandet?

Eigentlich eine ziemlich lustige Geschichte: Meine Karriere bei der Sparkasse war schon in der 9. Klasse vorgezeichnet – ohne dass ich es wusste. Damals habe ich mich gleichzeitig für ein Schülerpraktikum bei der Polizei und bei der Sparkasse beworben. Die Polizei sagte zuerst zu, also habe ich der Sparkasse abgesagt. Zwei Wochen später kam dann aber von der Polizei die Absage – Altersgrenze verfehlt. Also bin ich zurück zur Sparkasse und habe beim Geschäftsstellenleiter nachgefragt, der zufällig auch mein Fußballtrainer war (kleine-Dorf-Logik: der Ausbildungsleiter war zufällig auch mein Schwimmlehrer). Am Ende hat’s geklappt und ich habe dort mein Praktikum gemacht – inklusive schneller Kontakte, erster Einblicke ins Banking und, wie ich zugeben muss, wohl als einziger Minderjähriger mit einem 100-Euro-Dispo. Während des Praktikums erzählten sie mir vom dualen Studium. Ich habe mich beworben – und so begann meine Laufbahn im Payment- und Banking-Sektor.

Wie möchtest Du den Payment- und Banking-Bereich verändern?

Ich möchte, dass der Payment- und Banking-Bereich sozialer, inklusiver, diverser, innovativer – und vor allem gerechter wird. Geld und Besitz sind aktuell viel zu ungleich verteilt, und die Finanzwirtschaft trägt ihren Teil dazu bei. Als ich damals bei der Sparkasse angefangen habe, war ich überzeugt, dass die öffentlich-rechtliche Struktur für soziale Verantwortung und linksliberale Werte steht – und das tut sie auch. Trotzdem glaube ich, dass im gesamten Sektor noch viel mehr möglich ist, wenn es darum geht, Ressourcen zu teilen und Menschen mitzunehmen.

Mir geht es nicht nur um Innovation, sondern auch um Ehrlichkeit. Leider erlebe ich in der Politik – und zum Teil auch in der Wirtschaft – eine gewisse Abkehr von Offenheit und Vertrauen. Das färbt auch auf den Finanzsektor ab. Wenn wir es schaffen, wieder mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit zu leben, können wir die Branche so gestalten, dass sie allen dient – nicht nur wenigen.

Sind Fintechs die große Revolution – oder doch eher nur eine kleine Revolte?

Schwierige Frage: Wie lange dauert eine Revolution, und ab wann ist es nur noch eine Revolte? Fintechs haben auf jeden Fall etwas Revolutionäres – allein schon, weil sie frische Ideen, neue Technologien und eine ganz andere Kundenzentrierung in den Markt gebracht haben. Sie haben Maßstäbe in UI, UX und Customer Centricity gesetzt und sind heute nicht mehr nur Konkurrenten, sondern auch wichtige Kooperationspartner für Banken.

Trotzdem verschwinden manche Fintechs irgendwann im bestehenden System – und das ist kein Vorwurf. Wenn das System selbst nicht optimal funktioniert, ist es schwer, sich komplett davon zu lösen. Genau hier liegt für mich der Punkt: Die Revolution liegt nicht nur in Technologie oder Geschäftsmodellen, sondern auch in einer kulturellen Veränderung – in Kooperation, Offenheit und einer Abkehr von reinen Machtstrukturen und kurzfristiger Gewinnmaximierung. Fintechs können diese Rolle weiterhin revolutionär ausfüllen. Aber pauschal allen Fintechs dieses Etikett zu geben, wäre zu einfach – dafür sind sie zu unterschiedlich.

Wenn Du Finanzminister wärst, was würdest Du sofort ändern?

