Vor wenigen Monaten musste der Tech-Riese die NFC-Schnittstelle für Dritte öffnen. Zwar wollen Banken das nutzen – eine brauchbare Lösung kommt bisher aber nur aus Norwegen und auch die hat ihre Schwächen.
Der Jubel war groß, als Apple im Juni vergangenen Jahres ankündigte, die kontaktlose Zahlung mit Near Field Configuration (NFC) auch über die Apps von Drittanbietern in der EU zu ermöglichen. Zuvor war kontaktloses Bezahlen auf Apple-Geräten nur über ApplePay möglich. Die EU-Kommission hat also getan, was sie konnte. Nur viel passiert ist im Anschluss nicht.
Dabei agierte die EU-Kommission auf Druck der Finanzlobby. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken (BVR) hatte sich zum Beispiel besonders für eine Öffnung der Apple-Schnittstelle eingesetzt. Immerhin: Nach Apples Ankündigung, die Schnittstelle im Herbst zu öffnen, verkündete der BVR, dass NFC-Zahlungen per Girocard ab Mitte 2025 möglich sein sollen. Gerade schraubt der BVR noch an einer Lösung herum und will sich so gar nicht in die Karten schauen lassen. Auf Anfrage bekräftigt man zwar nochmal, dass die NFC-Zahlung per Girokarte in die Banking-App integriert werden soll – mehr möchte man noch nicht preisgeben.
In Norwegen geht alles schneller. Seit Dezember 2024 bietet Vipps als erster europäischer Zahlungsdienstleister eine Zahlung per NFC-Schnittstelle über die eigene App an. Außerdem können Kund:innen mit Vipps Spenden tätigen und Rechnungen über die App begleichen. Vipps soll es bald auch in Dänemark, Schweden und Finnland geben. CEO Rune Garborg kündigte an, dass mit dem Start „ein spannender Kampf zwischen der größten Marke der Welt und Vipps” beginne.
Millionen von Kunden betroffen
Das Beispiel des norwegischen Zahlungsdienstes macht ein wenig Hoffnung, dass dies gut gelingen kann – jedoch nur mit vereinten Kräften. Vipps ist als Zusammenschluss von norwegischen Banken mit dem Girosystem vergleichbar, steht aber auf einer zentralen App, mit der sich auch Peer-to-Peer-Zahlungen tätigen lassen. Die Chancen stehen besser als in Deutschland, wo eine zentrale App nie aufgebaut wurde und Banken zunehmend Kleinstaaterei betreiben.
„Wir haben noch zu viele Insellösungen, um schlagkräftig zu sein“, kritisiert Thomas Walkner vom Beratungsunternehmen Capco. Dass nur wenige Banken dem Beispiel der VR-Banken gefolgt sind, sieht er der Schwäche der Girokarte geschuldet. „Wenn die klar gesetzt wäre, dann würde dem nicht viel im Weg stehen, damit andere nachziehen.” Weil aber gerade vermehrt Privatbanken wie die Deutsche Kreditbank (DKB) Gebühren von Kund:innen für die Girokarte verlangen und die Auslandszahlungen durch die Einstellung von Maestro von der Girokarte eingeschränkt sind, bestehe daher kein wirklicher Nutzen. Von den vielen kleinen Insellösungen der deutschen Banken könnten internationale Zahlungsnetzwerke wie Mastercard und Visa profitieren, da sie für international agierende Banken alternativlos bleiben. „Einen deutschen Alleingang macht gerade das schwierig.”
Laut Postbank-Studie 2024 zahlen zwei Drittel der Deutschen mit Karte oder mobil. Bei mobilen Zahlungen führt ApplePay mit 28 Prozent vor GooglePay (25 Prozent) und Hausbank-Apps (16 Prozent). Unter den Kleinstaaten sind die VR-Banken einer der größten. Die 30 Millionen VR-Kund:innen können so über ApplePay seit Jahren nur mit Kredit oder Debitkarten bezahlen. „Der Markt ist eigentlich verteilt,“ sagt Thomas Walkner. „Und egal, ob jetzt ApplePay oder die anderen Anbieter – man braucht sie.“
Millionen Gebühren an Apple
Und auch die Institute: Die Zahlung über ApplePay kostet Banken Gebühren. Schätzungen zufolge liegt die Gebühr bei 0,05 Prozent pro Zahlung plus einer Pauschale für Debitkarten – etwa ein Viertel der maximalen Interbankenentgelte in der EU. Die VR-Banken hätten also Millionen an Einnahmen aus der Zahlung mit der Girokarte an Apple abtreten müssen und das neben den hohen Systemgebühren, die Visa und Mastercard bei anderen Karten verlangen.
Ob sich die Entwicklung und die jahrelange Hartnäckigkeit für die VR-Banken lohnt, ist noch unklar. Einsparungen stehen den Entwicklungskosten gegenüber, zudem müssen Banken als Drittnutzer weiterhin Apple-Gebühren zahlen – laut Apple für Wartung und Sicherheit. „Ich würde schon stark bezweifeln, dass es sich für Institute lohnt, die nicht die Masse haben,“ sagt Walkner. Entscheidend wird sein, wie gut die eigene NFC-Zahlung von Kund:innen angenommen wird.
Das könnte schwierig werden, denn ApplePay ist durch den Doppelklick auf die Seitentaste schnell verfügbar – besonders in Stresssituationen an der Kasse. Zudem bündelt die Wallet Karten und Ausweise an einem Ort – ein klarer systemischer Vorteil. Da ApplePay für Kund:innen zudem keine Mehrkosten hat, könnten viele dabei bleiben und weiter mit ihrer Kreditkarte oder der Debitkarte einer anderen Bank zahlen.
Die bequemste Lösung gewinnt
Bis zum Sommer müssen die VR-Banken große Herausforderungen meistern: Sie brauchen eine benutzerfreundliche Lösung für NFC-Zahlungen – sei es in der bestehenden Banking-App oder einer neuen Anwendung. Zudem müssen sie Kund:innen überzeugen, die gewohnte Apple-Pay-Nutzung aufzugeben. „Dass man die Leute dazu bringt, von jahrelang eingeübten Verhaltensmustern abzuweichen, noch dazu, wenn es auch nur ein bisschen unkomfortabler ist, halte ich für sehr schwierig“, sagt Walkner. Die VR-Banken müssen hier also mindestens gleichziehen und vielleicht mit einem Anreiz wie einem Payback-System arbeiten.
„Auch Vipps muss zeigen, dass es langfristig ApplePay-Nutzer:innen überzeugen kann“, sagt Walkner. Nun fehlt ein klares Problem, das Banken mit einer eigenen App lösen könnten – während Apples systemischer Vorteil über Jahre gewachsen ist und Alternativen verdrängt hat, und das bevor die EU-Kommission einschritt.
Nur eine Bündelung der Kräfte könnte Apple ernsthaft Konkurrenz machen. Die größte Chance dafür liegt wohl bei Wero, einer zentralen Plattform mit Wallet-Funktion. Aktuell ermöglicht Wero Echtzeit-Peer-to-Peer-Zahlungen, doch es sollen Zahlungen im stationären Handel und E-Commerce folgen. NFC-Zahlungen an Kassenterminals sind ab 2026 geplant – doch bis dahin könnte Apples Vorsprung uneinholbar sein.
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