Boah, schwierige Frage – die Aufgaben eines Finanzministers sind ja extrem vielfältig. Grundsätzlich geht es um staatliche Finanz- und Haushaltspolitik, und da würde ich direkt mit einer großen Steuerreform starten. Konkret: eine Erbschaftsteuer und in Teilen auch eine Vermögenssteuer, die gezielt exorbitanten Reichtum besteuern. Mir geht es nicht darum, mittlere Einkommen zu belasten – es geht um die Spitzen. Mit einer solchen Steuerpolitik ließen sich zusätzliche Einnahmen generieren, die wir dringend brauchen, um Versorgungslücken im Renten- und Gesundheitssystem zu schließen und die Staatsfinanzen langfristig zu stabilisieren.

Im Bereich Finanzmärkte und Bankenaufsicht würde ich Deutschland progressiv als Vorreiter im Bereich Open Finance – und perspektivisch auch Open Data – positionieren. Dabei könnten wir uns an Ländern wie Großbritannien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Brasilien orientieren, die mit ihrer Regulierung deutlich weiter sind als die EU.

Und schließlich wäre für mich finanzielle Inklusion und Bildung ein zentraler Punkt: Zugang zu fairen Finanzprodukten für alle und verbindliche Finanzbildung schon in der Schule. Denn nur wer versteht, wie das System funktioniert, kann es auch für sich nutzen.

Werden wir persönlich: Was machst Du in Deiner Freizeit – und sag´ jetzt nicht „Lesen und Freunde treffen”.

In meiner Freizeit bin ich am liebsten in Bewegung – körperlich und geografisch. Drei- bis fünfmal die Woche praktiziere ich Yoga, das ist mein fester Anker im Alltag. Wenn ich richtig Zeit habe, gehe ich am liebsten auf Reisen, und zwar an Orte, an denen ich Hobbys ausleben kann, die hier in Hamburg nicht so einfach möglich sind – wie Surfen oder Tauchen.

Ansonsten liebe ich den Sommer in Hamburg: durch die Schanze schlendern, samstags, mittags irgendwo Cornern und den Tag treiben lassen. Ich bin gerne mit Freunden unterwegs, organisiere auch mal WG-Partys auf meinem Balkon, und ja – ich bin auch ein Serien-Junkie. Meine Freizeit teilt sich also auf: Wenn’s nur ein paar Stunden sind, gibt’s Yoga, Freunde und Hamburg. Wenn’s länger ist, heißt es: ab in die Ferne und Neues entdecken.

Wie bezahlst Du an der Supermarktkasse?

Apple Pay

Welche Finanz-Apps sind Deine drei beliebtesten? 

  • Traderepublic
  • Paypal
  • Sparkasse

Live auf der Bühne: Marvin im Open-Finance-Panel

Und wer Marvin live erleben will, sollte sich dieses Panel nicht entgehen lassen:

🕓 17:00 Uhr auf der Banking Exchange
🔓 Open Finance: Spiel mit offenen Karten – aber wer legt sie zuerst auf den Tisch?
Marvin moderiert eine spannende Diskussion über die Zukunft offener Finanzsysteme. PSD2 feiert Geburtstag, FIDA steht in den Startlöchern – doch was bedeutet das konkret für Banken, Fintechs und BigTechs? Es geht um Transparenz, echte Mehrwerte und die Frage, wer am Ende wirklich von Open Finance profitiert. Mit dabei: Dominik Schütz und Matthias Lais.

Ein Panel, das nicht nur technische Schnittstellen, sondern auch Machtverhältnisse offenlegt – ganz im Sinne von Marvins Haltung: Nur wer versteht, wie das System funktioniert, kann es auch gestalten.

Autor

  • Bei Payment & Banking navigieren wir Dich durch die dynamische Landschaft der Finanz- & Fintech-Branche. Wir sind ein vielseitiges und diverses Team aus Gründer:innen, Investor:innen, Berater:innen und Redakteur:innen mit der Mission, tiefere Einsichten zu liefern und die Branche aktiv zu formen. Als unabhängiger Wirtschafts-Hub berichten, recherchieren und analysieren wir die wichtigsten Themen rund um die Themen Payment, Banking, FinTech und mittlerweile auch Krypto und digitale Assets.

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